| # taz.de -- Hochschulpolitik in Hamburg: Exzellenz-Uni wird kaputt gespart | |
| > Die Uni Hamburg muss die digitale Sicherheit auf Kosten des Lehrangebots | |
| > finanzieren. Uni-Präsident schreibt Brandbrief, Asta rät vom Studium ab. | |
| Bild: Mit solider Finanzierung klappt’s vielleicht auch wieder mit der Rechts… | |
| Die frühere Hamburger Grünen-Chefin Maryam Blumenthal ist recht neu im Amt | |
| als Wissenschaftssenatorin. Am Donnerstagmittag musste sie ihren ersten | |
| schweren Gang antreten. Ab 14 Uhr tagte Uni-intern der Akademische Senat | |
| zum „Austausch mit Frau Senatorin“, wie es in der Einladung hieß. | |
| Dem vorangegangen war ein Brandbrief von [1][Uni-Präsident Hauke Heekeren], | |
| der der taz vorliegt. Das Schreiben hat es in sich. Denn Heekeren | |
| beschreibt die Folgen der [2][Budgetkürzung von 4,5 Prozent], die in diesem | |
| und im nächsten Jahr alle [3][sieben Fakultäten] der Uni verkraften müssen. | |
| Nötig wurde dies unter anderem, weil [4][sich nach einer Cyber-Attacke] auf | |
| die benachbarte Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) die Kosten | |
| für IT-Sicherheit und Digitalisierung verdoppelt haben. 25,8 Millionen Euro | |
| werden 2025 benötigt, statt der 13,3 Millionen Euro im Vorjahr. Weiteres | |
| Geld fehlt, weil Tarife und Energiepreise steigen. | |
| Blumenthal sah die Verantwortung bei der Uni selbst. So sagte sie im Juni | |
| im Interview mit dem Hamburger Abendblatt: „Die Universität bestimmt ihr | |
| Ausgabeverhalten selbstständig und ist mit dem wachsenden Budget trotz | |
| Übernahme der Tarifsteigerung nicht ausgekommen: Deshalb müssen sie jetzt | |
| sparen.“ | |
| Aber damit macht sie es sich aus Sicht der Kritiker zu einfach. Heekeren | |
| schreibt nun, diese „strikte Budgetdiziplin“ habe Auswirkungen auf | |
| „sämtliche Kernbereiche der Universität“. In den Lehramtsstudiengängen u… | |
| weiteren Fächern gerate die „Studierbarkeit zunehmend unter Druck“. Die mit | |
| der Stadt vereinbarte Zahl an Studienplätzen könne ab dem nächsten Semester | |
| „nicht mehr in der vorgesehenen Qualität gewährleistet werden“. | |
| ## Allein 80 Professuren sind unbesetzt | |
| Schon jetzt fänden immer mehr Studierende keine Betreuungsperson für ihre | |
| Abschlussarbeit. Übungsgruppen seien teils doppelt so groß wie üblich. All | |
| dies verlängere das Studium. Bibliotheken müssten wichtige Publikationen | |
| abbestellen. Und dauerhaft vakant gehaltene Stellen gefährdeten ganze | |
| Studiengänge. Die wissenschaftliche Sichtbarkeit, so schreibt immerhin der | |
| Präsident einer Exzellenz-Uni, sei „zunehmend bedroht“. | |
| Der [5][studentische Asta] findet eigene Worte. „Wir raten | |
| Studieninteressierten von einem Studium an der Uni Hamburg ab.“ Und die | |
| Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht von einer | |
| „exzellenten Schieflage“. Sei doch bereits seit 2019 bekannt, dass die Uni | |
| ein strukturelles Defizit von mindestens 30 Millionen Euro habe. Das habe | |
| sich in den Folgejahren wegen zu geringem Tarif- und inflationsausgleich | |
| vergrößert. Rund 20 Prozent der Stellen in Lehre und Forschung sind laut | |
| GEW unbesetzt. „Wer Exzellenz will, muss zuerst die Basis stärken“, sagt | |
| GEW-Chef Sven Quiring. „Es ist nicht wahr, dass die Uni sparen muss, weil | |
| sie schlecht gewirtschaftet hat“, ergänzt GEW-Mitglied Patrick Grommes. | |
| Ein Problem ist, dass die Uni in Vergangenheit auf Wunsch der Politik ihre | |
| Rücklagen abgebaut und damit bisherige Engpässe kompensiert hat. „Dies ist | |
| nun nicht mehr möglich“, schreibt [6][Heekeren in seinem Brief]. Daher | |
