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# taz.de -- Familienunternehmer und AfD: Kuscheln mit Rechtsextremen
> Der Lobbyverband Die Familienunternehmer will sich der AfD öffnen. Erste
> Mitglieder treten aus. Gemeinsame Interessen sind aber offensichtlich.
Bild: Mit Rechtsextremen reden? Geschichtsvergessen. Doch Marie-Christine Oster…
Die Kritik an dem Verband Die Familienunternehmer wird immer lauter. Dieser
hat beschlossen, [1][die Brandmauer zur AfD aufzugeben], und Ende Oktober
den ersten AfD-Politiker zu einer Veranstaltung eingeladen. Richtig hoch
kocht das Thema, seit das Handelsblatt Anfang der Woche darüber berichtete.
Als erstes Unternehmen reagierte die Deutsche Bank, in deren Räumlichkeiten
die Veranstaltung stattgefunden hat. Auf Anfrage der taz sagte sie, sie
habe „keine Kenntnis von der Gästeliste“ gehabt. Aus Kreisen der Bank hei�…
es, die Lokalität würde dem Verband künftig nicht mehr zur Verfügung
gestellt. Die Deutsche Bank ist als Partnerin des Verbands gelistet. Dazu,
was das beinhaltet, möchte sie keine Auskunft geben.
Die Mitglieder des Verbands selbst fühlten sich teils überrumpelt. Die
Drogeriekette Rossmann und der Haushaltsgerätehersteller Vorwerk kündigten
am Mittwoch [2][den Austritt aus dem Verband] an. Der Getränkehersteller
Fritz-Kola folgte am Donnerstag.
## „Wir sind selbst von der Meldung überrascht worden“
Andere positionierten sich auf Anfrage. „Henkel steht für Weltoffenheit,
Vielfalt, Meinungsfreiheit und demokratische Werte. Wir sehen die Zukunft
Deutschlands in einem starken, geeinten Europa. Diese Grundsätze sind aus
unserer Sicht mit den bekannten Positionen der AfD nicht vereinbar“,
kommentierte der Düsseldorfer Konzern, der unter anderem Klebstoff und
Spülmittel herstellt.
Eine Sprecherin des Schuhdiscounters Deichmann sagte: „Wir sind selbst von
der Meldung überrascht worden. Hätten wir im Vorfeld davon erfahren, hätten
wir von einem solchen Vorgehen abgeraten.“
Ein Pressesprecher von Rossmann-Konkurrent dm teilte der taz mit, die
Drogeriemarktkette haben den Austritt aus dem Verband bereits „vor vielen
Monaten erklärt“ und sei daher nicht mehr Teil der internen Meinungsbildung
darin. Dm-Chef Christoph Werner ließ ausrichten, er lehne „die
polarisierende Brandmauer-Debatte ebenso entschieden ab wie Positionen der
Partei AfD, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung
infragestellen“.
## Mitglieder verschwinden von der Webseite
Die Gremien des Verbands hatten sich offenbar schon vor Monaten für eine
Öffnung zur AfD entschieden: „Dass wir mit einzelnen AfD-Fachpolitikern ins
Gespräch kommen, ohne ihnen eine Bühne zu geben, haben wir im Frühjahr mit
unserem Bundesvorstand, unseren Landesvorsitzenden und unseren
Kommissionsvorsitzenden beschlossen und die Rückmeldungen aus der
Mitgliedschaft unterstützen dieses Vorgehen“, heißt es in einer
Stellungnahme, die [3][am Mittwoch auf der Webseite veröffentlicht wurde].
Der Verband inszeniert sich als Sprachrohr deutscher Familienunternehmen
oder des Mittelstands. Nach eigenen Angaben vertritt er „die Interessen von
180.000 Familienunternehmen“. Ebenfalls nach eigenen Angaben hat er aber
nur rund 6.500 Mitglieder.
Auf Bitte der taz um Listeneinsicht reagierte der Verband nicht. Eine
Rubrik mit „Unternehmensportraits“ verschwand von der Webseite und auch der
Reiter „Präsidium/Gremien“, der die Führungsriege des Verbands listete,
wurde entfernt. Viele der Firmen, die im Zusammenhang mit dem Verband
zirkulieren, waren nie Mitglieder oder sind in den vergangenen Jahren
ausgetreten, so etwa Merck, BMW, Thalia, Bahlsen oder Kärcher.
Fest steht aber: Einige von Deutschlands reichsten Unternehmern sind
weiterhin Mitglied. Und auch: Der Name „Die Familienunternehmer“ ist vor
allem politisch. Die Stiftung Familienunternehmen geht von etwa 2,9
Millionen Familienunternehmen in Deutschland aus – das wären 83 Prozent
aller Firmen. Der Verband würde demnach nur 0,02 Prozent der tatsächlichen
Familienunternehmer vertreten.
## Lobby der Familienunternehmer
Und: „Familienunternehmer“ – das klingt nach dem Buchladen von nebenan od…
dem Handwerksbetrieb, der seit Generationen weitergegeben wird. Tatsächlich
betreibt der Verband aber Klientelpolitik für Überreiche. Für seine
parlamentarische Lobbyarbeit gab er im Jahr 2024 [4][laut Lobbyregister]
1,6 Millionen Euro aus. Auf seinen Veranstaltungen tauchen regelmäßig
[5][Bundeskanzler und Minister*innen] auf.
