# taz.de -- Abtreibungsgegner_innen vor Kliniken: Gehsteigbelästiger auf Absta… | |
> Radikale Abtreibungsgegner_innen verhindern überall in Deutschland den | |
> reibungslosen Ablauf von Abbrüchen. Das will die Bundesregierung künftig | |
> ahnden. | |
Bild: Nur noch mit Abstand möglich: Abtreibungsgegner:innen vor der Beratungst… | |
BERLIN taz | Das Bundeskabinett hat Mittwochmittag einen | |
[1][Gesetzesentwurf beschlossen], der die sogenannte Gehsteigbelästigung | |
als Ordnungswidrigkeit ahndet. Bei der Gehsteigbelästigung werden vor | |
Arztpraxen, Krankenhäusern und Beratungsstellen Schwangere und | |
Mitarbeiter_innen belagert. Die Koalition will dieses Verhalten nun mit bis | |
zu 5.000 Euro ahnden. | |
Dazu gehört, dass Schwangere nicht vom Eintritt einer Einrichtung und | |
Mitarbeiter_innen nicht von ihrer Arbeit abgehalten werden dürfen. Zudem | |
dürfen Schwangeren keine Falschinformationen vermittelt werden und sie mit | |
Inhalten konfrontiert werden, die auf emotionale Reaktionen wie Furcht, | |
Ekel, Scham oder Schuld abzielen. | |
„Wir stärken die Rechte von Schwangeren und gehen einen wichtigen Schritt | |
für die Selbstbestimmung der Frau“, sagte dazu [2][Familienministerin Lisa | |
Paus (Grüne)] am Mittwochmittag. „Hier hat Meinungsfreiheit ihre Grenzen – | |
auch im Sinne des Schutzes des werdenden Lebens, der durch die | |
ergebnisoffene Schwangerschaftskonfliktberatung gewährleistet wird.“ | |
Dazu dürfen sich Abtreibungsgegner_innen diesen Einrichtungen nur noch bis | |
zu 100 Meter um den Eingangsbereich nähern. Paus betonte am Mittwochmittag, | |
dass dadurch das prinzipielle Recht von Abtreibungsgegner_innen, ihre | |
Meinung kundzutun, nicht beschnitten werde: „Wir mussten das | |
Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechten ratsuchender Frauen | |
einerseits und das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Dritter | |
genau gegeneinander abwägen“, so Paus. „Ich bin überzeugt, diese Abwägung | |
ist uns mit dem heute verabschiedeten Entwurf gelungen.“ | |
## Die Versammlungsfreiheit bleibt bestehen | |
Im Gesetz selbst ist auch festgelegt, dass die Schwangere nicht dazu | |
aufgefordert werden darf, zu einem anderen Zeitpunkt oder bei einer anderen | |
Beratungsstelle einen Termin zu vereinbaren. Schwangerschaftsabbrüche sind | |
in Deutschland immer noch illegal und gelten nur unter bestimmten | |
Bedingungen als straffrei. Dazu gehört eine Pflichtberatung der schwangeren | |
Person und die Frist, die Abbrüche nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche | |
erlaubt, sowie ein Abstand von Beratung und Abbruch von drei Tagen. Über | |
die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen berät bis April eine | |
[3][Expert_innen-Kommission]. | |
Bislang hat nur [4][Bremen ein Gesetz beschlossen], das die Belästigung von | |
Schwangeren und Mitarbeitenden von Arztpraxen, Krankenhäusern und | |
Beratungsstellen ahndet. Mit dem aktuellen Gesetz will die Ampelkoalition | |
für eine bundeseinheitliche Regelung sorgen. | |
[5][Céline Feldmann], Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe | |
Schwangerschaftsabbruch des Deutschen Juristinnenbundes (djb) begrüßte das | |
Gesetz gegenüber der taz: „Der Referentenentwurf ist längst hinfällig. Denn | |
Gehsteigbelästigungen sind keine Bagatelle, sondern verletzen die Rechte | |
schwangerer Personen erheblich“, so Feldmann. „Der Referentenentwurf ist | |
zwar begrüßenswert, allerdings nur ein erster Schritt. Denn erst wenn | |
Beratungen freiwillig und Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert sind, | |
finden die Rechte schwangerer Personen, insbesondere Frauen, hinreichend | |
Berücksichtigung.“ | |
Heidi Reichinnek, Bundestagsabgeordnete für die Gruppe der Linken, sagte | |
der taz: „Es wird ja wirklich langsam Zeit, dass die Bundesregierung den | |
Gesetzentwurf zur Gehsteigbelästigung beschließt. Dass diese relativ simple | |
Gesetzänderung so unfassbar lange gedauert hat, zeigt sehr gut, dass | |
Frauenpolitik und vor allem sexuelle Selbstbestimmung in der Regierung | |
keine Priorität haben.“ | |
Die Ahndung der Gehsteigbelästigung soll mit einer Änderung des | |
Schwangerschaftskonfliktgesetzes in Kraft treten, das auch eine | |
Verbesserung der Bundesstatistik von Schwangerschaftsabbrüchen vorsieht | |
sowie einen Überblick über die regionale Versorgungslage. Im Sommer soll | |
der Bundestag das Gesetz verabschieden. | |
24 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/232932/a9b69d0bc89c27f3c6225be55b64838f… | |
[2] /Reproduktive-Rechte-in-Deutschland/!5930994 | |
[3] /Diskussion-um-Schwangerschaftsabbrueche/!5925179 | |
[4] /Versorgung-fuer-Schwangerschaftsabbrueche/!5934383 | |
[5] /Juristinnen-ueber-Abtreibungs-Regelung/!5896906 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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