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# taz.de -- Nach Chanukka-Anschlag in Sydney: Ein Jahr des antisemitischen Terr…
> Das Massaker am Bondi Beach in Australien war der tragische Höhepunkt.
> Doch 2025 grassierte der antisemitische Terrorismus weltweit.
Bild: Nach dem Attentat: Blumengebinde vor dem Bondi Pavilion am Bondi Beach in…
Das antisemitische Massaker am australischen Bondi Beach in Sydney war der
traurige Gipfel eines tödlichen Jahres für jüdisches Leben weltweit. [1][15
Menschen sind bislang tot], nachdem mutmaßlich zwei Täter – ein Vater und
Sohn, offenbar vom „Islamischen Staat“ inspiriert – das Feuer bei einer
Feier zum ersten Chanukka-Tag eröffnet hatten. Das jüngste Todesopfer war
erst zehn Jahre alt, der älteste war ein 87-jähriger Shoah-Überlebender.
Dutzende wurden dabei verletzt, teils schwer.
Im Auto der Täter wurden neben IS-Flaggen auch Sprengsätze entdeckt. Dass
der Anschlag nicht noch tödlicher verlief, ist unter anderem Ahmed al-Ahmed
zu verdanken, einem muslimischen Obstverkäufer, der einen der Schützen
entwaffnete und dabei selbst verletzt wurde.
Der Anschlag in Sydney war jedoch nicht der einzige dieser Art 2025. Und im
Schatten des Hamas-Angriffs auf Israel vom 7. Oktober 2023 und des
darauffolgenden Gaza-Krieges, der nach zwei Jahren im Oktober mit einem
Waffenstillstand beendet wurde, richtete sich terroristische Gewalt gegen
jüdische Communitys in vielen Ländern.
Im Februar verletzte ein Täter, mutmaßlich aus Syrien, einen spanischen
Touristen am Berliner Holocaust-Mahnmal. Der Angriff wird von
Ermittlungsbehörden [2][als antisemitisch eingestuft], weil er Jüdinnen und
Juden habe töten wollen und aus diesem Grund den Tatort ausgewählt haben
soll.
Im Mai erschoss ein Mann, der zuvor in einer kommunistischen Kleinpartei
Mitglied war, [3][Yaron Lischinsky und Sarah Milgrim in Washington]. Zwei
weitere Personen wurden bei dem Anschlag verletzt. Sie wurden angegriffen,
als sie eine Veranstaltung im Jüdischen Museum des American Jewish
Committee verließen, die das Ziel hatte, junge Jüdinnen und Juden mit
Diplomaten zusammenzubringen, um über die humanitäre Krise in Nahost zu
sprechen.
## „Eskaliert für Gaza“
Milgrim und Lischinsky, der auch deutscher Staatsbürger war, arbeiteten bei
der israelischen Botschaft, die Auswahl der Opfer scheint nach dem
bisherigen Stand jedoch willkürlich gewesen zu sein. Eine Art Manifest, das
der Täter in den sozialen Medien hochlud, trägt den Titel: „Eskaliert für
Gaza, bringt den Krieg nach Hause“. Als er direkt nach der Tat von der
Polizei festgenommen wurde, rief er „Free, free Palestine.“
Knapp zwei Wochen später, Anfang Juni, warf ein Mann Molotowcocktails auf
friedliche Demonstrant*innen [4][in Boulder, Colorado], die an einem
Solidaritätsspaziergang für die damals noch von der Hamas und anderen
Terrororganisationen in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln
teilnahmen. Laut Medienberichten setzte der Täter auch einen Flammenwerfer
ein. Er verletzte dabei mindestens sieben Menschen, darunter eine
88-jährige Shoah-Überlebende. Die 82-jährige Karen Diamond starb später im
Krankenhaus.
Und im Oktober, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, fuhr ein
mutmaßlich islamistischer Täter sein Auto in eine Menschengruppe [5][vor
einer Synagoge im britischen Manchester], bevor er auf mehrere Personen mit
einem Messer einstach und einen dabei ermordete. Polizisten erschossen den
Täter – eine Kugel traf auch ein Mitglied der jüdischen Gemeinde tödlich.
Für die jüdische Community in Australien insbesondere war das vergangene
Jahr eines des Terrors: [6][gegen zwei Synagogen] in Melbourne sowie gegen
ein koscheres Restaurant und einen jüdischen Kindergarten in Sydney wurden
Brandanschläge verübt. Weitere Synagogen wurden mit antisemitischen und
antiisraelischen Graffiti beschmiert, darunter Hakenkreuze. Autos in
jüdischen Nachbarschaften wurden angezündet. In einigen Fällen sollen
Agenten der Islamischen Republik in Iran involviert gewesen sein – der
iranische Botschafter in Australien wurde inzwischen des Landes verwiesen.