Neben dem Verband tritt die Stiftung Familienunternehmen als Vertretung der
Familienunternehmen auf. Sie hat formal nichts mit dem Verband zu tun und
bekräftigt bisher öffentlich, weiterhin zur Brandmauer zu stehen. Beide
eint jedoch ein erfolgreicher Kampf gegen eine wirksame Vermögensteuer ohne
Schlupflöcher für Milliardäre, die ihr Erbe möglichst unversteuert an ihre
Sprösslinge weitergeben wollen.
Die reichsten Männer Deutschlands haben ihren Reichtum über Unternehmen
geerbt und vererbt. Etwa Dieter Schwarz, dessen Vermögen das Manager
Magazin auf 46,5 Milliarden Euro schätzt. Seine Schwarz Gruppe umfasst
unter anderem die Ketten Lidl und Kaufland. Auch mit von der Partie: die
Aldi-Brüder, die Familien Klatten und Quandt, denen BMW gehört, oder die
Oetker-Familie.
Was die reichen Familienunternehmer auch eint: Viele haben in der Zeit des
Nationalsozialismus von den Kriegsverbrechen der Nazis profitiert oder gar
Adolf Hitler unterstützt.
## Schnittmengen zur AfD
Marie-Christine Ostermann, Präsidentin von Die Familienunternehmer, betont:
„Das Weltbild der AfD passt nicht zu unserer freiheitlichen und
marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung, weshalb wir Familienunternehmer die
inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD nicht scheuen.“ Das „Überbieten
mit immer heftigeren Antifa-Parolen“ habe nichts gebracht.
Das Wirtschaftsprogramm der AfD bietet jedoch durchaus Schnittmengen. Auch
die AfD inszeniert sich als Partei des kleinen Mannes, schützt aber vor
allem Reichtum. Das spiegelt sich auch in der Einschätzung des
AfD-Politikers, der bei der kritisierten Veranstaltung des Verbands im
Oktober als Gast geladen war – Leif-Erik Holm. Er ist
wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion und
Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, wo die AfD aktuell bei 38
Prozent liegt. Nächsten September wird dort gewählt.
Holm beschreibt den Abend gegenüber dem Deutschlandfunk als harmonisch. Man
habe über Themen geredet, wo man Gemeinsamkeiten sieht. „Es ging natürlich
um das Erbschaftssteuerthema, es ging um Entlastungen von Steuern und
Abgaben, Energiepreise, Deregulierung“, sagte Holm dem Radiosender. Die AfD
und der Verband wollen jeweils Reiche von Steuern entlasten, befürworten
Investitionen in Fossile Energien und wollen Pflichten zu nachhaltigem und
sozialem Wirtschaften abschaffen.
## AfD und Familienunternehmer haben Geschichte
Die Nähe zwischen dem Verband und der AfD geht aber tiefer. Bereits 2013,
wenige Wochen nach Gründung der AfD, [6][schrieb der Soziologe Andreas
Kemper]: „Die Alternative für Deutschland ist gefährlicher als jede andere
rechtspopulistische Partei, weil sie sich als parlamentarischer Arm der
Familienunternehmer formiert.“ Er sah die AfD als „politisches Sprachrohr“
für den Verband Die Familienunternehmer, damals noch Arbeitsgemeinschaft
Selbständiger Unternehmer, und die Stiftung Familienunternehmen.
Ein Jahr zuvor saß Ostermann noch als Vorsitzende des Junior-Ablegers des
Verbands gemeinsam mit Beatrix von Storch, heute Vizechefin der
AfD-Fraktion, [7][auf einem Panel] zur Kritik am Euro. 2017 war Ostermann
als Kuratoriumsmitglied zudem in beratender Funktion bei der [8][libertären
Hayek-Gesellschaft] tätig, die sich für eine extreme Form der Deregulierung
einsetzt und ebenfalls Verbindungen in die AfD hat. Ostermann sitzt im
Beirat der rechten Denkfabrik Republik 21 (R21), die sich unter anderem
gegen die Brandmauer zur AfD einsetzt.
Was viele nun als Tabubruch kritisieren, könnte auch ein weiterer Teil der
Strategie sein, die AfD zu normalisieren und ihr rassistisches Gedankengut
zu verharmlosen.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version stand, dass Jürgen Elsässer
ebenfalls Teil des Panels zur Kritik am Euro war. Das stimmt nicht, wir
haben den Fehler korrigiert.
27 Nov 2025
## LINKS
[1] /Verband-der-Familienunternehmen-und-AfD/!6132058
[2] /Rossmann-verlaesst-Familienunternehmer-Verband/!6132770
[3] https://www.familienunternehmer.eu/index.html
[4] https://www.lobbyregister.bundestag.de/suche/R000433/67547?backUrl=%2Fsuche…
[5] https://www.familienunternehmer.eu/veranstaltungen/veranstaltung/die-famili…
[6] https://www.freitag.de/autoren/andreas-kemper/afd-familienunternehmer-versu…
[7] https://www.youtube.com/watch?v=R8yMUawutjk
[8] /Gezerre-um-AfD-Vorsitz/!5856671
## AUTOREN
Leila van Rinsum
## TAGS
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