# taz.de -- 100 Jahre Neubeginn in Bremen: Wie die Revolution sich selbst fraß | |
> Nicht ganz drei Monate lang herrschte in Bremen der Arbeiter- und | |
> Soldatenrat. Das Experiment scheiterte am Realitätsverlust der radikalen | |
> Köpfe. | |
Bild: Forderte Geiselerschießungen von SPD-Politikern: der Revolutionär Karl … | |
Bremen taz |Schon bevor [1][der Arbeiter- und Soldatenrat im November 1918 | |
in Bremen die Macht übernimmt], hat sich die Stadt zu einer linksradikalen | |
Hochburg gemausert, die sich am Bolschewismus orientiert. Das hat mit der | |
SPD zu tun, die in Bremen seit jeher als besonders links gilt, vor allem | |
aber mit Johann Knief – und der Geschichte um den russischen Emigranten | |
[2][Radek]. | |
Karl Radek, geboren als Karol Sobelsohn in Lemberg in Österreich-Ungarn, | |
tritt 1904 der Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens (SDKPiL) | |
bei. Diese Organisation ist 1893 unter [3][Rosa Luxemburg] und ihrem | |
damaligen Lebensgefährten Leo Jogiches gegründet worden. Nach den schweren | |
Auseinandersetzungen in Warschau während der russischen Revolution von | |
1905 emigriert Radek nach Deutschland, wo er sich seit 1908 als Journalist | |
in der sozialdemokratischen Presse einen Namen macht. Wie Rosa Luxemburg | |
gehört Radek zum linken Flügel der SPD. Allerdings ist ihr persönliches | |
Verhältnis von Antipathie bestimmt. | |
Als 1912 ruchbar wird, das Radek polnisches Partei- und | |
Gewerkschaftseigentum in Höhe von 350 Rubel veruntreut haben soll, kommt es | |
zum endgültigen Bruch. Umgehend wird er aus der SDKPiL ausgeschlossen, was | |
gleichzeitig den Ausschluss aus der SPD bedeutet. Wer fortan Partei für | |
Radek ergreift, muss in ein gespanntes Verhältnis mit der Parteimehrheit in | |
der SPD und speziell zu Rosa Luxemburg geraten. | |
Zu den Fürsprechern Radeks zählt vor allem die Bremer SPD. Die | |
hanseatischen Genossen widersetzen sich dem Parteiausschluss von Radek und | |
geben dem Geächteten ab September 1912 den Posten eines Redakteurs bei der | |
Bremer Bürger-Zeitung, deren Chefredakteur [4][Alfred Henke] für die SPD im | |
Reichstag sitzt und Bremen zu einem Anziehungspunkt für viele linke | |
Intellektuelle macht. Bedingt durch den Kriegsbeginn emigriert Radek in die | |
Schweiz, wo er sich dem Kreis um Lenin anschließt. Mit den Bremer Genossen | |
bleibt Radek aber in ständiger Verbindung. | |
## Bremer SPD gegen Deutschland-SPD | |
Der konsequenteste Unterstützer von Radek in Bremen ist [5][Johann Knief]. | |
Zunächst Volksschullehrer und im Bremischen Lehrerverein engagiert, ist | |
Knief seit 1905 Mitglied der SPD. Im November 1911 kehrt er dem Lehrerberuf | |
den Rücken und widmet sich mit all seine Kraft der sozialdemokratischen | |
Bewegung. Er wird politischer Redakteur der Bremer Bürger-Zeitung. | |
Bereits 1914 wird Knief eingezogen und kommt an die Westfront, wo er im | |
Oktober 1914 nervlich zusammenbricht. Von dem Kriegstrauma wird er sich nie | |
mehr gänzlich erholen. Im Februar 1915 als dienstunfähig entlassen, zieht | |
sich Knief einige Zeit aus der Politik zurück und lebt mit seiner Frau | |
Käthe und seinen zwei kleinen Söhnen auf dem Land. Im Oktober 1915 kehrt er | |
in die Bremer Bürger-Zeitung als zweiter Redakteur zurück und wird schnell | |
zum führenden Kopf eines Zusammenhanges, der sich Internationale | |
Sozialisten Deutschlands (ISD) nennt. | |
## Vorbild Bolschewisten | |
Für Knief und die Internationalen Sozialisten sind die Bolschewiki Vorbild. | |
Perspektivisch kann es daher nur um die Bildung einer revolutionären Partei | |
gehen. Um diesen Prozess voranzubringen, versuchen die Linksradikalen in | |
Bremen im Laufe des Jahres 1916, die Parteiorganisation der SPD zu | |
übernehmen. Tatsächlich gelingt es ihnen in einer Generalversammlung im | |
Dezember 1916, ihren Antrag auf Beitragssperre für die Mutterpartei | |
durchzusetzen. Dagegen wehrt sich die SPD-Parteileitung in den Personen von | |
[6][Friedrich Ebert] und Otto Wels. | |
Die Minderheit der vorstandstreuen Sozialdemokraten gründet den | |
Sozialdemokratischen Parteiverein Bremen, während die Mehrheit im | |
Sozialdemokratischen Verein Bremen verbleibt und insgesamt aus der SPD | |
ausgeschlossen wird. Knief verliert (wie auch Henke) seinen Posten bei der | |