Rund 117.000 Jüdinnen und Juden leben dort, die allermeisten davon sind
Nachfahren der Shoah, die aus Europa unter der Nazi-Herrschaft geflohen
waren. Das Executive Council of Australian Jewry – eine Art Zentralrat der
australischen Juden – verzeichnete zwischen Oktober 2024 und September 2025
[7][rund 1.600 antijüdische Vorfälle], darunter Brandanschläge und
Sachbeschädigungen – etwa dreimal so viele Fälle wie in jedem Jahr vor dem
Krieg im Gazastreifen.
## Antisemitismus im Mainstream
Seit dem 7. Oktober sei Antisemitismus „aus den Randbereichen der
Gesellschaft in den Mainstream vorgedrungen“, schreibt die
australisch-jüdische Organisation, Judenhass sei inzwischen normalisiert
worden und könne sich ausbreiten. „Es ist nichts Neues, dass Antisemitismus
von Neonazis, der antiisraelischen Linken oder Islamisten ausgeht. Neu ist
jedoch die zunehmende ideologische Annäherung zwischen ihnen.“
In vielen Ländern sind antisemitische Straftaten auf Rekordniveau. Die
Anti-Defamation League, eine NGO in den USA, die politischen Extremismus
und Antisemitismus bekämpft, [8][verzeichnete für das Vorjahr mehr als
9.300 Vorfälle] – der Höchststand seit Beginn ihrer Aufzeichnung 1979. In
Großbritannien [9][zählte die Community Security Trust], die die jüdische
Gemeinde schützt und Antisemitismus dokumentiert, 3.500 Vorfälle – die
zweithöchste Jahresgesamtzahl nach 2023, was wiederum eine Verdopplung
gegenüber 2022 war. In Deutschland verzeichnet Rias, eine
Antisemitismus-Meldestelle, [10][für 2024 mehr als 8.600 Vorfälle] – ein
Anstieg von 77 Prozent.
Die Chanukka-Feier am Bondi Beach in Australien, die angegriffen wurde, war
eine Veranstaltung der chassidischen Chabad-Bewegung, auch Lubavitch
genannt. Zwei der Todesopfer waren Chabad-Rabbiner: Eli Schlanger und
Yaakov Levitan. Chabad ist zwar eine ultraorthodoxe Strömung, rekrutiert
aber gerne neue Mitstreiter*innen und agiert im Vergleich zu anderen
Haredi-Sekten sehr offen.
Weltweit sind Chabad-Häuser entstanden: von Bangkok bis Timbuktu. Das macht
Chabad-Vertreter, die teilweise mit langen Bärten und schwarzen Hüten in
der Öffentlichkeit als gläubige Jüdinnen und Juden leicht zu erkennen sind,
zunehmend zur Zielscheibe antisemitischer Gewalt.
Im November 2024 wurde der Rabbiner Zvi Kogan in den Vereinigten Arabischen
Emiraten entführt und ermordet. 2019 überfiel ein Rechtsextremer am letzten
Tag des Pessach die Chabad-Synagoge in Poway, Kalifornien, und erschoss
dabei die 60-jährige Lori Gilbert-Kaye. Und 2008 wurde das Chabad-Haus in
Mumbai angegriffen: Sechs Menschen, darunter der Rabbiner Gavriel Holtzberg
und seine schwangere Frau Rivka, wurden entführt und dann ermordet.
Nach dem Anschlag am Bondi Beach in Australien wird die Kritik laut: Die
Chanukka-Feier wurde lediglich von zwei Polizisten geschützt. Gleichzeitig
geben antiisraelische Aktivist*innen in den sozialen Medien den
„Genozid-Zionisten“ für das Massaker selbst die Schuld und rufen nach wie
vor zur „Globalisierung der Intifada“ auf – eine Anspielung auf zwei Well…
tödlicher, terroristischer Gewalt in Nahost. Der Krieg in Gaza scheint
vorbei zu sein. Antisemitische Gewalt grassiert jedoch weiterhin weltweit.
18 Dec 2025
## LINKS
[1] /Nach-dem-Terroranschlag-in-Australien/!6138286
[2] /Messerangriff-am-Holocaust-Denkmal/!6131367
[3] /Toedliche-Schuesse-in-USA/!6086185
[4] /Radikalisierung-durch-Gaza/!6089972
[5] /Nach-dem-Anschlag-in-Grossbritannien/!6117572
[6] https://www.abc.net.au/news/2025-08-21/second-man-charged-adass-israel-syna…
[7] https://www.ecaj.org.au/wordpress/wp-content/uploads/ECAJ-Report-Anti-Jewis…
[8] https://www.adl.org/resources/report/audit-antisemitic-incidents-2024
[9] https://cst.org.uk/news/blog/2025/02/12/antisemitic-incidents-report-2024
[10] https://www.report-antisemitism.de/documents/04-06-25_RIAS_Bund_Jahresberi…
## AUTOREN
Nicholas Potter
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