# taz.de -- Abfall in Deutschland: Pandemie macht Müll | |
> Schon vor Corona stieg der Müllverbrauch in Deutschland an. Vor allem | |
> Verpackungen sind ein Problem. Das könnte sich nun noch verschlimmern. | |
Bild: Ein übervolle Altpapiertonne in Berlin: Seit Corona stieg der Müllverbr… | |
Pandemiezeiten bringen nicht nur jede Menge emotionalen Müll zum Vorschein. | |
Sondern auch ganz echten. Haben letztes Jahr die Supermärkte heldenhaft die | |
[1][“Hemdchenbeutel“] verschwinden lassen, sind die kleinen Plastiktüten | |
fürs Obst nun klammheimlich zurück. Anfassen mit der blanken Hand in | |
Coronaland? Nein danke. | |
Zudem wird bestellt und getakeoutet, weil die eigenen Ressourcen in der | |
Krise zu knapp bemessen sind, um ständig selber zu kochen. Und weil | |
[2][Amazon] den Gang zum potenziell infektiösen Geschäft ersetzt. | |
Das ist alles verständlich, deswegen aber nicht gut. Denn schon vor der | |
Krise war unsere Müllverbrauchstendenz steigend. Zahlen hat das | |
Umweltbundesamt am Dienstag für das Jahr 2018 veröffentlicht. 18,9 | |
Millionen Tonnen Müll sind da in Deutschland angefallen, also im Schnitt | |
227,5 Kilo pro Kopf. Laut den Angaben der Behörde ein Kilo mehr als im | |
Vorjahr, also etwa 10 Pizzakartons obendrauf. Knapp die Hälfte dieser | |
Müllproduktion ist den Privathaushalten zuzuschreiben. | |
Ob der Müllverbrauch mit Corona noch stärker steigt, dazu wird es wohl | |
vorläufig keine Zahlen geben. Das Umweltbundesamt vermutet aber nichts | |
Gutes: Aufgrund der geschlossenen Geschäfte und Restaurants sei „abzusehen, | |
dass vor allem mehr Serviceverpackungen für Essen und Getränke verbraucht | |
worden sind“. | |
Ein Jahr lang Plastik und Heizpilze? Was soll's | |
Nicht an allem ist die Bestellgesellschaft schuld. Zum Teil seien auch die | |
Verpackungsdesigns komplizierter geworden. Aber klar ist: Wo Flexibilität | |
trendet und immer weniger Zeit für reproduktive Tätigkeiten wie kochen und | |
einkaufen eingeplant wird, fällt Müll an. Diese Trends verstärken sich | |
durch die Pandemie. Bei vielen ist die Belastung im Erwerbs- und im | |
Privatbereich gestiegen. | |
Zudem erzeugt die Krise ein Schulterzucken: „Ach komm, ein Jahr lang | |
Plastik und Heizpilze, ist doch okay, immerhin geht es uns gerade mies.“ | |
Das wäre als Haltung akzeptabel, wenn wir einander versprächen, nach Corona | |
in Sachen Müllverbrauch mindestens zehn Jahre zurückzudrehen. | |
Ideen dafür gibt es: [3][Mehrwegverpackungen etwa oder Pfandsysteme]. Das | |
müsste zwar mit Hygieneregeln vereinbar sein, die sich gerade eher | |
unverhandelbar anfühlen. Bloß: Wenn das Thema wegen Corona von der Agenda | |
verschwindet, dann wird die Pandemie dem ohnehin kritischen Mülltrend einen | |
ordentlichen Schub geben. | |
27 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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