| # taz.de -- Sexuelle Gewalt als Methode: Ein Albtraum, der immer noch im Körpe… | |
| > Nicht nur das Trauma des 7. Oktober tut weh. Sondern auch, wie Teile der | |
| > Welt bis heute reagieren: mit Zweifel, mit Leugnen und Umkehrung. | |
| Bild: Ein Plakat mit Rom Braslavski: eine der Geiseln, die von der Hamas zwei J… | |
| Seit die letzten israelischen Geiseln [1][freigelassen wurden] und auf den | |
| 7. Oktober endlich der 8. Oktober folgen konnte, geht mir ein Gedanke nicht | |
| aus dem Kopf: dieses Bild eines Albtraums, aus dem man erwacht, der aber | |
| noch lange im Körper steckt. | |
| So beschrieben es Angehörige oft: zwei Jahre lang festgehalten in der Zeit. | |
| Und selbst jetzt, wo die Waffenruhe im Gazastreifen mal mehr, mal weniger | |
| gut hält, lässt sich nicht ungeschehen machen, was geschehen ist. | |
| Als ich [2][Rom Braslavski] zuhörte, wurde mir bewusst, wie wenig wir immer | |
| noch wissen. Der 21-jährige Deutsch-Israeli war am 7. Oktober entführt | |
| worden und über zwei Jahre Geisel des „Islamischen Dschihad“. Vor wenigen | |
| Wochen sprach er öffentlich aus, was viele im Westen leichtfertig | |
| relativiert oder geleugnet hatten. Er berichtete von sexueller Gewalt, von | |
| totaler Erniedrigung. Wie er nackt gefesselt wurde, ohne Nahrung, dem | |
| Sterben nah. „Es war sexuelle Gewalt – und ihr Hauptzweck war, mich zu | |
| erniedrigen.“ Mehr könne er nicht erzählen, sagte er unter Tränen. | |
| Nicht nur das Trauma zerstört. Sondern auch, wie die Welt reagiert: | |
| Zweifel, Leugnen, Umkehrung. Wie eine zweite Gewalt wirken diese | |
| Erfahrungen. | |
| ## Mit jüdischen Opfern trauern | |
| Das Vertrauen in internationale Organisationen ist bei vielen Juden | |
| geschwunden. Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis die Vereinten Nationen | |
| die Hamas wegen der sexuellen Gewalt vom 7. Oktober auf ihre schwarze Liste | |
| setzten. Zwei Jahre, in denen gezweifelt, bagatellisiert, abgewunken werden | |
| konnte. Dass es zur Entscheidung der UN kam, ist auch Verdienst der | |
| unermüdlichen Arbeit israelischer Forscherinnen – etwa des Dinah Project –, | |
| die das Ausmaß dokumentierten und dafür kämpften, gehört zu werden. | |
| Und doch bleibt die Frage: Warum scheint es Teilen der Welt bis heute | |
| unmöglich, mit jüdischen Opfern zu trauern? | |
| Die ehrlichste Antwort ist nicht neu: Viele sehen Juden lieber als passive | |
| Objekte – als Opfer, die sich nicht wehren sollen. Zugleich haftet ihnen | |
| ein uraltes Bild an: Aus der mittelalterlichen Ritualmordlegende speisen | |
| sich bis heute zahllose Varianten, die Juden als Täter darstellen. Egal, | |
| wie vorbildlich jemand lebt: Tritt ein Jude daneben, bestätigt es nur den | |
| Mythos. In dieser binären Moralordnung gibt es nur Gute und Böse. Welcher | |
| „böse Täter“ soll also Opfer abscheulicher Taten werden können? | |
| Die Hamas hat in doppeltem Sinne ihr Ziel erreicht: Sie hat die Betroffenen | |
| körperlich gequält und sie durch verbreitete Bilder und Videos für immer | |
| entblößt, zugleich einen Informationskrieg gewonnen, in dem selbst Beweise | |
| nichts mehr gelten. Wie soll jemand, der unter der Erde in Geiselhaft war, | |
| perfekte Beweise liefern? Was bleibt außer der eigenen Erzählung? | |
| Den Opfern zu glauben, sie anzuhören, ist nur der erste Schritt. | |
| Täterstrukturen müssen benannt, Verantwortliche juristisch verfolgt werden. | |
| Die sexuelle Gewalt der Hamas war kein Exzess. Sie war Methode. Kein | |
| „Kollateralschaden“, sondern ein gezieltes Mittel zur Entmenschlichung. | |
| Hinter der [3][systematischen Gewalt der Terroristen] steht ein noch | |
| größeres System, das Brutalität ermöglicht und legitimiert. Die Gewalt vom | |
| 7. Oktober speist sich aus einem ideologischen Netzwerk, das von | |
| Verbündeten wie dem iranischen Regime gestützt wird, in dem sexuelle Folter | |
| ebenso als Werkzeug politischer Kontrolle, als Mittel, Identität zu | |
| brechen, genutzt wird. | |
| Israelische Opfer wurden von Frauen- wie Menschenrechtsaktivisten erst gar | |
| nicht, manchmal halbherzig anerkannt. Jetzt, kurz vor dem Internationalen | |
| Tag gegen Gewalt an Frauen, wäre ein guter Moment, die Opfer nicht aus dem | |
| Blick zu verlieren. Und die Strukturen, die diese Gewalt hervorbringen. | |
| Denn sie verschwinden nicht, nur weil die Aufmerksamkeit es tut. | |
| 24 Nov 2025 | |
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| [1] https://www.timesofisrael.com/israelis-erupt-in-joy-as-last-living-hostages… | |
| [2] /Propaganda-der-Hamas/!6101794 | |
| [3] /Expertin-ueber-sexuelle-Hamas-Gewalt-/!6113393 | |
| ## AUTOREN | |
| Erica Zingher | |
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