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# taz.de -- Hans-Peter Feldmann-Ausstellung: Der Anti-Künstler
> Im Kunstpalast Düsseldorf sind die lakonischen Bilder und obsessiven
> Nippes-Ansammlungen des 2023 verstorbenen Künstlers Hans-Peter Feldmann
> zu sehen.
Bild: Alltägliches der deutschen Industriekultur in den Kontext der Kunst gest…
Im Düsseldorfer Kunstpalast habe er die erste Nackte gesehen, in der
Sammlung alter Meister, so der Künstler Hans-Peter Feldmann (1941–2023)
einmal. Deshalb hatte er auch nichts dagegen, als diese Institution 2021 an
ihn herantrat, um ihm eine Retrospektive auszurichten. Einzige Bedingung:
Er wollte damit keine Arbeit haben. Diese Lakonie war typisch für Feldmann,
sein Verhältnis zu Düsseldorf aber auch zwiegespalten. Hier hätte er gerne
studiert. Seine Bewerbung, in den 1960er Jahren, wurde aber von der
Kunstakademie abgelehnt. Er ging stattdessen an die damalige Städtische
Kunstschule im oberösterreichischen Linz.
Auch als er später wieder ins Rheinland zog, blieb er in selbstgewählter
Distanz zur dortigen Kunstszene. Humor wurde sein künstlerisches
Instrument, als Hybrid von konzeptionellem Tiefgang und amüsantem Klamauk.
Und er blieb dem Kunstmarkt gegenüber skeptisch, nicht ohne ironische
Verweise in seinen Arbeiten auf die Düsseldorfer Großkünstler vom Schlage
eines [1][Joseph Beuys], Gerhard Richter oder der Bechers.
In zehn Räumen bilden nun rund 80 Arbeiten die gesamte Bandbreite von
Feldmanns Œuvre ab, von Fotografie über grafische und plastische Arbeiten
bis zu seinen künstlerischen Sammlungen. Alles ist chronologisch
arrangiert, was Feldmann wohl so nicht gefallen würde. Den Beginn machen
seine ersten Fotoarbeiten, Serien von der tristen Oberkasseler Brücke in
Düsseldorf oder über eine Nachbarin, die in rituellem Rhythmus ihre Fenster
putzt. Eine Auswahl seiner kleinen „Bilderhefte“ unterschiedlichen Formats
baumelt in der Ausstellung von der Decke. Die Heftchen bündeln in grauem
Kartonumschlag eigene Fotografien oder Trouvaillen vom Flohmarkt und kommen
lapidar daher. Als „5 Bilder“ gelten sie ungemachten Betten, als „7 Bilde…
Familienfotos, als „45 Bilder“ Schuhen. „1 Bild“ widmet sich einem Klei…
Auf 70 Teile wächst 1974 eine vestimentäre Bestandsaufnahme an: „all the
clothes of a woman“.
Auf 101 Fotografien schwillt 2001 dann Feldmanns Fundus von
Menschenbildnissen im Alter zwischen wenigen Monaten und 100 Jahren an.
Auch hier sind nicht alles eigene Fotografien. Der Raum ist nach seinen
Angaben choreografiert, dazu zählt der üppig bunte Blumenstrauß, der
regelmäßig erneuert wird. Unter den Porträtierten ist auch Feldmanns Nichte
Julia, sechs Jahre alt. Sie wird eine künstlerische Partnerin, ist für
verfremdende Farbfassungen der Kopien klassischer Plastiken verantwortlich:
die poppige Nofretete, der dunkelhäutige Mini-David. Erst recht aber war es
Feldmanns Ehefrau.
Obwohl der Künstler auf der Documenta 1972 und 1977 vertreten war, blieb
ihm der große Durchbruch verwehrt. Er empfand es zumindest so und zog sich
mit seiner Frau über Jahre in ihren bereits 1975 in der Düsseldorfer
Altstadt eröffneten Laden zurück. Technische Antiquitäten, aber auch
Nippes, Kuckucksuhren und mechanisches Blechspielzeug: Dieser Laden, der
mehrfach umziehen musste, wurde zu einer überbordenden Wunderkammer
„individueller Mythologien“, nach Harald Szeemanns für die Documenta 1972
eingeführten Begriff – und zum Gesamtkunstwerk.
Als großes Environment wechselte es 2015 ins Münchner Lenbachhaus. In der
Düsseldorfer Ausstellung geben ein paar Vitrinen mit Kuriosa einen kleinen
Einblick in diese künstlerisch kombinatorische Sammlungsobsession.
1989 stellte Feldmann wieder aus: eine alte Präsentation. [2][Kasper König]
konnte ihn überreden. Für dessen [3][Skulptur-Projekte in Münster] nahm
sich Feldmann 2007 der unterirdischen WC-Anlage am Domplatz an,
reaktivierte sie mit farbigen Fliesen, floralen Bildern und seinem
typischen Trödel. Kritiker:innen war das zu seicht, halt nur nettes
Design.
Malen, ganz konventionell „Kunst machen“ wollte Feldmann eben nicht. Für
seine 15 „Seestücke“ fand er Bilder entsprechenden Genres auf dem
Flohmarkt, ließ von seinem Kollegen Joseph Sappler, selbsternannter
„Bildbearbeiter“ Feldmanns, alle Schiffe entfernen, nur die Naturgewalten
blieben übrig. Das Duo setzte rote Nasen auf Klassiker der Porträtkunst,
versah sie mit schielendem Blick.
Aber Feldmann konnte auch Härteres. Als sich im Februar 2000 in Österreich
die erste Regierung unter Beteiligung der rechtsnationalen FPÖ vereidigen
ließ, nahm er das Wiener Politmagazin Profil auseinander: nur Bilder, kein
Text, zu „Europas Schande“. Nach 2001 sammelt er über 150 Titelseiten zum
Terroranschlag auf das World Trade Center und entlarvte ihre stereotype
Bildpolitik. Denn lässt sich eine komplexe Weltensituation durch eine
Handvoll immer gleicher Schreckensphotos ausdeuten? Als zu einfältig
empfand er wohl auch die perfekten Fototableaus [4][technischer Bauten, mit
denen Bernd und Hilla Becher] berühmt wurden. Stattdessen griff Feldmann
zur Großformatfotografie, um darauf industriell erzeugte Brotscheiben
abzulichten. Ein Abzug davon lehnt jetzt im Kunstpalast ganz leger an der
Wand.
12 Nov 2025
## LINKS
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[3] /Skulptur-Projekte-Muenster-2017/!5418304
[4] /Fotografie-von-Tata-Ronkholz-in-Koeln/!6083191
## AUTOREN
Bettina Maria Brosowsky
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