| # taz.de -- Hamburger Kühne-Oper: Ein Neubau als Doppelgänger | |
| > Der Entwurf für eine neue Staatsoper in der Hamburger Hafencity ähnelt | |
| > dem Entwurf desselben Architekturbüros für ein Konzerthaus in Prag. | |
| > Zufall? | |
| Bild: Zum Hals verrenken: Siegerentwurf für Hamburgs neue Oper des Architektur… | |
| Die Euphorie, die der Siegerentwurf für ein neues Opernhaus in Hamburg in | |
| der vergangenen Woche auslöste, hat einen Dämpfer bekommen. Wie ein Blick | |
| auf die Website des Architekturbüros Bjarke Ingels Group (BIG) bestätigt, | |
| ähnelt er stark dem Entwurf der Architekten für ein Konzerthaus in Prag. | |
| Neben den inspirierenden Bildern bleibt nach wie vor die Frage, ob sich | |
| Hamburg überhaupt eine neue Oper bauen sollte, bloß weil sie dafür Geld | |
| geschenkt bekommt. | |
| Anfang September hatte die Stadt mit der Stiftung des [1][superreichen | |
| Logistik-Unternehmers Klaus-Michael Kühne] einen Vertrag geschlossen, nach | |
| dem die Stadt insgesamt 250 Millionen Euro dafür bereitstellen würde, das | |
| Grundstück herzurichten: Gründung, Flutschutz, öffentlich Anlagen, | |
| Kaimauern und Zuwege. Für weitere rund 350 Millionen Euro würde die | |
| Stiftung dann die Oper bauen. | |
| Der [2][Entwurf von BIG setzte sich in einem Qualifizierungsverfahren | |
| durch], zu dem lediglich fünf Architekturbüros eingeladen waren. In der | |
| Jury saßen Vertreter der Stadt, der Stiftung und Experten. Das Ehepaar | |
| Kühne hatte ein Vetorecht. Die Entscheidung fiel aber einstimmig. | |
| Die [3][Idee für die Philharmonie in Prag hatte BIG] im vergangenen Jahr | |
| vorgestellt. Sie ähnelt in der Grundstruktur und der Herleitung stark dem, | |
| was in der vergangenen Woche in der Hafencity vorgestellt wurde: Ein Kern | |
| von zu einem Hügel gestapelten Funktionsräumen wird mit gläsernen Fassaden | |
| umgeben und von einer Spirale weit auskragender, begehbarer Dächer | |
| umspielt. Allerdings wirkt der Entwurf für Prag weniger organisch, weniger | |
| verspielt, dafür urbaner. | |
| Ob die Jury in Hamburg den Entwurf für Prag kannte, darüber gibt es | |
| unterschiedliche Aussagen. Dem NDR zufolge wusste die | |
| CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Anke Frieling davon nichts. „Eine gewisse | |
| Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weisen“, zitierte sie der Sender. | |
| Allerdings überrasche es auch nicht, dass die Architektursprache von BIG zu | |
| erkennen sei. Die Kulturbehörde versicherte dem Hamburger Abendblatt: | |
| „Selbstverständlich waren und sind der Jury die Arbeiten der beteiligten | |
| Büros bekannt.“ | |
| ## Nicht das eigentliche Problem | |
| Aus Sicht des Architekturkritikers David Kasparek ist das aber gar nicht | |
| das eigentliche Problem. Dieses bestehe im Vorgehen, bei dem der Geldgeber | |
| maßgeblichen Einfluss auf das Auswahlverfahren hatte. Der Senat habe sich | |
| darauf eingelassen, „einen Ort für die Stadtgesellschaft an der Stadt | |
| vorbei zu entscheiden“. | |
| Bereits im Sommer hatte sich die Hamburger Architektenkammer für eine | |
| offene Debatte ausgesprochen. Darüber, wie das letzte freie – und sehr | |
| prominente – Grundstück in der Hafencity genutzt werden sollte, und welche | |
| Funktion ein neues Operngebäude überhaupt haben könnte. Sie forderte zudem | |
| einen offenen Architekturwettbewerb. | |
