Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wettlauf um Olympische Spiele ab 2036: Stoppt die Bewerbung!
> Vier Tage nach dem klaren Pro-Olympia-Votum in München hält Berlins
> Politik noch immer an einer Bewerbung fest. Das ist kostspieliges
> Wunschdenken.
Bild: Berlin sollte nach dem sehr erfolgreichen Münchner Bürgervotum (hier di…
Klarer konnte das Votum nicht ausfallen: Zwei Drittel haben beim
Bürgerentscheid in München am Sonntag für eine Olympiabewerbung gestimmt.
Anders als in Berlin ist die breite politische und gesellschaftliche Basis
für olympische Spiele 2026, 2040 oder 2044 nun auch in Zahlen
festgeschrieben.
Doch Berlins Politik hält auch vier Tage später an einer Bewerbung fest,
statt vor diesem Hintergrund die Reißleine zu ziehen und dem klammen
Landeshaushalt die dafür vorerst eingeplanten 6 Millionen zu sparen. Das
grenzt an Geldverbrennen und geht zu Lasten derer, die damit weit
Sinnigeres anfangen könnten.
Bis Sonntag hatten der schwarz-rote Senat, der Landessportbund und
überhaupt alle, die wie der Autor dieser Zeilen gerne die besten
Sportlerinnen und Sportler mehrere Wochen geballt in der eigenen Stadt
sehen würden, noch hoffen können. Ja, da war der mangelnde hiesige
Rückhalt, ja, da mauerten in Form von Linkspartei und Grünen zwei mögliche
künftige Regierungsparteien.
Aber hatten die Münchner sich nicht 2013 auch gegen Olympia gestellt? 48 zu
52 Prozent ging damals der Bürgerentscheid über eine Bewerbung für die
Olympischen Winterspiele 2022 aus. Warum sollte das nicht wieder passieren
– auch wenn sich schon vorher ein anderes Stimmungsbild andeutete?
## Der DOSB will im Herbst 2026 entscheiden
Bis Sonntag war es darum auch legitim, für eine erste Bewerbungsphase
besagte sechs Millionen Euro einzuplanen – für jene Phase, in der es darum
gehen sollte, sich gegen die innerdeutsche Konkurrenz in Hamburg, München
und der Rhein-Ruhr-Region durchzusetzen. Zu überzeugen gewesen wären dabei
die Mitglieder des Deutschen Olympischen Sportbund, der sich nach selbst
gesetztem Zeitplan im Herbst 2026 bei seiner Hauptversammlung auf einen
deutschen Austragungsort festlegen will.
Hätte sich in München – wenn überhaupt – nur eine knappe Mehrheit gefund…
hätte man den DOSB-Entscheidern verklickern können: Viel anders ist es bei
uns in Berlin auch nicht, 51 Prozent kriegen wir schon hinter uns. Wobei
auch das schwierig gewesen wäre, nachdem sich im Sommer bei einer Umfrage
im Auftrag der Morgenpost nur 32 Prozent für eine Bewerbung aussprachen,
aber 56 dagegen. Selbst wenn die 12 Prozent Unentschiedenen dabei durchweg
noch zu Befürwortern geworden wären, wäre es bei einer Minderheit von 44
Prozent geblieben.
Doch die Dinge sind anders gekommen. Exakt 66,4 Prozent haben sich am
Sonntag in München hinter eine Bewerbung gestellt. Das war auch kein
Zufallsergebnis – bei keinem Bürgerentscheid in München zuvor war die
Beteiligung höher.
Ein Grund dafür dürfte auch der breite politische Rückhalt sein. Anders als
in Berlin unterstützten die Grünen mehrheitlich sowohl im Stadtrat und vor
allem im Landtag eine Bewerbung. [1][Allein die örtliche Linkspartei warb
in München vor dem Bürgerentscheid unter der Überschrift „NOlympia!“ für
ein Nein zur Bewerbung].
## Berlins Verfassung lässt keine schnelle Abstimmung zu
In Berlin hat die Linksfraktion [2][im Abgeordnetenhaus bereits
angekündigt, ein mögliches Volksbegehren gegen die Austragung olympischer
Spiele zu unterstützen]. Dieses Verfahren würde sich – weil in Berlin
verfassungsmäßig anders als in München oder Hamburg kurzfristig vom
Parlament ansetzbare Abstimmungen nicht möglich sind – über zwei Jahre
hinziehen. Ein mögliches „Nein“ stünde erst lange nach dem Herbst 2026
fest, in dem sich der DOSB entscheiden will. Ein mögliches Pro-Berlin-Votum
wäre dadurch konterkariert.
Vor diesem Hintergrund wirkt es angesichts der Berliner Haushaltslage
unverantwortlich, auch nur noch einen Euro in eine Bewerbung zu stecken.
Zwar mögen die dafür vorgesehenen 6 Millionen gering angesichts eines
Landeshaushalts von jährlich rund 40 Milliarden als kleine Summ erscheinen.
Aber man muss in diesen Tagen nur Bezirksbürgermeisterinnen- und meistern
zuhören. Dann erschließt sich schnell, wie weit sinniger sich die 6
Millionen investieren ließen.
Die Rathauschefin im Bezirk Mitte etwa, Stefanie Remlinger von den Grünen,
berichtete Journalisten jüngst, man habe beispielsweise mit nur 800.000
Euro habe die organisierte Kriminalität vom Leopoldplatz vertrieben. In den
Bezirken mache man quasi Gold aus jedem einzelnen Euro. [3][Einen Betrag in
der Größenordnung der Bewerbungskosten ordnete sie dabei als „eine
unglaubliche Summe“ ein.]
So schön die Sache mit den Spielen in der eigenen Stadt gewesen wären:
Wertvolles Geld in eine nun aussichtslos wirkende Olympia-Bewerbung zu
stecken ist wie mit dem Kopf durch die Wand zu wollen – bloß mit dem
Unterschied, dabei nicht bloß den eigenen Kopf zu beschädigen. Der Brief
mit der Absage könnte morgen schon rausgehen. Adressat: Deutscher
Olympischer Sportbund e.V., Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt am
Main.
30 Oct 2025
## LINKS
[1] https://die-linke-muc.de/#/homepage
[2] /Die-umstrittene-Olympiabewerbung-Berlins/!6115068
[3] /!s=REmlinger/
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Haushalt
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kai Wegner
Sport
Kolumne Press-Schlag
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Grüne und Olympische Spiele: Eine Partei, zwei Haltungen
In München und anderswo stehen die Grünen hinter einer Olympiabewerbung, in
Berlin aber nicht. Zu ihren Regierungszeiten war das noch anders.
Gemeinsame Kabinettssitzung in Potsdam: Kai Wegner will die Berliner direkt bef…
Der Regierungschef wirbt für einen schnell ansetzbaren Volksentscheid. In
Hamburg kann das Parlament schon seit 2015 so etwas auf den Weg bringen.
Bewerbung für Olympia: Das Ende einer olympischen Depression
München hat sich deutlich für eine Austragung der Olympischen Spiele
ausgesprochen. Damit ist die Stadt ein Beispiel, dem andere Städte folgen
sollten.
Olympiaabstimmung in München: Der Preis des olympischen Zaubers
Olympische Spiele sind ein wahrhaft wunderbares Event für eine Stadt – und
teuer. Die deutschen Bewerber sollten sich endlich ehrlich machen.
Olympische Sommerspiele 2036-2044: Bewerbung in der Hand der Bayern
Am Sonntag stimmt Konkurrent München über eine Olympia-Austragung ab. Ein
klares „Ja“ dort dürfte Berlins Chancen deutlich mindern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.