Bremer Bürger-Zeitung und die Parteiorganisation der Bremer SPD ist forthin | |
gespalten. | |
In diesem Vorgang sehen sich die Linksradikalen politisch auf dem richtigen | |
Weg, allerdings wird Knief zu diesem Zeitpunkt mit einem ganz persönlichen | |
Konflikt konfrontiert: Seit April steht er vollständig mittellos dar. Seine | |
Frau kann nicht akzeptieren, dass ihr Mann für seine politischen Ideale | |
sein Einkommen und damit das der Familie rücksichtslos aufs Spiel setzt. | |
Gleichzeitig findet Knief in der 16 Jahre jüngeren [7][Charlotte Kornfeld] | |
eine politische Kampfgefährtin und die große Liebe. Als er dies seiner Frau | |
bekanntmacht, kommt es zum Bruch und einem Trennungsstreit, der Knief bis | |
zum Ende seines Lebens beschäftigen wird. | |
## Die SPD spaltet sich | |
Vom ersten Tag des Krieges an setzt sich Alfred Henke gegen die | |
Kriegskredite ein. Der SPD-Parteivorsitzende Friedrich Ebert, der in der | |
Frage der Fortführung des Krieges nach wie vor auf der Seite des Kaisers | |
steht, setzt im März 1916 den Fraktionsausschluss der Parteilinken durch, | |
die sich daraufhin in der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft (SAG) | |
zusammenfinden. | |
Von nun an geht Ebert härter gegen linke Dissidenten vor, betreibt den | |
Parteiausschluss der SAG-Parlamentarier, zu denen auch Henke gehört. Am 18. | |
Januar 1917 verkündet der rechte Parteiflügel kurzerhand den Ausschluss | |
aller SAG-Parlamentarier und Sympathisanten. Daraufhin treten ganze | |
Ortsvereine aus der SPD aus und die SAG ruft am 9. Februar 1917 zur | |
organisatorischen Sammlung auf. | |
Wenig später treffen Meldungen über die Revolution im Februar 1917 in | |
Russland ein, was zu spontanen Streiks und Friedensdemonstrationen auch in | |
Bremen führt. Knief schöpft politische Hoffnung vor allem, als die SAG vom | |
6. bis 8. April 1917 eine Reichskonferenz zur Konstituierung der linken | |
Opposition in Gotha organisiert. Auch die Zentrale der Spartakusgruppe ist | |
zur Parteigründung nach Gotha eingeladen. An deren Ende steht die Gründung | |
der Unabhängige Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD). | |
Anders als der Spartakusbund verweigert sich Johann Knief von vornherein | |
der neuen Partei. Für Knief und seine Gefolgschaft sind die Bolschewiki | |
Vorbild, während der Spartakusbund diesen russischen Revolutionären | |
kritisch oder zumindest abwartend gegenübersteht. Unterschiedliche | |
Auffassungen zwischen Luxemburg und Lenin über Rolle und Aufbau einer | |
revolutionären Partei gehen schon auf die Zeit im Schweizer Exil zurück. | |
Außerdem spielt die Person Radek eine nicht zu unterschätzende Rolle. Knief | |
will jedenfalls eine revolutionäre Partei, ohne die „Sozialpazifisten“ der | |
USPD. | |
Dieser Ansatz findet keine Mehrheit. Neben der USPD noch eine kleinere, | |
radikalere Partei zu gründen, geht völlig an der Realität vorbei. Umgehend | |
distanzieren sich Knief und die Seinen von der USPD und behaupten, der | |
Spartakusbund habe durch seinen Anschluss an die USPD die Führung der | |
linken Bewegung verwirkt. | |
Aber für Knief wird die Lage riskant, droht ihm doch als Verfasser | |
illegaler Flugblätter entweder die erneute Einberufung zum Militär oder | |
seine Verhaftung. Aus diesen Gründen taucht er mit Charlotte Kornfeld | |
unvermittelt unter. Finanziell können sie sich durch eine Erbschaft | |
Charlottes über Wasser halten. | |
## „Linksradikale Richtung“ | |
Auch weiterhin werden die von den Behörden als „Linksradikale Bremer | |
Richtung“ bezeichneten Zusammenhänge durch die Repression getroffen. Was | |
vor allen Dingen die nordwestdeutschen Jugendgruppen trifft, in welcher die | |
Bewegung eine große Anhängerschaft hat. Deren Köpfe sind Karl Plättner und | |
Karl Becker. Insbesondere [8][Plättner] steht für einen ultralinken Kurs. | |
Der Revolutionär stammt aus proletarischen Verhältnissen, ist gelernter | |
Former und lebt seit 1912 in Hamburg, wo er eine treibende Kraft im | |
Jugendbund für Hamburg-Altona ist. | |
Von der ersten Sekunde an stellt sich Plättner gegen den Krieg, wird jedoch | |
1914 eingezogen. An der Front wird er im Herbst 1915 schwer an der rechten | |
Hand verwundet. Drei Finger bleiben steif. Das bedeutetet, dass er seinen | |
Beruf als Former nie mehr ausüben kann. Plättner kehrt traumatisiert und | |
