# taz.de -- 9 Euro ÖPNV-Fahrkarte der Ampelregierung: Neues Ticket womöglich … | |
> Das von der Bundesregierung angekündigte 9-Euro-Monatsticket für den ÖPNV | |
> soll bald kommen. Viele Details sind aber noch unklar. | |
Bild: U-Bahn in Hannover: Während der Pandemie haben viele den ÖPNV gemieden.… | |
BERLIN taz | Das von der Bundesregierung geplante 9-Euro-Monatsticket für | |
den öffentlichen Nahverkehr könnte schon in wenigen Wochen angeboten | |
werden. „Wir setzen alles daran, dass es im Mai kommt, möglicherweise wird | |
es aber Juni“, sagte Lars Wagner, Sprecher des Verbands Deutscher | |
Verkehrsunternehmen (VDV). An den Details arbeite die Branche mit | |
Hochdruck. Das Ticket soll möglichst bundesweit einheitlich angeboten | |
werden. Dazu müssen sich 450 Unternehmen und 60 Verkehrsverbünde | |
verständigen. | |
Als Teil [1][des Entlastungspakets der Bundesregierung] haben SPD, Grüne | |
und FDP in der vergangenen Woche angekündigt, dass für den öffentlichen | |
Nahverkehr vorübergehend ein Monatsticket für den Preis von 9 Euro | |
eingeführt werden soll. Weil es über drei Monate erhältlich sein soll, | |
haben sich die Parteien die irreführende Bezeichnung „9 für 90“-Ticket | |
ausgedacht – 90 Tage kosten aber 27 und nicht 9 Euro. Wie schnell und in | |
welcher Form das Angebot realisiert werden soll, hatte die Bundesregierung | |
im Vorfeld nicht mit der Branche geklärt. Die Unternehmen wurden von dem | |
Vorhaben überrascht und versuchen jetzt, sich so schnell wie möglich über | |
Details zu verständigen. | |
Unklar ist beispielsweise, über welche Tarifgebiete sich das 9-Euro-Ticket | |
erstrecken soll. In einigen Verkehrsverbünden ist die Reichweite einer | |
einfachen Fahrkarte sehr hoch, in anderen nicht. Die Nahverkehrstarife in | |
Deutschland sind stark zersplittert. Eine Abstimmung der | |
Verkehrsunternehmen über bundesweit einheitliche Vorgaben ist komplex. | |
Preise im Nahverkehr sind politische Preise. Sie werden von Gremien aus | |
Vertreter:innen von Ländern und Kommunen in der Regel für ein Jahr | |
festgelegt. Anschließend müssen sie von den Ländern genehmigt werden. | |
Dieses Prozedere muss auch für das 9-Euro-Ticket durchlaufen werden. | |
Immerhin hat das Projekt eine Art Vorläufer. Mit einheitlichen Vorgaben | |
haben die Verkehrsbetriebe bereits im vergangenen Jahr Erfahrungen gemacht: | |
Im Herbst [2][konnten alle Stammkund:innen mit Monatskarte zwei Wochen | |
den gesamten öffentlichen Nahverkehr in Deutschland] nutzen. „Damals hatten | |
wir aber mehrere Monate Vorlauf“, sagte Wagner. | |
## Landesminister:innen für Nulltarif | |
Die Landesverkehrsminister:innenkonferenz hat bei einer | |
Sondersitzung am Freitag einhellig begrüßt, dass die Bundesregierung die | |
Kosten für den ÖPNV senken will. Eine Mehrheit der | |
Verkehrsminister:innen fordert aber statt des geplanten | |
9-Euro-Tickets für drei Monate einen Nulltarif, um den administrativen | |
Aufwand zu begrenzen und das Angebot schnell und bundeseinheitlich | |
einführen zu können. Allein für die Umstellung der Fahrkartenautomaten | |
würden die Verkehrsunternehmen Wochen brauchen, hieß es. Eine | |
Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll sich mit den Einzelheiten des Vorschlags | |
befassen. Sie muss allerdings erst noch gegründet werden. | |
Darüber hinaus haben die Landesverkehrsminister:innen angemahnt, | |
die [3][Zuschüsse des Bundes für den ÖPNV], die sogenannten | |
Regionalisierungsmittel, massiv zu erhöhen. „Wir haben im ÖPNV seit | |
Längerem steigende Personal-, Bau- und Energiekosten, die nicht weiter von | |
den Ländern und Kommunen alleine geschultert werden können“, sagte die | |
Bremer Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), die zurzeit Vorsitzende | |
der Verkehrsministerkonferenz ist. „Zudem steht der Bund in der Pflicht, | |
seine Klimaziele umzusetzen.“ Deshalb müsse er mehr Mittel für den massiven | |
Ausbau bereitstellen. | |
Ein bundesweit kostenloser ÖPNV für drei Monate würde laut VDV rund 3,25 | |
Milliarden Euro kosten, wenn Ticketeinnahmen von insgesamt etwa 13 | |
Milliarden Euro jährlich – wie vor der Pandemie – zugrunde gelegt werden. | |
Wie viel für das 9-Euro-Ticket für drei Monate nötig ist, berechnet die | |
Branche zurzeit. Die Bundesregierung hat zugesagt, das Geld zur Verfügung | |
zu stellen. | |
Für die Verkehrsbetriebe wäre die Null-Euro-Lösung zwar administrativ | |
tatsächlich leichter zu bewältigen. „Trotzdem wäre diese Lösung für die | |
Unternehmen schwierig“, sagte Wagner. Denn die Unternehmen hätten dann kaum | |
noch die Möglichkeit, zu planen und statistische Erkenntnisse zu gewinnen. | |
„Wir müssen wissen, wer wann wie fährt“, sagte er. Nur so sei | |
festzustellen, wie erfolgreich das Angebot sei. Die Branche diskutiert | |
allerdings, den Stammkund:innen – also den Inhaber:innen von | |
Monatskarten, Job- oder Semestertickets – für drei Monate ein kostenloses | |
Ticket anzubieten. | |
Stammkund:innen sollen auf jeden Fall auch von dem Rabatt profitieren. | |
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Grünen-Co-Vorsitzende | |
Ricarda Lang haben betont, dass diese Gruppe ebenfalls entlastet werden | |
soll. In welcher Form, ob als Rückerstattung oder Gutschrift, steht noch | |
nicht fest. Einige Verkehrsverbände haben Kund:innen bereits | |
aufgefordert, ihr Abo nicht vorschnell zu kündigen. | |
28 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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