| seien sogar Strukturen, die man für den Exzellenzstatus aufgebaut hat, | |
| „aktuell nicht ausfinanziert“. Heekeren bittet die Politik um ein klares | |
| Bekenntnis zur Universität und eine auskömmliche finanzielle Grundlage. | |
| Der Sache angenommen hat sich die CDU-Politikerin Anna von | |
| Treuenfels-Frowein. Auf mehrere [7][Anfragen] hin erfuhr sie, dass bereits | |
| zum laufenden Semester die Uni-Studiengänge „Human Ressource Management“, | |
| „Wood Science“ und „Geschichte der Naturwissenschaften“ eingestellt wur… | |
| und der Schwerpunkt Behindertenpädagogik „ausgesetzt“ ist. Und in der Tat | |
| waren zum Stichtag 1. Oktober 865 [8][Stellen der Uni unbesetzt], darunter | |
| allein 80 Professuren. Besetzt werden dürfen nur Stellen, für die es | |
| „zwingend“ ist. | |
| ## CDU sieht finanziellen Spielraum | |
| „Die Lage ist dramatisch“, sagt Treuenfels-Frowein, „dieser Brandbrief ist | |
| ein deutlicher Hilferuf.“ Die CDU werde das Thema im Wissenschaftsausschuss | |
| aufrufen. „Wir erwarten, dass der rot-grüne Senat Verantwortung übernimmt, | |
| statt sich hinter der Hochschulautonomie zu verstecken.“ Finanzieller | |
| Spielraum sei vorhanden. | |
| Die SPD-Fraktion sah sich wenig zuständig. Die in dem Brief geschilderten | |
| Fragen müsse die grün geführte Wissenschaftsbehörde mit der Uni klären. Die | |
| grüne Hochschul-Politikerin Selina Storm äußerte Verständnis für die Sorgen | |
| der Uni. „Dennoch investiert Hamburg heute so viel in die Wissenschaft wie | |
| nie zuvor.“ Allein 2026 erhalte die Hochschule knapp sieben Millionen Euro | |
| mehr als 2025. Die Grünen seien überzeugt, dass im vertrauensvollen | |
| Austausch zwischen Behörde und Uni „Lösungen gefunden werden, um die | |
| Exzellenz zu sichern und die Härten für Studierende und Beschäftigte | |
| abzuwenden“. | |
| In diese Richtung äußert sich auch die Wissenschaftsbehörde, die betonte, | |
| man habe der Uni keine Mittel gekürzt und Kostensteigerungen ausgeglichen. | |
| Die Behörde sei überrascht über die „unübliche Kommunikation über einen | |
| formellen Brief“, schreibt Blumenthals Sprecherin. Inzwischen habe man in | |
| einem persönlichen Gespräch an den „bis dahin produktiven Dialog“ wieder | |
| anknüpften können. | |
| Die Sitzung mit Blumenthal im Akademischen Senat dauerte anderthalb Stunden | |
| und war zumindest aus Sicht des Asta wenig produktiv. „Die Senatorin lehnte | |
| es ab, über den Brief zu reden, und sagte, dann hätte man die Sitzung | |
| anders vorbereiten müssen“, berichtet Asta-Referent Elias Gerstner. Es sei | |
| gut gewesen, sie einzuladen. „Aber bei der Sitzung kam heraus, dass die | |
| Stadt nicht vorhat, der Uni mit mehr Geld zu helfen und die strukturelle | |
| Unterfinanzierung zu beseitigen.“ An der Empfehlung des Asta, dort nicht zu | |
| studieren, habe sich deshalb „nichts geändert“. | |
| 11 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Hauke-Heekeren-ueber-die-Uni-Hamburg/!5917923 | |
| [2] /Studierenden-Protest-in-Hamburg/!6116797 | |
| [3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/100949/23_02201_liquiditae… | |
| [4] /IT-Sicherheit-nach-Hackerangriff/!5911398 | |
| [5] https://www.asta-uhh.de/1-aktuelles/01-asta-news/2025-11-26-versammlung-kue… | |
| [6] https://www.abendblatt.de/hamburg/politik/article410624604/universitaet-ham… | |
| [7] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/98006/23_01856_exzellenz_u… | |
| [8] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/100897/23_02184_sparzwang_… | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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