verbittert als Invalide aus dem Krieg zurück und nimmt eine Stelle als | |
Hilfsschreiber bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Hamburg an. | |
Einstmals ruhig und zurückhaltend, hat sich Plättner nun zu einem stark | |
radikalisierten Aktivisten gewandelt. Dann wird nach einer | |
Friedensdemonstration am 18. August 1916 der Jugendbund in Hamburg | |
verboten. | |
## Hamburger Wohnung wird Schaltzentrale | |
Von nun an gilt es, die Organisation illegal weiterzuführen. Eine Aufgabe, | |
für die Karl Plättner wie geschaffen scheint. Als Kriegsinvalide kann ihn | |
die Drohung, zum Heer eingezogen zu werden, nicht schrecken, außerdem reizt | |
ihn die illegale Arbeit. Die Vision, für die er brennt, ist die | |
Entfesselung von Massenaktionen zur Beendigung des Krieges. | |
Die Hamburger Wohnung, in der er Ende 1916 mit seiner gleichaltrigen | |
Geliebten, der 23-jährigen Witwe Bertha Dahn, lebt, wird zum Mittelpunkt | |
der illegalen Jugendarbeit. Plättner bemüht sich, Kontakte zu Jugendgruppen | |
im gesamten Reichsgebiet aufzubauen. Seit einer illegalen Jugendkonferenz | |
in Jena Ostern 1916 existiert allerdings bereits eine „provisorische | |
Zentrale“ der oppositionellen Jugend unter dem Einfluss der | |
Spartakusgruppe, nach dem Straßennamen der Berliner Deckadresse | |
„Schuster-Zentrale“ genannt. | |
In Plättners Augen unternimmt die Spartakusgruppe aber zu wenig, um die | |
Jugend für den Antikriegskampf zu mobilisieren. Um das zu ändern, | |
organisiert er für März 1917 eine Bezirkskonferenz der nordwestdeutschen | |
Jugendgruppen in Hannover. Den Delegierten unterbreitet er ein Papier, in | |
dem er den unverzüglichen Zusammenschluss aller Linksradikalen zu einer | |
neuen Partei fordert. Das ist das Programm von Johann Knief! | |
## Revolutionäre Freundschaft | |
Knief und Plättner kennen sich bereits seit 1916. Und nicht nur das, in der | |
Druckerei der Bremer „Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus“ | |
Arbeiterpolitik trifft Plättner den 22-jährigen Schriftsetzer Karl Becker, | |
der zuvor eine führende Rolle bei der oppositionellen Jugend in Hannover | |
gespielt hat. Becker und Plättner freunden sich an und treten ab 1917 bei | |
allen illegalen Treffen stets gemeinsam auf. | |
Plättner stellt sich nun vollständig in den Dienst des Kampfes und gibt | |
seine Lohnarbeit auf. Allerdings geht die Anlehnung an den Kurs von Johann | |
Knief durch Plättner und Becker vielen zu weit. Bei der nächsten | |
Reichskonferenz aller Jugendgruppen im Juli in Halle ruft die | |
Schuster-Zentrale zum Boykott auf, wodurch sich Plättner und Becker nur | |
bestätigt und ermutigt fühlen. | |
## Der Staat schlägt zurück | |
Doch Anfang September kommt es zu einer Verhaftungswelle, von der sämtliche | |
Mitglieder der linken Jugendopposition betroffen sind. Bis Ende 1917 sind | |
die meisten radikalen Aktivisten zum Militärdienst eingezogen, die übrigen | |
in Haft, darunter Plättner und Becker. Den beiden soll in Leipzig vor dem | |
Reichsgericht der Prozess gemacht werden. | |
Auch für Knief und Charlotte Kornfeld wird die Situation in Berlin immer | |
unsicherer. Ende September 1917 weichen sie deshalb nach München aus, wo | |
das Paar der Polizei am 30. Januar 1918 ins Netz geht. Umgehend werden die | |
beiden an die preußischen Behörden überstellt. | |
Anklage wegen Landes- oder Hochverrats kann trotz aller Bemühungen nicht | |
gegen sie erhoben werden, die Beweislage reicht einfach nicht aus. Deshalb | |
ergeht ein „Schutzhaftbefehl“. Schutzhaft ist nicht von einer strafbaren | |
Handlung abhängig, wird daher auch nicht von einem Richter verhängt, | |
sondern einfach vom Militärbefehlshaber auf unbestimmte Zeit angeordnet. | |
## Der Anstoß für die Revolution geht von Matrosen aus | |
Obwohl in Bremen die USPD bereits am 4. November 1918 mit einer | |
Volksversammlung von 6.000 Männern und Frauen revolutionäre Forderungen | |
erhebt, geht der entscheidende Impuls für den Umsturz in der Hansestadt von | |
[9][Matrosen] aus, die zeitgleich aus Wilhelmshaven und Kiel in Bremen | |
eintreffen. Sie übernehmen am 6. November das Kommando der Garnison und | |
bilden einen Soldatenrat. | |
Am Tag der Militärrevolte kommt auf dem Bremer Markt eine große | |
