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# taz.de -- Bundeskongress der Jusos: Frustrierte Fundamentalkritik vom Partein…
> In Mannheim stellt sich SPD-Chefin Bärbel Bas der Kritik der Jugend. Die
> Jusos zeigen sich erschöpft vom Kampf an allen Seiten.
Bild: Gegenüber der AfD sind die Jusos sich einig
Bärbel Bas zögert kurz, nachdem sie sich selbst die Frage stellt, ob sie
gerne auf dem Juso-Bundeskongress zu Gast sei. Denn die SPD-Chefin musste
sich am Samstag heftige Kritik vom Parteinachwuchs anhören. Die Jusos
bezeichnen die SPD in fast allen Belangen als zu schwach und mutlos. Der
Entwurf der Arbeitsministerin zur Reform des Bürgergelds sei zudem
„Bullshit“, weil er Politik auf dem Rücken der Ärmsten im Land betreibe.
Bas sagt, sie nehme die Kritik als Ansporn. „Ja, ich bin gerne hier, ich
nehme euren Auftrag zum Kampf an.“
Es ist ein Wochenende, das ganz im Zeichen des Parteinachwuchses steht.
Während sich in Gießen unter großem Protest der neue Jugendverband der AfD
gründet, dominiert die Junge Union weiterhin den Ton in der Rentendebatte.
Deshalb diskutieren die Jusos in Mannheim, wie sie dem Sozialabbau
einerseits und dem Rechtsruck im Land andererseits etwas entgegensetzen
können. Und es zeigt sich: Die Jusos sind in dieser Frage zunehmend
frustriert.
„Aus ‚wir sind mehr‘ wird ‚wir sind müde‘“, ruft Mareike Engel den…
jungen Delegierten in dem Mannheimer Kongresszentrum zu. Die Leipzigerin,
die in ihrem Amt als stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende bestätigt
wird, sagt, es falle ihr zunehmend schwer, an einen erfolgreichen Kampf
gegen den Rechtsruck im Land zu glauben. „Uns fehlt das Vertrauen von
anderen, aber auch von uns selbst, in die sozialdemokratische Bewegung.“
Eine SPD, die zur Verwalterin des Status Quo werde, wähle niemand.
Hoffnung gebe ihr die Mobilisierung gegen die Gründung der AfD-Jugend in
Gießen. „Für uns steht fest: kein Nachwuchs für Faschos.“ Die neue
Generation der Sozialdemokrat*innen müsse neue Bündnisse gründen und
die Partei erneuern. „Was hilft da das Jammern“, sagt Engel.
Dabei stellt sich die Frage, ob die Jusos mit ihrer Kritik nicht gegen die
Wand laufen. Die SPD steckt in einer hier gänzlich ungeliebten Koalition
mit der Union von Friedrich Merz. Fast alle Delegierten gehen in ihren
Redebeiträgen auf die Äußerungen des Kanzlers zum Stadtbild ein, deren
rassistischen Kern hier niemand infrage stellt. Angesichts dieser Politik
bezweifeln zahlreiche Delegierte ihre Arbeit in der SPD fundamental.
Ein Delegierter, Omar Shehata aus Frankfurt, bringt es so auf den Punkt:
„Ich glaube so sehr an diesen Verband, dass es fast weh tut“, ruft er in
den Saal. Paula Gundi aus München sieht es so: Angesichts der Politik der
SPD gingen viele junge Menschen eben lieber zu den „Fridays for Future oder
zur lokalen Antifa“, anstatt sich bei den Jusos zu engagieren. Trotzdem sei
es wichtig, sich um neue Mitglieder zu bemühen – doch dafür müsse sich auch
die SPD verändern.
Für Bärbel Bas dürfte diese Kritik wenig überraschend kommen. Der
Jugendverband lobt die Parteichefin ausdrücklich dafür, sich der Debatte
mit den Jusos zu stellen. Häme schlägt jedoch ihrem Co-Chef Lars Klingbeil
entgegen, der auf dem Kongress der Jugendorganisation fehlt – und das zum
wiederholten Mal. „Unsere Führungsspitze muss Angriff spielen“, ruft Marvin
Müller, Juso-Landesvorsitzender aus Mecklenburg-Vorpommern, Bas entgegen.
Bas lobt den Parteinachwuchs für seine „Energie“. „Wir waren die
vergangenen Jahre zu viel mit uns selbst beschäftigt und vielleicht auch zu
langweilig“, sagt die Politikerin. Sie fordert von den Jusos, dass auch sie
mehr dafür tun könnten, dass die SPD bei der jüngeren Generation besser
durchdringe und zeichnet dabei ein simplifiziertes Bild von politischen
Präferenzen: „Junge Menschen sind zwischen Grünen, Linken und AfD Hin und
Her gedriftet, je nach Social-Media-Präsenz.“
Dabei zeigt sich Bas stolz, dass auch die Jusos sich in die Rentendebatte
eingemischt haben. „Es kann nicht sein, dass nur die Junge Union für die
junge Generation spricht.“ Es brauche eine starke Stimme, die nicht für
Ausgrenzung, sondern für das Miteinander einstehe.
Bas zeigt sich erschüttert darüber, dass sie auf dem Arbeitgebertag am
Dienstag für die Pläne der SPD zur Rente ausgelacht worden sei. Es gebe
„bestimmte Gruppen, die den Sozialstaat verachten“. Die Arbeits- und
Sozialministerin sagte, dass sie sich für den Kampf gegen die Ungleichheit
die Jusos an ihrer Seite wünscht. „Es geht ums Ganze.“
Hier wollen die Jungen die Parteichefin beim Wort nehmen. Juso-Chef Philipp
Türmer gab Bas mit, dass es nicht sein dürfte, dass man nach der
Bundestagswahl in die Automatismen der schwarz-roten Koalition drifte. Die
SPD dürfte sich nicht in die Defensive bringen lassen, das gelte vor allem
in der Sozialpolitik. In der Debatte um die Rente erntete Türmer großen
Applaus für seine Kritik an dem Verhalten der Jungen Union. „Das sind keine
Reformvorschläge, das ist Enkeltrickbetrug“, rief er in den Saal. „Da
machen wir nicht mit.“
Der Jubel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei dem Jugendverband der
SPD doch auch einiges im Argen ist. Bei den Wahlen zum Juso-Vorsitz wurde
der 29-jährige Türmer zwar in seinem Amt bestätigt. Doch er konnte nur etwa
67 Prozent der Stimmen der Delegierten hinter sich versammeln – und das,
obwohl er keine Gegenkandidat*innen bei der Wahl hatte. In seiner
Bewerbungsrede sagte Türmer, es gelte, die Orientierungslosigkeit der SPD
zu beenden. Es scheint, als erwarten die Jusos genau das auch von ihm.
29 Nov 2025
## AUTOREN
Cem-Odos Gueler
## TAGS
SPD
Jusos
Bärbel Bas
Friedrich Merz
GNS
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