| # taz.de -- Russischer Popstar Monetochka: Sie vergießt keine Tränen für die… | |
| > Der russische Popstar Monetochka lebt im Exil und engagiert sich gegen | |
| > den Krieg. In Russland entfalten ihre Songs enorme Wirkung. Nun geht sie | |
| > auf Tour. | |
| Bild: Eine Erscheinung: Monetochka im November 2023 vor einem Konzert in Zürich | |
| Monetochka – „Münzlein“ – ist der Künstlername der Russin Jelisaweta | |
| Gyrdymowa im Wortsinn übersetzt. Die 27-jährige [1][Singer-Songwriterin] | |
| mit der hohen, sanften Stimme zählt zu den berühmtesten Musiker:innen | |
| ihres Landes. Aber sie lebt im litauischen Exil, da sie sich nach Beginn | |
| der [2][Großinvasion in die Ukraine] im Februar 2022 auf ihren | |
| Social-Media-Konten, in ihren Songtexten und bei Konzerten auf der Bühne | |
| offen gegen die russische Aggression positionierte. | |
| Im ersten Kriegsjahr veranstaltete sie gemeinsam mit dem Rapper Noize MC | |
| die Konzertreihe „Voices of Peace“. Dabei wirkte auch ihr Mann, der | |
| Produzent Witja Isajew, mit. Die Künstler:innen sammelten mit ihren | |
| Auftritten in verschiedenen europäischen Städten Geld für ukrainische | |
| Geflüchtete. | |
| In einer Erklärung schrieben Monetochka und Noize MC damals, sie sähen es | |
| nicht nur als ihre Pflicht an, ihre Ablehnung des von der russischen | |
| Führung um Machthaber Putin entfesselten Krieges zum Ausdruck zu bringen, | |
| sondern auch denjenigen zu helfen, deren Leben dadurch zerstört wurde. | |
| ## Unbeschwert und aufrichtig | |
| Monetochkas Markenzeichen, der Schlüssel zu ihrer Beliebtheit, ist ihre | |
| unbeschwerte, aufrichtige Art. Zwar sind feenartige Kostüme Bestandteil der | |
| farbenfrohen Inszenierung auf der Bühne, zugleich gibt sie sich aber stets | |
| nahbar – mit Mut zum Unperfekten und immer mit einem Augenzwinkern. | |
| „Mama hat ein Geheimnis“, heißt etwa einer ihrer supercatchy Songs. Im | |
| Videoclip schiebt sie, warm eingepackt in einen dicken Schal und große | |
| Kopfhörer tragend, einen Kinderwagen durch die Straße. Es geht im Text um | |
| Mütter wie sie, bekannte russische Frauen, die den Mut hatten, gegen den | |
| Kreml zu protestieren und dafür nun die Konsequenzen tragen. | |
| Sie zahlen einen hohen Preis. Seit Anfang 2023 ist auch Monetochka in ihrem | |
| Heimatland als sogenannte „ausländische Agentin“ gebrandmarkt. Ein Etikett, | |
| das politisch aktive Organisationen und Personen in Russland einschüchtern | |
| soll und jedem verpasst werden kann, der unter einem vermeintlichen | |
| „ausländischen Einfluss“ steht. Dass das bei ihr nicht fruchtet, zeigte | |
| schon ihre Reaktion: Sie kommentierte die entsprechende Einstufung als | |
| „ausländische Agentin“ auf ihrem Telegram-Account nur mit einem ironischen | |
| „oh yes!!!“ | |
| ## In Abwesenheit verurteilt | |
| Da sie ihren Content in den sozialen Medien nicht mit dem laut russischem | |
| Gesetz notwendigen Vermerk „ausländischer Agent“ markierte, leiteten die | |
| Strafbehörden vor einem Jahr ein Verfahren gegen sie ein: Monetochka wurde | |
| sogar zur Fahndung ausgeschrieben. Ende Oktober nun hat sie ein Moskauer | |
| Gericht „in Abwesenheit“ verurteilt. Das bedeutet, dass ihr bei einer | |
| Rückkehr nach Russland die unverzügliche Verhaftung droht. | |
| Doch von den Repressionen in ihrem Heimatland lässt sie sich nicht beirren | |
| und ist aktuell auf Welttournee. In diesem Rahmen gastiert sie jetzt auch | |
| in Deutschland. Zu ihren Konzerten kommen vor allem Exilruss:innen sowie | |
| Fans aus postsowjetischen Ländern. Laut der Sängerin reisen manche der | |
| überwiegend jungen Fans extra aus Russland an. Auch diese erreicht sie | |
| massenhaft mit ihrer Musik. | |
| Einer der beliebtesten Songs ihres neuesten Albums „Gebete. Anekdoten. | |
| Trinksprüche“ (2024) dreht sich ums Exil: „Eto bylo w Rossii“ (Das war in | |
| Russland). „Ich erinnere mich, wie es nieselte, als ich aus dem Kino kam. / | |
| Das war in Russland, also ist es schon lange her. / Das war in Russland, | |
| also war es ein Traum. / Einen Traum kann man nicht stehlen. / Er bleibt | |
| mir erhalten.“ | |
| ## Warme Nostalgie | |
| Im Interview mit dem russischen Exilmedium Meduza sagte Monetochka, viele | |
| Fans hätten die Intention des Songs missverstanden, man solle beim Hören | |
| keine Tränen vergießen. Sie trauere der Heimat nicht mehr hinterher, diese | |
| Emotionen habe sie mittlerweile in warme Nostalgie verwandelt: „Es war, als | |
| hätte ich aufgehört, mit diesen Erinnerungen rumzurennen, und sie | |
| schließlich wie eine schöne Statuette auf ein Regal in meinem neuen Zuhause | |
| gestellt.“ Sie habe endlich gelernt, ein neues Leben zu führen, und wolle | |
| diese Erfahrung mit anderen Menschen teilen. | |
| Ein anderer bekannter Monetochka-Song heißt „Du bist ein Soldat“. Im Text | |
| bringt die Künstlerin ihre Weigerung zum Ausdruck, am russischen Krieg und | |
| am Kriegskult teilzunehmen. Sie versucht, ihr Gegenüber, einen russischen | |
| Soldaten, von ihrer Haltung zu überzeugen: „Du bist ein Soldat, und in | |
| welchem Krieg du auch immer kämpfst /Verzeih, ich werde auf der anderen | |
| Seite stehen.“ Die poppig gesungenen Zeilen untermalt Monetochka mit einer | |
| schlichten, von ihr selbst gespielten, eingängigen Keyboardmelodie. | |
| Es waren solche Lieder „ausländischer Agenten“, welche die 18-jährige | |
| [3][Musikerin Naoko und ihre Band Stoptime bei Straßenkonzerten] in Sankt | |
| Petersburg spielten und kürzlich ins Gefängnis brachten. Andere | |
| Musiker:Innen in verschiedenen russischen Städten schlossen sich dem | |
| musikalischen Protest an. Auch aus dem Exil entfalten Monetochkas | |
| Kompositionen enorme Wirkung. | |
| 21 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Yelizaveta Landenberger | |
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