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# taz.de -- Abstimmung zu EU-Vorsitz: Ungarn? Ungern!
> In einer rechtlich nicht bindenden Erklärung hat das Europaparlament die
> Eignung Ungarns für den EU-Vorsitz ab Juli 2024 infrage gestellt.
Bild: Ungarns Präsident Viktor Orbán
Brüssel taz | In der EU übernimmt alle sechs Monate ein anderes Land den
Vorsitz im Ministerrat. Es sei zweifelhaft, ob die Regierung von Viktor
Orbán diese wichtige Aufgabe im zweiten Halbjahr 2024 übernehmen könne,
meinen 442 Parlamentarier. 144 stimmten am Donnerstag im Europaparlament
dagegen.
Die Ratspräsidentschaft plant die EU-Agenda und bereitet wichtige
Beschlüsse vor. Dabei ist Verhandlungsgeschick, aber auch Unparteilichkeit
gefragt. Bisher ist noch nie eine Regierung übergangen worden. Mit Ungarn
kommt nun aber ein Land an die Reihe, das nach Ansicht vieler Abgeordneter
gegen Grundwerte verstößt und die Arbeit blockiert. Angesichts der
eingefrorenen EU-Gelder und der zunehmenden Rechtsverstöße stelle sich die
Frage, ob Budapest glaubwürdig den Vorsitz übernehmen könne.
In der Resolution des Europaparlaments werden die EU-Staaten aufgefordert,
„so rasch wie möglich eine angemessene Lösung“ zu finden. Andernfalls wer…
das „Parlament geeignete Maßnahmen ergreifen“. Die Abgeordneten mischen
sich damit in die Angelegenheiten des Rates ein – ein bisher einmaliger
Vorgang.
Vor der Abstimmung am Donnerstag waren vor allem deutsche Abgeordnete auf
Konfrontationskurs gegen Orbán gegangen. Noch vor wenigen Jahren haben
eigentlich [1][CDU/CSU einträchtig mit der ungarischen Fidesz-Partei
zusammengearbeitet]. Nun wollen Christdemokraten, Sozialdemokraten,
Liberale und Grüne verhindern, dass Orbán die EU-Geschicke lenkt.
## „Putins bester Freund“ würde den EU-Vorsitz übernehmen
Besonders unnachgiebig zeigt sich Daniel Freund von den Grünen. Orbán
verdiene „diese Bühne“ nicht, sagte er. Dabei gehe es nicht nur um
Rechtsstaat und Korruption, sondern auch um die Außenpolitik. Wenn man
[2][„im Grunde Putins bestem Freund“] die Ratspräsidentschaft überlasse,
dann bestehe „ein Sicherheitsrisiko“ für Europa.
Tatsächlich hat Ungarn immer wieder EU-Beschlüsse zu Russland oder zur
Ukraine blockiert. Allerdings ist es Orbán noch nie gelungen,
[3][Sanktionen zu verhindern oder Waffenlieferungen zu stoppen]. Für die
ungarische Justizministerin Judit Varga sind die Bedenken politisch
motiviert und „Blödsinn“.
Nicht nur die EU-Abgeordneten, sondern auch einige Europaminister stellen
den ungarischen EU-Vorsitz infrage. Die deutsche Staatsministerin Anna
Lührmann (Grüne) hat „Zweifel daran“, der niederländische Außenminister
Wopke Hoekstra sprach von einem „Unbehagen“ über die Rolle Ungarns in der
EU – jedoch stellt er nicht die ungarische Ratspräsidentschaft infrage.
Das letzte Wort haben nun die Staats- und Regierungschefs, die bisher
versucht haben, Probleme beim EU-Vorsitz einvernehmlich zu regeln. So hat
schon einmal ein Land freiwillig ausgesetzt – etwa bei kurzfristig
angesetzten Wahlen. Zwangsweise suspendiert wurde jedoch noch kein einziges
EU-Mitglied. In der konsensorientierten Union wäre das ein Tabubruch.
1 Jun 2023
## LINKS
[1] /Ungarns-Fidesz-Partei-und-CDU/CSU/!5733879
[2] /Viktor-Orbans-Russlandpolitik/!5871625
[3] /Historiker-ueber-Orbans-Verhaeltnis-zu-Russland/!5846333
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Ungarn
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