# taz.de -- AKWs vom Fließband: Finnlands nächstes Atomabenteuer | |
> Finnland setzt jetzt auf Kleinreaktoren, die die Baukosten deutlich | |
> senken sollen. Sie bringen allerdings ähnliche Probleme mit sich wie | |
> große AKWs. | |
Bild: Atommüll produzieren die geplanten Kleinanlagen wie die großen AKWs auch | |
TÄLLÄNG taz | Der Europäische Druckwasserreaktor Olkiluoto 3 hat sich | |
längst zu einem finnischen BER entwickelt – mindestens zwölf Jahre zu spät, | |
dreimal so teuer wie geplant. Und am Netz ist er längst noch nicht. | |
Ebenso das Neubauprojekt Hanhikivi: Schon vor Baubeginn [1][um Jahre | |
hintendran]. Aber die finnische Atomlobby will sich schon wieder in ein | |
nächstes Atomenergie-Abenteuer stürzen: den Bau von sogenannten Kleinen | |
modularen Reaktoren (Small Modular Reactors – SMR). | |
Das Konzept: Atomreaktoren, die mit einer Leistung von 50 bis 300 MW | |
deutlich kleiner als die bisherigen sind, sollen fabrikmäßig quasi am | |
Fließband hergestellt und dann vor Ort montiert werden. Das soll die | |
Baukosten deutlich senken. Die Sicherheits- und Atommüllprobleme | |
unterscheiden sich allerdings nicht von denen bisheriger AKW. | |
Bislang gibt es weltweit viele Pläne, aber erst einen fertigen SMR: das | |
schwimmende russische AKW Akademik Lomonossow, das seit Dezember 2019 in | |
Betrieb ist. Seine beiden Reaktoren sind eine Weiterentwicklung der | |
Reaktoren von russischen Atom-U-Booten. Trotzdem dauerte die Fertigstellung | |
12 Jahre, die projektierten Kosten verdreifachten sich. | |
## Typen- statt Einzelgenehmigungen geplant | |
Weil man es in Finnland aber eilig hat, hat das staatliche | |
Forschungsunternehmen VTT zusammen mit dem teilstaatlichen Energiekonzern | |
Fortum, der estnischen Fermi Energia und der belgischen Tractebel eine | |
Entwicklungsgesellschaft gegründet, die einen SMR mit einer Leistung von | |
300 MW zur lokalen Fernwärmeversorgung finnischer Städte bauen will. | |
Die finnische Strahlenaufsichtsbehörde STUK ist eine der ersten nationalen | |
Atomaufsichtsbehörden, die auch schon die Grundlagen für ein | |
Genehmigungsverfahren von SMR-Reaktortypen erarbeitet hat. | |
Und das Wirtschaftsministerium bereitet eine Reform der | |
Atomsicherheitsgesetzgebung im Hinblick auf Typgenehmigungen vor. Denn ein | |
Vorteil des SMR-Konzepts soll es sein, dass nicht jeder Reaktor neu | |
genehmigt werden muss, sondern eine bloße Typgenehmigung ausreichen soll. | |
Natürlich müsse sich auch STUK auf diese Zukunft vorbereiten, betont | |
STUK-Generaldirektor Petteri Tiippana. „Es werden ja weltweit erhebliche | |
Investitionen gemacht.“ | |
Vor allem wird unheimlich viel Wind gemacht, meint M. V. Ramana, | |
Physikprofessor am Nuclear Futures Laborator der Princeton-University. | |
Schon 2001 prophezeite das US-Energieministerium, SMR würden binnen einer | |
Zehnjahresperiode marktreif entwickelt sein. Tatsächlich gebe es aber ganz | |
einfach keinen Markt dafür, sagt Ramana – sie seien nicht wettbewerbsfähig. | |
Kleine Reaktoren würden aufgrund der Kosten für Material und Personal immer | |
teurere Energie liefern, schätzt auch Paul Dorfman vom britischen UCL | |
Energy Institute und Mitverfasser einer [2][SMR-Studie der Nuclear | |
Consulting Group]: Die massiven Investitionen, die erforderlich seien, um | |
eine Lieferkette zu schaffen, die die Skaleneffekte großer Reaktoren durch | |
den Vorteil der Serienproduktion ersetzt, würden das Investitionsrisiko für | |
SMR sogar noch höher machen als für Standardreaktoren. | |
26 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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