| Die Oper neu zu bauen, passe eigentlich gar nicht in eine Zeit, in der so | |
| viel über Nachhaltigkeit geredet werde, sagt Kasparek. Zudem sei die | |
| bestehende Hamburger Staatsoper ein schönes Beispiel für die | |
| Nachkriegsmoderne, die in ihrer Sprödigkeit gut zur Stadt passe. | |
| Dazu kommt, dass die heutige Staatsoper in der Nähe des Gänsemarkts als | |
| ältestes von Bürgern gegründetes Opernhaus des Kontinents eine große | |
| Tradition hat und das aktuelle Gebäude unter Denkmalschutz steht. Die Stadt | |
| müsste es also eigentlich erhalten. Wie genau das gehen und welche Funktion | |
| das Gebäude künftig haben soll, ist weiter offen. | |
| Kultursenator Carsten Brosda (SPD) argumentiert, dass die Sanierung des | |
| Bestandsgebäudes mit unabsehbaren Kosten verbunden wäre. Er verweist dabei | |
| auf die milliardenschweren Sanierungen in Stuttgart und Köln. Ein Gutachten | |
| des städtischen Immobilienunternehmens Sprinkenhof war 2020 allerdings nur | |
| auf 146,5 Millionen Euro für eine Generalsanierung gekommen. Das entspricht | |
| ungefähr dem Betrag, den der Senat in der Hafencity für | |
| „standortspezifische Mehrkosten“ vorgesehen hat. | |
| Während die bestehende Oper schon seit Jahren schrittweise saniert wird, | |
| ist offen, ob die 350 Millionen Euro, die für den Neubau zur Debatte | |
| stehen, reichen werden. Die Frage ist: Wer bezahlt, wenn die Rechnung am | |
| Ende wesentlich höher ausfällt? Und bringt sich die Stadt bei allen | |
| angeblichen Kostendeckeln nicht [4][genauso in Zugzwang wie beim Elbtower?] | |
| Dort hatte der Senat ebenso hoch und heilig versprochen, niemals | |
| städtisches Geld zu investieren. Jetzt ist er bereit, sich für eine halbe | |
| Milliarde Euro einzukaufen, um ein Naturkundemuseum zu eröffnen. | |
| 20 Nov 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Diskussion-um-Kuehne-Oper-in-Hamburg/!6106794 | |
| [2] /Neues-Opernhaus-fuer-Hamburg/!6129410 | |
| [3] https://big.dk/projects/vltava-philharmonic-prague-4340 | |
| [4] /Wolkenkratzer-Bauruine-an-den-Elbbruecken/!6116611 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
| ## TAGS | |
| Oper | |
| Hamburg | |
| Klaus-Michael Kühne | |
| Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
| Stadtentwicklung Hamburg | |
| Architektur | |
| Klaus-Michael Kühne | |
| Staatsoper Hamburg | |
| René Benko | |
| Klaus-Michael Kühne | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Neue Oper für Hamburg: Denkmal für einen modernen Feudalherrn | |
| Die Bürgerschaft sollte der Kühne-Oper die Zustimmung verweigern. Sie ist | |
| ein autoritäres Projekt und ob die Stadt sie braucht, ist äußerst fraglich. | |
| Neues Opernhaus für Hamburg: Musik-Maschine im menschengemachten Berg | |
| Der Entwurf für einen spektakulär zurückhaltenden Opern-Neubau wurde | |
| vorgestellt. Das Haus soll ein Geschenk des Logistik-Unternehmers Kühne | |
| werden. | |
| Prozess gegen René Benko: Wenn nur die Gier nicht wär | |
| Jetzt tritt das wahre Ausmaß des finanziellen Schadens durch den | |
| Immobilenguru zutage. Aber wahr ist auch: Reiche Geldgeber haben sich | |
| blenden lassen. | |
| Journalist über Kühne-Oper in Hamburg: „Er würde sich am Ort der Schuld ei… | |
| Hamburg lässt sich von Klaus-Michael Kühne eine Oper bauen. So legitimiert | |
| sie dessen Umgang mit der NS-Schuld seiner Firma, findet Journalist Bleyl. |