Menschenmenge zusammen. Meldungen und Gerüchte geistern durch die Masse, | |
bis eine Abordnung von Matrosen, Soldaten und USPD-Mitgliedern auf dem | |
Balkon des Rathauses erscheint und die Bildung eines gemeinsamen Arbeiter- | |
und Soldatenrates verkündet. | |
Eine Besonderheit in Bremen ist, das USPD und Linksradikale von vornherein | |
den Ton angeben und die SPD aus dem Revolutionsgremium heraushalten wollen. | |
So können SPD-Mitglieder lediglich ihre Duldung im Arbeiter- und | |
Soldatenrat erreichen. | |
## Die Räte werden gewählt | |
Die in den ersten Stunden improvisiert entstandenen Räte werden schnell | |
demokratisch legitimiert, das heißt in den Betrieben am Morgen des 7. | |
November regulär gewählt. Der Rat umfasst 180 Mitglieder, dazu kommen noch | |
30 Delegierte des Soldatenrates, insgesamt hat der Arbeiter- | |
und-Soldatenrat damit 210 Mitglieder. Als Führungsorgan wird ein | |
Aktionsausschuss bestimmt, in dem keine Sozialdemokraten zugelassen sind. | |
Dessen Vorsitzender wird Alfred Henke, der inzwischen bei der USPD gelandet | |
ist. | |
Dem Aktionsausschuss sollen sechs Unterausschüsse angegliedert werden. Es | |
zeigt sich, dass ohne die Mitarbeit der Gewerkschaften die Unterausschüsse | |
nicht besetzt werden können. Die Gewerkschaftsfunktionäre in Bremen gehören | |
aber durchweg der SPD an. Notgedrungen wird deshalb der Aktionsausschuss | |
mit sechs SPD-Gewerkschaftern nachträglich ergänzt. | |
## Der Senat ist abgesetzt | |
Seit der Revolution am 6. November 1918 existiert in Bremen faktisch eine | |
Doppelherrschaft. Zwar hat der Arbeiter- und Soldatenrat, gestützt auf | |
Garnison und linke Arbeiterschaft, die Macht in den Händen, aber noch | |
existiert der Senat, der am 14. November 1918 abgesetzt wird. Erst damit | |
ist die Revolution in Bremen vollzogen. | |
Aber der Arbeiter- und Soldatenrat ist nach wie vor nicht in der Lage, | |
allein einen neuen Verwaltungsapparat zu organisieren. Zwangsläufig kommt | |
es zu einem Arrangement mit dem eigentlich abgesetzten Senat. Die | |
sozialdemokratischen Fachleute bleiben in der Verwaltung, haben sogar die | |
Finanzdeputation in ihrer Hand. Damit kontrollieren die bürgerlichen | |
Parlamentarier die Geldmittel und den Haushalt. | |
Am 18. November 1918 kehrt Johann Knief in seine Heimatstadt zurück. So | |
überraschend, wie er untergetaucht war, tritt er mit einem Mal im größten | |
Bremer Versammlungsaal, dem Casino, vor Hunderten von Zuhörer_innen bei | |
einer Vollversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte an das Rednerpult. | |
## Deutschlands erste kommunistische Partei | |
Er formuliert mehrere Anträge. Einer davon erklärt das völlige | |
Einverständnis des bremischen Proletariats mit dem russischen | |
Bolschewismus. Knief will nicht nur den Einfluss der SPD auf allen | |
politischen Feldern ausschalten, sondern auch die USPD mit seinem radikalen | |
Kurs unter Druck setzen. | |
Zunächst findet unter Kniefs Federführung am 23. November 1918 die | |
Umbenennung der bis dato offiziell noch Sozialdemokratischer Verein Bremen | |
heißenden linksradikalen Ortsgruppe in Internationale Kommunisten | |
Deutschlands, Gruppe Bremen statt. Ähnliches vollzieht sich in anderen | |
Orten mit Gruppen. Damit entsteht die erste kommunistische Partei in | |
Deutschland. | |
Das auf dem ersten Reichstreffen vom 15. bis 18. Dezember 1918 beschlossene | |
Programm definiert die Internationalen Kommunisten Deutschlands, kurz IKD, | |
als lose Föderation lokaler Gruppen und fordert die unmittelbare | |
Herbeiführung des Kommunismus. | |
## Karl Radek und die Kommunistische Partei | |
Lenin will die proletarische Weltrevolution forcieren und dafür ist nach | |
seinen Vorstellungen eine gut organisierte Avantgarde notwendig, die in | |
Deutschland aber erst geschaffen werden muss. In diesem Zusammenhang tritt | |
der bolschewistische Emissär Karl Radek auf den Plan. Radek ist seit dem | |
19. Dezember 1918 als Unterhändler der bolschewistischen Führung illegal in | |
Berlin unterwegs. Wie kein Zweiter kennt er die linkssozialistischen | |
Strömungen in Deutschland und die führenden Vertreter_innen. Diese sollen | |
in einer kommunistischen Partei vereint werden. | |
Bekanntlich herrscht zwischen Spartakusbund und IKD kein gutes Verhältnis. | |
