| # taz.de -- Rahmengesetz statt Enteignung: Sozialdemokratische Quatschpolitik | |
| > Die SPD verkauft das Rahmengesetz als Durchbruch. Dabei ist es ein | |
| > substanzloser Versuch, der Vergesellschaftung Steine in den Weg zu legen. | |
| Bild: Da steht „Deutsche Wohnen enteignen“, nicht: „Deutsche Wohnen ein b… | |
| Die SPD besitzt eine einzigartige Fähigkeit: Nur sie schafft es regelmäßig, | |
| ihr sozialistisches Erbe auszupacken und sich als alte | |
| Arbeiter:innenpartei zu rühmen – und dann, kaum einen Moment später, | |
| jeden politischen Vorstoß zu torpedieren, der die kapitalistische | |
| Wirtschaftsordnung einschränken könnte. Und Übung macht offensichtlich den | |
| Meister. Nach 150 Jahren Sozialdemokratie gelingt es der Partei manchmal | |
| sogar, beides zeitgleich zu tun: Also noch die Verteidigung der | |
| Marktordnung als linken Vorstoß zu verkaufen. | |
| Beispiel Vergesellschaftungsrahmengesetz. Welche andere Partei könnte im | |
| selben Atemzug von einem „historischen“ Vorstoß sprechen und sich damit | |
| rühmen, erstmals ein Vergesellschaftungsgesetz auf den Weg gebracht zu | |
| haben – um dann im nächsten Satz davon zu reden, dass dieses Gesetz „das | |
| Soziale an der Marktwirtschaft“ rettet. Genau das sagte aber der | |
| SPD-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg am Mittwoch bei der Kommentierung | |
| des Rahmengesetzes. | |
| Nun gilt für Politiker:innen wie Schauspieler:innen, dass man | |
| besonders erfolgreich ist, wenn man selbst fühlt, was man sagt. Es kann | |
| deshalb sein, dass manche in der SPD im Gesetz tatsächlich einen | |
| Fortschritt sehen. Wer sich aber nüchtern ansieht, was das Gesetz | |
| tatsächlich macht, erkennt: Es ist nicht nur pure Symbolpolitik, die keine | |
| einzige Wohnung enteignet. Es droht sogar, der Vergesellschaftung Steine in | |
| den Weg zu legen, weil es den Vergesellschaftungsbegriff gefährlich | |
| entkernt. | |
| So heißt im aktuellen Gesetzesentwurf, der Zweck der Vergesellschaftung sei | |
| die Sicherstellung des „Versorgungsinteresses breiter Schichten der | |
| Bevölkerung an Gütern und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge“ – im | |
| aktuell diskutierten Fall also mit bezahlbaren Wohnungen. Das klingt | |
| erstmal gut. Aber in der Formulierung versteckt ist eine folgenschwere | |
| Umdeutung. Denn Vergesellschaftung ist keine Sozialpolitik, die einen | |
| kaputten Markt durch staatliche Regeln repariert. Sie ist eine Ermächtigung | |
| des demokratischen Volkssouveräns, den Markt in einem bestimmten Bereich | |
| bewusst außer Kraft zu setzen. | |
| ## Revolution muss man schon selber machen | |
| Diese Entscheidung haben die Berliner:innen am 26. September 2021 | |
| getroffen. Sie haben sich in einem Volksentscheid dafür entschieden, dass | |
| die großen Wohnungskonzerne der Stadt vergesellschaftet werden sollen. Dass | |
| die SPD nun der Meinung ist, man könne diesem direkten Auftrag mit ein paar | |
| Reförmchen beikommen, ist schlicht undemokratisch. Es ist darüber hinaus | |
| geschichtsvergessen, weil es die SPD selbst war, die die Möglichkeit der | |
| Vergesellschaftung ins Grundgesetz hineingeschrieben hat. | |
| Andererseits ist daran nichts neu. Man kann der SPD Scheinheiligkeit | |
| vorwerfen, aber nicht mangelnde Konsistenz. Seit dem Erfolg des | |
| Volksentscheids hat die Partei nichts anderes getan, als den Volkswillen zu | |
| torpedieren. Erst einmal ließ sie eine Expert:innenkommission alle | |
| Zweifel ausräumen. Dann ließ Franziska Giffey eine mögliche R2G-Koalition | |
| platzen, um eine Umsetzung zu verhindern. Und jetzt eben ein Rahmengesetz, | |
| das nicht nur erst in zwei Jahren in Kraft tritt, sondern auch einen | |
| inhaltlichen Angriff darstellt. | |
| Wer sich gefragt hat, warum die CDU überhaupt bereit ist, bei einem solchen | |
| Gesetz mitzumachen, erhält hier eine Antwort: Weil es sich um ein Gesetz | |
| handelt, das Vergesellschaftung nicht erleichtert, sondern politisch | |
| domestiziert und praktisch erschwert. Die einzige gute Nachricht: Einem | |
| neuen Volksentscheid von DW Enteignen, dieses Mal mit konkretem Gesetz und | |
| bindender Wirkung, steht nichts entgegen. SPD und CDU mag es also gelingen, | |
| den Prozess über Jahre hinzustrecken, was ermüden kann. Aber so ist es halt | |
| mit jeder Revolution: Man muss sie schon selber machen. | |
| 19 Dec 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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