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# taz.de -- Jurist:innen im Staatsexamen: Sitzen nur Männer am Tisch, ist das …
> Das Staatsexamen gilt als Inbegriff des Leistungsprinzips. Doch in
> Hamburg sitzen in vielen Kommissionen nur Männer und die benoten Frauen
> schlechter.
Bild: Strukturell benachteiligt: Frauen bekommen systematisch schlechtere Noten…
Das Staatsexamen ist für Jurist:innen die entscheidende Prüfung: Es
öffnet Türen zu Karrieren als Richter:in, Staatsanwält:in oder
Anwält:in – oder schließt sie für immer. [1][Dass Frauen hier
systematisch schlechter abschneiden als Männer] – in Hamburg besonders
deutlich –, verweist auf ein strukturelles Problem: Nicht die Leistung ist
ausschlaggebend, sondern das System, das sie bewertet.
Denn in den schriftlichen Prüfungen, die anonym und standardisiert
stattfinden, unterscheiden sich die Ergebnisse kaum. Der Bruch kommt in der
mündlichen Prüfung – dort also, wo keine Anonymität herrscht und das Urteil
einer Kommission zählt. [2][Studien] zeigen dabei schon seit Jahren:
[3][Sitzen nur Männer am Tisch, fallen die Noten von Kandidatinnen messbar
schlechter aus]. Und gerade die mündliche Note entscheidet, wer das
begehrte Prädikat erreicht – den Schlüssel zu den besseren Karrieren.
In Hamburg sitzen in vielen Kommissionen fast nur Männer. Das ist ein
Problem, weil Noten die Wahrnehmung spiegeln. Wer als Frau selbstbewusst
auftritt, gilt schnell als forsch; wer vorsichtig argumentiert, gilt eher
als unsicher. Beides kann negativ ausgelegt werden – und beides hat mit
juristischer Qualität nicht viel zu tun.
Die Justizverwaltung verweist auf die Erfahrung ihrer Prüfer:innen. Aber
Erfahrung schützt nicht vor unbewussten Vorurteilen. Hamburgs Strukturen
verstärken deshalb das Ungleichgewicht.
## Staatsexamen als Inbegriff des Leistungsprinzips
Viele Kandidatinnen tragen zugleich mehr familiäre Verpflichtungen. Ein
starres Prüfungssystem, das Flexibilität kaum kennt, benachteiligt sie
zusätzlich.
Gerade deshalb ist der Befund so brisant. Das Staatsexamen gilt als
Inbegriff des Leistungsprinzips: Dort zählt Wissen, nicht das Geschlecht.
Wenn aber selbst hier die Waage kippt, hat die Justiz ein
Glaubwürdigkeitsproblem. Wer Fairness prüft, sollte sie auch praktizieren.
Helfen würden paritätisch besetzte Kommissionen. Wo Frauen und Männer
gemeinsam prüfen, gleichen sich Perspektiven aus und unbewusste Vorurteile
werden eher korrigiert.
Eine regelmäßige, transparente Auswertung der Prüfungsergebnisse nach
Geschlecht könnte zudem sichtbar machen, wo und wie die Benachteiligung
entsteht. Erst dort könnte eine Reform ansetzen.
Zugleich braucht das System mehr Selbstkritik. Die juristische Prüfung
misst eben nicht nur Wissen, sondern Auftreten, Sprachstil, Sicherheit. Wer
im Habitus dem klassischen Juristenbild entspricht – meist männlich,
souverän, laut –, hat Vorteile. Eine Prüfung, die Rhetorik und
Selbstvertrauen höher gewichtet als analytische Präzision, misst aber nicht
die juristische Qualität, sondern Sozialisation.
Wenn die juristische Ausbildung ernst nehmen will, was sie lehrt –
Gleichheit vor dem Gesetz –, muss sie auch den Zugang zu guten Noten
gerechter gestalten. Und diese Vielfalt im juristischen Denken wäre ganz
grundsätzlich ein Gewinn an Perspektive und Qualität.
Dass Frauen in Hamburgs Staatsexamen so deutlich schlechter abschneiden,
ist also ein Prüfstein für den Zustand des Rechtsstaats. Denn Gerechtigkeit
beginnt nicht erst vor Gericht, sondern in den Verfahren, die bestimmen,
wer dort eines Tages Recht sprechen darf. Wenn der Rechtsstaat ernst meint,
was er predigt, muss er bei sich selbst anfangen – mit einer
Prüfungskultur, die Gleichheit nicht behauptet, sondern herstellt.
13 Nov 2025
## LINKS
[1] /Benachteiligung-im-Jura-Examen/!6123156
[2] https://www.hertie-school.org/en/news/detail/content/study-women-awarded-lo…
[3] https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3269193
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Staatsexamen
Justiz
Gleichberechtigung
Ausbildung
Frauen
Social-Auswahl
Hamburg
Sexualstrafrecht
Richterin
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