# taz.de -- Umweltsenatorin über Müll: „Plastikvermeidung ist wichtig“ | |
> Bremens grüne Umweltsenatorin Maike Schäfer ist mit dem | |
> Plastikmüllexport, der auch über den Hafen von Bremerhaven läuft, nicht | |
> glücklich. | |
Bild: Hier verbrennen oder exportieren? Plastikmüll | |
taz: Frau Schaefer, Sie haben den [1][Umschlag von Atommüll] an Bremer | |
Häfen verboten. Warum nicht auch den Export von Plastikmüll? | |
Maike Schaefer: Das lässt sich rechtlich als Bundesland nicht verbieten. | |
Bei dem Versuch eines Verbotes von Atomtransporten haben wir festgestellt, | |
dass das nicht so einfach ist. Den Export von Plastikmüll kann man als | |
Bundesland auch nicht einfach verbieten. Man kann es politisch verurteilen, | |
dass Plastikmüll über die Weltmeere in Schwellen- und Entwicklungsländer | |
exportiert wird, aber ein Exportverbot müsste auf bundesdeutscher oder | |
europäischer Ebene geregelt werden. | |
Warum ist das Verbot nicht durchsetzbar? | |
Weil es gegen Bundes- oder europäisches Recht verstoßen würde. Aber wir | |
haben uns einer Bundesratsinitiative Niedersachsens angeschlossen, womit | |
die Bundesregierung aufgefordert wurde, mögliche weitere Exportverbote für | |
gesundheits- oder umweltschädliche Kunststoffabfälle in Länder außerhalb | |
der Europäischen Union zu prüfen. Das Problem beim Verpackungsmüll ist | |
nämlich, dass viel über das Duale System Deutschland läuft. Das ist aber | |
ein bundesweites System. Wir fordern zusätzlich, dass bei der Mülltrennung | |
eine höhere Recyclingquote umgesetzt wird. Die Bremer*innen sind gute | |
Mülltrenner, aber dann ist die Frage, was passiert mit dem Müll. Da ist | |
Deutschland nicht besonders gut, wenn es um die Recyclingquoten geht. Die | |
muss man deutlich erhöhen. | |
Wie kann man die Recyclingquote erhöhen? | |
Bei der Herstellung des Plastiks ist die Sortenreinheit entscheidend. | |
Mehrkomponentenstoffe zum Beispiel bestehen aus mehreren Folien, die kann | |
man gar nicht sauber voneinander trennen. Das bekommt man nicht sortenrein | |
aufgedröselt, um es weiter zu verwenden. Eine bessere Sortenreinheit führt | |
dazu, dass man mehr recyceln kann. Man muss da auch an die | |
Verpackungsverordnung gehen. Die einzige Möglichkeit für Bundesländer ist | |
es, über den Bundesrat zu gehen. | |
Wie ist der derzeitige Stand der Bundesratsinitiative? | |
Niedersachsen hat eine entsprechende Vorlage in den Bundesrat eingebracht, | |
der wir uns angeschlossen haben. Jetzt muss die Bundesregierung prüfen. | |
Was ist das Ziel einer bundesweiten Initiative? | |
Das Ziel sind Exportverbote für umweltschädliche Kunststoffabfälle für | |
Länder außerhalb der Europäischen Union. | |
Der Export in Drittländer soll verboten werden... | |
Ja genau. | |
Bremen exportiert nicht nur Müll, es importiert ihn auch, um ihn zu | |
verbrennen. Warum macht Bremen das? | |
Wir haben ein Mittelkalorikkraftwerk. Am Ende wird Plastikmüll, der nicht | |
recycelt werden kann, thermisch verwertet... | |
... also verbrannt. | |
Ja. Man deponiert solche Abfälle nicht mehr, sondern die Abfälle werden | |
thermisch verwertet. Damit kann Strom produziert werden. Das | |
Mittelkalorikwerk in Mittelsbüren produziert Strom für die Deutsche Bahn. | |
Ich finde es nicht schön, dass wir Müll aus anderen Ländern importieren, um | |
ihn hier zu verbrennen. Global gesehen ist es mir aber lieber, wenn der | |
Müll hier verbrannt wird, als dass er woanders auf eine Deponie verbracht | |
wird oder in den Weltmeeren landet. | |
Es ist eher das kleinere Übel, weil die Recyclingkapazitäten in der | |
Vergangenheit nicht aufgebaut wurden? | |
Wir haben die Infrastruktur, um es ordnungsgemäß thermisch zu verwerten und | |
damit einer weiteren Energiegewinnung zuzuführen. Das ist sinniger, als es | |
anderswo auf der Welt in den Ozean zu kippen. | |
Wer kontrolliert, wohin der Müll verschifft wird? | |
Üblicherweise der Zoll. | |
Wie oft kontrolliert der Zoll? | |
Im vergangenen Jahr hatten wir zwei groß angelegte Kontrollen gemeinsam mit | |
dem Zoll. Direkt im Hafen zu kontrollieren, ist schwierig. Es ist | |
wesentlich einfacher, an der Autobahn zu kontrollieren, auf dem Weg zu den | |
Häfen. Aber Plastikmüll zu exportieren, ist nicht verboten. Wir können da | |
noch so viel mit dem Zoll rumrennen. Wenn wir Plastikmüll finden, können | |
wir den Container meistens wieder zumachen und eine gute Fahrt wünschen. | |
Wie weit ist die politische Diskussion? | |
Wie gesagt: Anfang Juli hat sich der Bundesrat mit dem Export von | |
Plastikmüll beschäftigt. Allerdings nur mit einer Entschließung. Das finden | |
Sie auch auf der Bundesratsseite, es sind eher Forderungen, dass es | |
verboten wird, wir brauchen mehr Kontrollen oder die müssen verschärft | |
werden. Dies sind noch keine konkreten Pläne, wie das umgesetzt werden | |
kann. | |
Was ist das Wichtigste, um das Plastikmüllproblem zu lösen? | |
Das Wichtigste ist Plastikvermeidung. Es ist Wahnsinn, was alles in Plastik | |
verpackt ist, was das gar nicht braucht. Plastikvermeidung ist das | |
Allerwichtigste. Dann brauchen wir höhere Recyclingquoten, und dann braucht | |
es auch die Exportverbote für Plastikmüll und schärfere Kontrollen, wenn es | |
um Exporte geht. Und wir brauchen einen Aufbau von Entsorgungssystemen | |
nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern. | |
Was meinen Sie mit Entsorgungssystemen? | |
Verbrennen und damit Strom erzeugen oder besser recyceln. Alle sinnvollen | |
Entsorgungsstrukturen, statt das Plastik einfach unnütz zu verbrennen oder | |
auf eine Deponie zu schmeißen. Oder noch schlimmer, ins Meer zu kippen. | |
Mehr über das Plastikmüllproblem lesen Sie im aktuellen | |
Wochenendschwerpunkt der taz nord [2][oder hier]. | |
14 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Moritz Klindworth | |
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