Deshalb nimmt Radek am 24. Dezember 1918 an der 2. Reichskonferenz der IKD | |
in Berlin teil. Vor allem Johann Knief muss von Radek erst dazu gebracht | |
werden, einer Vereinigung mit dem Spartakusbund zuzustimmen. Am Vorabend | |
der IKD-Konferenz treffen sich die beiden zum ersten Mal nach vier Jahren | |
wieder. Am Ende ihres Gesprächs verspricht Knief, sich für die Fusion | |
seiner Gruppe mit dem Spartakusbund einzusetzen. | |
## Gründung der KPD | |
Auf der wenige Tage später stattfindenden Reichskonferenz zur Gründung der | |
KPD vom 29. bis 31. Dezember 1918 im Gebäude des Preußischen Landtages | |
fehlt Knief dann allerdings. Bis zuletzt wehren sich auch führende | |
Mitglieder des Spartakusbundes gegen eine neue Partei. Doch die | |
Entscheidung ist längst gefallen und am 1. Januar 1919 wird die | |
Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund) aus der Taufe gehoben. | |
Anwesend sind 112 Delegierte, ferner 16 Gäste aus insgesamt 56 Orten. | |
Anschließend folgt eine Diskussion, in der führende Persönlichkeiten des | |
Spartakusbundes eine Beteiligung an den Wahlen fordern. Dagegen sprechen | |
sich die Delegierten der IKD aus. | |
Obwohl die Internationalen Kommunisten nur 29 der 112 Delegierten stellen, | |
bestimmen sie mit ihrer radikalen Rhetorik die Debatte. Ihre Vorschläge, | |
aus den Gewerkschaften auszutreten und aktiv gegen sie zu arbeiten sowie | |
Wahlen grundsätzlich abzulehnen, werden mit 62 zu 23 Stimmen angenommen. | |
Wahlen wie reformistische Gewerkschaftsarbeit sind für die Mehrheit der | |
Anwesenden ein Verrat an der revolutionären Sache, die man durch den | |
bewaffneten Kampf voranzubringen gedenkt. | |
Diese scheint sich anzukündigen, als in Berlin am 5. und 6. Januar 1919 | |
Massendemonstrationen zum bewaffneten Aufstand führen. Eine „Zweite | |
Revolution“ soll erzwungen werden. Doch abgesehen von ein paar Streiks und | |
kleineren Aktionen bleibt es im übrigen Reichsgebiet ruhig – nur in Bremen | |
ist das anders. | |
## Die Ausrufung der Räterepublik in Bremen | |
In der linksradikalen Hochburg Bremen wird am 10. Januar 1919 die | |
Räterepublik proklamiert. Ein „Rat der Volksbeauftragten“, der nur aus | |
USPD- und KPD-Mitgliedern besteht, stellt nun die Regierung. SPD-Mitglieder | |
werden aus dem Arbeiterrat ausgeschlossen. | |
Während diese Machtübernahme problemlos und unblutig vonstatten geht, kommt | |
es gleich darauf zu Spannungen. Für erste Dissonanzen sorgt Karl Plättner, | |
der sich mit Karl Becker seit Anfang Januar in Bremen aufhält. Die beiden | |
Revolutionäre werden mit offenen Armen empfangen. Mit gerade mal 26 Jahren | |
wird Plättner zum Vorsitzenden des Bezirks Nordwest der KPD. Außerdem ist | |
er, wie Becker, Mitglied im Arbeiter- und Soldatenrat. | |
Der KPD-Vorsitzende macht zunächst von sich Reden, als er am 11. Januar in | |
einer willkürlichen Aktion die Büros des Bremer Gewerkschaftshauses | |
schließen lässt, was den Unmut vieler gewerkschaftlich orientierter | |
Arbeiter zur Folge hat. Für Plättner ist die Schließung ein folgerichtiger | |
revolutionärer Schritt, denn er zählt zu einer starken Strömung in der KPD, | |
die Gewerkschaften durch die Gründung neuer betrieblicher Organisationen | |
auf der Grundlage des Rätesystems ersetzen will. | |
## Kommunisten gegen Soldaten | |
Bereits am folgenden Tag kommt es dann zu einer Krise, welche fast zu einer | |
Selbstzerstörung der Räterepublik führt. Ausgangspunkt ist eine Versammlung | |
der Vertrauensmänner des Soldatenrates. Diese erklärt sich am 12. Januar | |
mit einer vollständigen Reorganisation innerhalb der Garnison | |
einverstanden. Aber die Kommunisten werten diese Stellungnahme lediglich | |
als Lippenbekenntnis. Sie verfolgen die Entwaffnung und die Auflösung der | |
Garnison. | |
Anschließend sollen revolutionär gesinnte Soldaten in die Reihen | |
bewaffneter Arbeiter eingegliedert werden. Eine Rote Garde soll entstehen. | |
In diesem Sinne erklärt der zum Stadtkommandanten ernannte Bernhard Ecks | |
(KPD), dafür zu sorgen, „dass die letzten Waffen aus der Kaserne kommen und | |
dem Proletariat ausgehändigt werden“.(1) Ecks will am Morgen des 14. Januar | |
das Wachbataillon entwaffnen und die Gewehre dann bei revolutionären | |
Arbeitern auf der Schiffswerft AG Weser abliefern. | |
