| # taz.de -- Landtag Brandenburg: Koalition auf der Kippe | |
| > In Brandenburg treten vier Abgeordnete aus dem BSW aus, das ein Gesetz | |
| > zur Rundfunkreform nicht mittragen will. Die Koalition mit der SPD | |
| > wackelt. | |
| Bild: Vergangene Eintracht: Regierungsbeginn für die BSW-Fraktion im Brandenbu… | |
| Die Zukunft der Koalition aus SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) | |
| in Brandenburg, die einzige ihrer Art in einem deutschen Landtag, ist | |
| offen. Die größte Streitlinie verläuft dabei nicht zwischen den beiden | |
| Parteien, sondern durch die zwölfköpfige BSW-Fraktion im Parlament in | |
| Potsdam. Die Auseinandersetzung erreichte am Dienstagabend in mehreren | |
| Parteiaustritten einen vorläufigen Höhepunkt | |
| Anlass ist die Abstimmung über Staatsverträge zur Rundfunkreform, denen | |
| schon die meisten Bundesländer zugestimmt haben und die ab dem 1. Dezember | |
| gelten sollen. Am Mittwoch verhinderte nur die Zustimmung der | |
| oppositionellen CDU eine Abstimmungsniederlage in einem Ausschuss des | |
| Landtags. Die eigentliche Entscheidung steht nächste Woche in einer | |
| Plenarsitzung des Parlaments an. | |
| SPD und BSW koalieren seit Dezember 2024 im Landtag mit knapper Mehrheit. | |
| Eine von der SPD als Siegerin der Landtagswahl knapp drei Monate zuvor | |
| bevorzugte Koalition mit der CDU war nicht möglich: Im Landtag verfügen | |
| beide Parteien nur über 44 der 88 Sitze. SPD und BSW kommen zusammen auf | |
| 46. Die einzige weitere Fraktion stellt die AfD. Die von 2019 bis 2024 in | |
| einer Kenia-Koalition mitregierenden Grünen und die Linkspartei waren bei | |
| der Wahl an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. | |
| Innerhalb des Kabinetts verläuft die Zusammenarbeit seither weitgehend | |
| reibungslos. Dazu beitragen dürfte, dass zwei der drei vom BSW gestellten | |
| Regierungsmitglieder lange Zeit den Sozialdemokraten angehörten. | |
| Finanzminister Robert Crumbach war 41 Jahre lang Mitglied der SPD, | |
| Sozialministerin Britta Müller saß von 2014 bis 2019 für sie im Landtag. | |
| ## Wagenknecht kritisierte die Austritte | |
| Den nun im Parlament anstehenden Rundfunkstaatsverträgen hatte die | |
| Regierung samt ihren BSW-Ministern schon im Frühjahr zugestimmt. Widerstand | |
| kommt aber aus der BSW-Fraktion, der die Reformen nicht weit genug gehen. | |
| Noch nicht mal ein Reförmchen sei das, war von BSW-Fraktionschef Niels-Olaf | |
| Lüders am Mittwoch im Hauptausschuss des Parlaments zu hören. | |
| Große Begeisterung dafür war zwar auch bei der SPD nicht zu vernehmen. Doch | |
| die Verträge seien immerhin kleine Schritte, hieß es – wenn man jetzt nicht | |
| zustimme, hätte man noch nicht mal die. Bis sich nach einer Ablehnung alle | |
| 16 Bundesländer auf eine andere Vertragsfassung einigen, würden Jahre | |
| vergehen. Nach einstündiger Debatte hieß es im neunköpfigen Ausschuss | |
| schließlich 5:4 pro Verträge – mit je einer Ja- und einer Nein-Stimme vom | |
| BSW. | |
| Die CDU-Fraktion hatte bereits vorige Woche angekündigt, den Verträgen | |
| zuzustimmen. Sie sieht den eigentlichen Grund für den BSW-Widerstand in der | |
| auf mehr Profilierung zielenden Haltung ihres Bundesvorstands. Lüders bekam | |
| zu hören, er degradiere sich „zu einer Bauernfigur in einem Schachspiel von | |
| Sahra Wagenknecht“, der BSW-Bundeschefin. | |
| Mit zunehmend autoritären Tendenzen in ihrer Partei und Druck auf | |
| Abgeordnete haben auch die vier ausgetretenen Landtagsmitglieder ihren | |
| Schritt begründet. Sie kündigten zugleich an, sie würden weiter der | |
| BSW-Fraktion angehören und die Arbeit von SPD-Ministerpräsident Dietmar | |
| Woidke und der BSW-Minister unterstützen wollen. | |
| Wagenknecht selbst kritisierte die Austritte noch am Dienstagabend in der | |
| ARD-Sendung „Maischberger“. Sie finde es „wirklich problematisch, wenn | |
| einzelne Abgeordnete hier in einer wichtigen Position meinen, das müssten | |
| sie einfach anders machen, weil sie es vielleicht besser wissen“, sagte | |
| Wagenknecht. Sie hat am Montag angekündigt, den Vorsitz der nach ihr | |
| benannten Partei abgeben zu wollen. | |
| ## Komfortable Lage für die SPD | |
| Der Parteiaustritt, so sehr er für Schlagzeilen sorgte, versetzt die SPD in | |
| all diesen Turbulenzen in eine vergleichsweise komfortable Lage. Mit diesen | |
| vier Stimmen und jenen der CDU gäbe es bei der abschließenden | |
| Landtagsabstimmung über die Rundfunkverträge nächste Woche eine | |
| ausreichende Mehrheit. Dass die Mehrheit nicht mit einer eigenen | |
| Koalitionsmehrheit zustande kommt, würde die SPD offenbar als einmalige | |
| Ausnahme tolerieren. | |
| Der vierfache Parteiaustritt rückt für die SPD die Möglichkeit näher, dass | |
| sich im Fall eines Koalitionsbruchs der eine oder andere nun ausgetretene | |
| frühere BSW-Parlamentarier der SPD anschließt oder zumindest ihrer | |
| Fraktion. Eine einzige zusätzliche Stimme würde der SPD genügen, um dann | |
| mit der CDU eine Koalition bilden zu können. | |
| Die Christdemokraten galten schon Ende 2024 als jene, die eine Wiederwahl | |
| des seit 2013 amtierenden Ministerpräsidenten Woidke unterstützten, wenn | |
| nicht sogar erst ermöglichten. [1][Im ersten Wahlgang hatte Woidke nur 43 | |
| Stimmen bekommen] und damit drei weniger bekommen, als die Koalition Sitze | |
| hat. Im zweiten waren es, wiederum in geheimer Wahl, 50 Stimmen. | |
| 12 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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