## Der Stadtkommandanten wird verhaftet | |
Als in der Garnison die angedrohte Entwaffnung bekannt wird, reagieren die | |
Soldaten. Unter dem Vorsitzenden des Soldatenrates, Albert Meyer, werden am | |
14. Januar drei verantwortliche Funktionäre der KPD verhaftet: der | |
Stadtkommandant Bernhard Ecks, das Mitglied der Räteregierung Karl Jannack | |
und das Mitglied des Soldatenrates Reimann. Soldatenabteilungen besetzen | |
Rathaus und Polizeipräsidium, den Bahnhof sowie das Telegrafenamt. An | |
strategisch wichtigen Punkten werden Maschinengewehre postiert. | |
Gleichzeitig beginnt die Entwaffnung von Arbeitern. Das läuft nicht überall | |
ohne Gegenwehr ab. Als Soldaten zur AG Weser vorstoßen, kommt es auf dem | |
Gelände der Werft zu Schießereien mit Toten und Verletzten. | |
Erst als Vertreter der Räteregierung einschreiten, kann die Situation | |
entschärft werden. Man einigt sich darauf, das die Soldaten ihre Waffen | |
behalten können und Ecks als Stadtkommandant abgesetzt wird. Daraufhin | |
lassen die Soldaten die Gefangenen frei. Am folgenden Abend kommt es zur | |
endgültigen Einigung mit der Garnison. Fortan werden die Listen der | |
Arbeiterbataillone von gemischten Kommissionen geprüft, die Waffen in | |
Depots geordnet und paritätisch von Soldaten und Arbeitern bewacht. | |
## Putschversuch der Linksradikalen | |
Als am 13. Januar Meldungen aus Berlin von der Niederlage des dortigen | |
Aufstandes eintreffen, heizt sich die Stimmung weiter auf. Dass die Zeit | |
für diplomatische Übereinkünfte angebrochen ist, müsste eigentlich allen | |
Beteiligten einleuchten. Allein die Linksradikalen kümmert dies nicht. | |
Eine Versammlung der „Revolutionären Vertrauensleute der KPD in den Bremer | |
Betrieben“ fasst den Beschluss, ein Telegramm an die Reichsregierung zu | |
senden, in dem Geiselerschießungen angedroht werden. Karl Plättner | |
beantragt daraufhin bei der Versammlung des Arbeiter- und Soldatenrates, | |
dass dieser sich hinter den Beschluss der Vertrauensleute stellen soll. | |
Umgehend wird das von Alfred Henke, dem Vorsitzenden des Rates, und dem | |
überwiegenden Teil der Versammelten als unverantwortlich verworfen. | |
## Plättner will „roten Terror“ | |
Auf einer Mitgliederversammlung der KPD am 16. Januar, die ganz unter dem | |
Eindruck der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht steht, ruft | |
Karl Plättner dazu auf, gegen den „weißen Terror“ mit der sofortigen | |
Einführung von „rotem Terror“ zu antworten und Geiseln festzusetzen. Bei | |
der Mehrheit und namentlich Karl Becker trifft dies auf vehementen | |
Widerspruch. An dieser Frage entzweien sich die alten Kampfgenossen und | |
gehen fortan getrennte Wege. Am Ende lehnt die Mehrheit der | |
Mitgliederversammlung die Ausübung von „rotem Terror“ ab. | |
Am selben Tag sperren die Banken der Revolutionsregierung sämtliche | |
Kredite. Verhandlungen sind unumgänglich und die Bedingungen der Banken | |
eindeutig: allgemeine Wahlen zu einer bremischen Volksvertretung in | |
kürzester Frist. Der „Bremer Rat der Volksbeauftragten“ ist zum Einlenken | |
gezwungen. Eine Woche nach ihrer Ausrufung hat die Räterepublik damit in | |
ihre Abwicklung eingewilligt. | |
## Keine Mehrheit bei den Wahlen | |
Wie klein die politische Basis für die Räterepublik geworden ist, | |
dokumentieren die Wahlergebnisse zur Weimarer Nationalversammlung am 19. | |
Januar. Diese Wahl will die KPD, obwohl sie selbst nicht an dem Votum | |
teilnimmt, in Bremen verbieten lassen. Im Arbeiter- und Soldatenrat lässt | |
sich eine solche Position aber nicht durchsetzen. Die Ergebnisse fallen wie | |
folgt aus: 42 Prozent für die SPD, auf die Deutsche Demokratische Partei | |
(DDP) entfallen 33,5 Prozent, auf die USPD 18,2 Prozent, alle anderen | |
Parteien bleiben unter 5 Prozent. | |
Nun ist offenkundig, dass die Räterepublik keine Mehrheit in der | |
Bevölkerung besitzt, dazu ist sie zahlungsunfähig und hat die eigene Abwahl | |
bereits beschlossen. Mit anderen Worten: Man ist politisch am Ende. | |
All dies ficht die Ultraradikalen nicht an, für sie kommen Verhandlungen | |
oder gar eine freiwillige Unterwerfung nicht infrage. Unter der Regie von | |
Karl Jörn, einem Volksschullehrer, der zum Kreis um Ecks und Plättner | |
zählt, kommt es am 20. Januar zu einem bewaffneten Handstreich. Öffentliche | |
Gebäude und die Filiale der Reichsbank werden besetzt, die Herausgabe von | |
Waffen bei der Kaserne erzwungen. Von dieser Aktion hat die Bremer | |
KPD-Führung keine Kenntnis. | |
## KPD distanziert sich von Plättner | |
Als sich Karl Plättner am folgenden Tag zum Stadtkommandanten ausrufen | |
lässt, ist das Maß voll. Mit deutlichen Worten distanziert sich die KPD in | |
ihrer örtlichen Zeitung Der Kommunist von Plättner und dem „Jörn-Putsch“, | |
spricht von „unverantwortlichen Elementen“, die einer „Revolutionspsychos… | |
verfallen seien. Klarsichtig heißt es in dem Artikel vom 23. Januar: | |
„Bremen ist als Räterepublik eine Insel in Deutschland geblieben, die schon | |
von den Wellen der Reaktion bespült wird und von der Gefahr des | |
Verschlingenwerdens bedroht ist.“(2) | |
Binnen weniger Tage erstellt der Rat der Volksbeauftragten eine „Verordnung | |
über die Wahlen zur bremischen Volksvertretung“. Als Wahltermin ist der 2. | |
März vorgesehen. Es scheint, als würde sich die Bremer Räterepublik ohne | |
weiteres Aufsehen aus der Geschichte verabschieden – doch es kommt ganz | |
anders. Denn in Berlin wird über das Schicksal des Stadtstaates | |
entschieden. | |
## Berlin schickt Regierungstruppen | |
Nach der Niederschlagung des Januaraufstands kann sich die SPD-geführte | |
Reichsregierung auf Bremen konzentrieren. Am 25. Januar 1919 wird die | |
Reichsexekution beschlossen – eine verfassungsmäßig geregelte Maßnahme | |
gegen einzelne Gliederstaaten des Reiches zur Durchsetzung der staatlichen | |
Einheit. Auf Anweisung des SPD-Reichswehrministers [10][Gustav Noske] | |
überträgt General von Lüttwitz diese Aufgabe Oberst Wilhelm Gerstenberg. | |
Am 30. Januar beginnt der Aufmarsch der Regierungstruppen gegen die | |
Räterepublik Bremen. Von dort gehen Hilferufe an die Soldatenräte in | |
Hamburg, Lübeck, Oldenburg und anderen Städten Nordwestdeutschlands. Doch | |
nur aus Cuxhaven kommt eine Abteilung von 250 Matrosen. Insgesamt stehen | |
zur Verteidigung Bremens nur einige Hundert Mann zur Verfügung. Das | |
Oberkommando in Bremen führt der stellvertretende Vorsitzende des Arbeiter- | |
und Soldatenrates, Eugen Libey. | |
Doch was kann er kommandieren? Die Ausrüstung beschränkt sich auf zwei | |
leichte Geschütze und Infanteriewaffen. Es können lediglich einige | |
strategische Punkte ausgewählt und notdürftig zur Verteidigung vorbereitet | |
werden. Alles lebt von der Hoffnung, dass von außen doch noch Hilfe kommen | |
wird. | |
Gänzlich anders sieht die Situation bei den Regierungstruppen aus. Für den | |
Einsatz stehen der Ebert-Regierung die Division Gerstenberg und die im | |
Dezember 1918 in Kiel aufgestellte I. Marinebrigade unter General Emmo von | |
Rhoden zur Verfügung. Zu diesen regulären Einheiten gesellt sich noch Major | |
Caspari, der etwa 600 Bremer Freiwillige in Verden sammelt und mit ihnen | |
das Freikorps Caspari bildet. | |
## Die Räterepublik hat keine Chance | |
Unter diesen Voraussetzungen eine bewaffnete Konfrontation einzugehen, ist | |
für die Räterepublik Bremen von vornherein aussichtslos. Man kann nur | |
versuchen, durch Verhandlungen unnötiges Blutvergießen zu vermeiden. | |
Unterhändlern gelingt es in Verden, wo sich Angriffstruppen sammeln, am 2. | |
Februar um 3 Uhr früh eine Übereinkunft zu erzielen. Die Volksbeauftragen | |
erklären sich bereit zurückzutreten und man ist bereit, die Waffen | |
abzugeben. Im Gegenzug soll die Division Gerstenberg zurückgezogen werden. | |
Da beim Zustandekommen dieses „Verdener Abkommens“ keine | |
Regierungsvertreter beteiligt sind, fährt eine Abordnung aus Hamburg am 2. | |
Februar nach Berlin. Für diesen Tag wird Waffenruhe verlangt, worauf die | |
Regierungstruppen leicht eingehen können, da der Angriff erst für den 3. | |
Februar angesetzt ist. | |
Bei der Unterredung in Berlin räumt Ebert lediglich eine Frist von 24 | |
Stunden ein, in der sich die Räterepublik unterwerfen kann. Der | |
Angriffstermin wird auf den 4. Februar verschoben. In diesen entscheidenden | |
Stunden setzen sich in Bremen noch einmal die Linksradikalen durch. Sie | |
wollen keine Bedingungen akzeptieren und den Kampf um jeden Preis | |
aufnehmen. | |
## Angriff auf Bremen | |
Damit sind die Würfel gefallen und am 4. Februar 1919 um 10.15 Uhr beginnt | |
der Angriff von 1.500 Regierungssoldaten auf Bremen. Sehr bald kommt ihr | |
Vormarsch ins Stocken. In günstigen Positionen wie an den Bahnhöfen | |
Sebaldsbrück und Huchting haben sich Verteidiger verschanzt. Erst am Mittag | |
schafft es das Militär, zur Innenstadt vorzudringen, bis es an den | |
Weserbrücken erst einmal nicht mehr weitergeht. | |
Auch wenn den einrückenden Einheiten an einigen Punkten erheblicher | |
Widerstand entgegengesetzt wird, kann von einer tatsächlichen Verteidigung | |
der Stadt nicht gesprochen werden. Es bleibt beim unkoordinierten Kampf | |
einiger Verteidigungspositionen. Schließlich erreichen die | |
Regierungstruppen das Rathaus und hissen dort die schwarz-weiß-rote Fahne. | |
Aber auch danach wird noch in der Stadt gekämpft, erst gegen 21 Uhr | |
schweigen die Waffen. An diesem Tag fallen 24 Soldaten der | |
Regierungstruppen und 29 Revolutionäre. Hinzu kommen 18 Männer, fünf Frauen | |
und sechs Kinder an unbeteiligten Opfern. Auffällig ist, dass sich die Zahl | |
der Toten beider Parteien fast die Waage hält. Dies liegt daran, dass es in | |
Bremen zu keinen Massakern kommt. Nur eine Gefangenenerschießung ist | |
bekannt. | |
## Arbeiter wehren sich | |
Am folgenden Tag rückt eine Kolonne der Division Gerstenberg nach | |
Gröpelingen vor und besetzt die Werft AG Weser. Dagegen richtet sich ein | |
spontaner Streik, mit dem die Arbeiter den vollständigen Abzug der Soldaten | |
erreichen. Ein beachtlicher Vorgang, denn in dem vom Militär besetzten | |
Bremen herrscht Ausnahmezustand mit Ausgangssperre. Linke Zeitungen sind | |
verboten, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen an der Tagesordnung. | |
Mit der Einnahme von Bremen ist die Mission des Militärs noch nicht | |
beendet. Auch die restlichen Städte im Nordwesten sollen wieder unter die | |
vollständige Kontrolle der Regierung in Berlin gebracht werden. Am 8./9. | |
Februar rücken die Gerstenberger in Bremerhaven ein. Einen Tag später | |
sollen die Räte in Cuxhaven abgesetzt werden, die Revolutionäre ziehen sich | |
rechtzeitig aus der Stadt zurück. Es gibt keine bewaffneten Konfrontationen | |
mehr. Mitte Februar bringt das Militär Oldenburg unter seine Kontrolle. | |
Um die Machtverhältnisse in Bremen zu zementieren, wird aus dem Freikorps | |
Caspari und anderen Freiwilligen eine 1.400 Mann starke | |
„Regierungsschutztruppe“ gebildet, die wenig später zur Sicherheitspolizei | |
wird. | |
## Das Ende des Johann Knief | |
Von der Öffentlichkeit kaum beachtet, erfüllt sich in Bremen das Schicksal | |
von Johann Knief. Der Linksradikale ist bei der Verkündung der Räterepublik | |
bereits schwer an einer verschleppten Blindarmentzündung erkrankt und | |
bettlägerig. Vor dem Angriff auf die Stadt erreicht Charlotte Kornfeld die | |
Evakuierung des Bettlägerigen auf den Barkenhoff von Heinrich Vogeler bei | |
Worpswede. | |
Durch den Transport verschlimmert sich Kniefs Zustand, er muss zurück in | |
die Klinik gebracht werden. Zehn Wochen dauern Fieber und Siechtum, Knief | |
hat Fieberträume, magert ab und stirbt nach fünf Operationen an einer | |
schleichenden Blutvergiftung in der Nacht zum 6. April 1919. Bis zuletzt | |
weicht Charlotte Kornfeld nicht von seiner Seite. | |
(1) Zit. nach: Peter Kuckuk (1986): „Bremen in der deutschen Revolution | |
1918–1919 : Revolution, Räterepublik, Restauration“, S. 206 | |
(2) Der Kommunist (Bremen), zit. nach Volker Ullrich (2000): „Der ruhelose | |
Rebell : Karl Plättner 1893–1945 ; eine Biographie“, S. 66. | |
7 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bremer_R%C3%A4terepublik#Revolution_und_Bildu… | |
[2] https://www.dhm.de/lemo/biografie/karl-radek | |
[3] https://www.dhm.de/lemo/biografie/rosa-luxemburg | |
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Henke | |
[5] http://www.zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/article/229.ein-bremer-li… | |
[6] https://www.fes.de/stiftung/friedrich-ebert/ | |
[7] http://www.bremerfrauengeschichte.de/2_Biografien/kornfeld.html | |
[8] https://libcom.org/history/pl%C3%A4ttner-karl-1893-1945 | |
[9] https://www.ndr.de/kultur/geschichte/Wie-sich-der-Kieler-Matrosenaufstand-b… | |
[10] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13528846.html | |
## AUTOREN | |
Bernd Langer | |
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