| # taz.de -- UN-Bericht zu Klimaanpassung: Mit dem Wasser bis zum Hals | |
| > Die gefährdetsten Länder bekommen oft am wenigsten Geld für Anpassung an | |
| > die Erderhitzung. Ein Vorschlag: Milliardäre müssten mehr beitragen. | |
| Bild: Bau eines neuen Staudamms in Bangladesch 2021; der alte wurde von einem Z… | |
| taz | Ärmere Länder entwickeln zunehmend Pläne, wie sie sich an die | |
| Erderhitzung anpassen wollen. Die Gelder für diese Anpassung sind aber | |
| deutlich zu wenig und sehr ungerecht verteilt. Das stellen ein Bericht zu | |
| Anpassungsplänen der Vereinten Nationen und ein Index für | |
| Anpassungsfinanzierung der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt fest, | |
| die am Dienstag veröffentlicht wurden. | |
| „Die Bundesregierung sollte nicht zu kurz denken und an der | |
| Klimafinanzierung sparen“, warnt Sabine Minninger, Klima-Expertin von Brot | |
| für die Welt. Nicht nur habe Deutschland [1][als einer der größten | |
| CO2-Emittenten der Welt] eine moralische Verantwortung gegenüber Menschen | |
| in ärmeren Ländern, die zur Erderhitzung kaum beigetragen haben, aber an | |
| den Folgen verarmen, erkranken oder sterben. | |
| „Wenn man Flucht bekämpfen will, sollte man nicht Flüchtlinge, sondern | |
| Fluchtursachen bekämpfen“, sagt Minninger. Der Klimawandel werde zum | |
| Fluchttreiber. Zunehmende Dürren oder der Meeresspiegelanstieg vertreiben | |
| bereits heute Millionen Menschen. Diese Katastrophen zu mildern, sei am | |
| menschlichsten und am billigsten dadurch zu erreichen, indem | |
| Anpassungsmaßnahmen vor Ort [2][angemessen gefördert werden], sagt | |
| Minninger. | |
| Brot für die Welt zufolge konnten sich die Länder im Globalen Süden im | |
| Untersuchungszeitraum 2016-22 erstmals besser an die Klimakrise anpassen | |
| als zuvor. In Bangladesch, sagt Minninger, seien zum Beispiel dank neuer | |
| Deiche, Frühwarnsysteme und Zyklon-sicherer Schutzbunker deutlich weniger | |
| Menschen bei Tropenstürmen gestorben als zuvor. | |
| Insgesamt sind laut Brot für die Welt die Anpassungsbedarfe der meisten | |
| Länder aber „stark unterfinanziert“. Nur einer von tausend Menschen in | |
| Entwicklungsländern erhalte seinen angemessenen Anteil internationaler | |
| Anpassungsgelder. | |
| ## Ärmste Länder bekommen besonders wenig Geld | |
| Die Lücke in der Anpassungsfinanzierung [3][betrug laut dem Adaptation | |
| Gap-Report der UN 2024 bis zu 359 Milliarden US-Dollar]. Diese Lücke wurde | |
| für die nötige Anpassung weltweit berechnet, ist aber je nach Land sehr | |
| unterschiedlich. Für ihren Anpassungsindex hat Brot für die Welt deshalb | |
| die Anpassungsgelder der Geberländer von 2016 bis 2022 abgeglichen mit dem | |
| Klimarisiko einzelner Staaten. | |
| Am stärksten betroffen vom Klimawandel und am schlechtesten finanziert sind | |
| dem Index zufolge fragile, arme Staaten wie Südsudan, Niger und | |
| Afghanistan. Besonders in Afrika erhalten zahlreiche Staaten deutlich zu | |
| wenig Geld. Deutschland verteile seine Anpassungsgelder „nur ein | |
| klitzekleines bisschen besser“ als der Durchschnitt, sagt Minninger. | |
| Seitdem die USA kaum noch Entwicklungshilfe leisten, ist Deutschland der | |
| größte Anpassungsgeldgeber vor Japan und Frankreich. | |
| Zu wenig Aufmerksamkeit erhält bei der Finanzierung laut Brot für die Welt | |
| die Geschlechtergerechtigkeit. Frauen leiden dem Weltklimarat zufolge oft | |
| stärker unter den Folgen der Erderhitzung, weil sie weniger Zugang zu | |
| Unterstützung bekommen. Außerdem wissen sie in ihrem Dorf oder ihrer | |
| Nachbarschaft oft besonders gut, wie Hilfe am besten verteilt werden kann. | |
| Nur 0,8 Prozent deutscher Anpassungsgelder zielen primär auf die | |
| Verbesserung von Geschlechtergerechtigkeit. Bei spanischen Geldern liegt | |
| der Anteil dagegen bei 32 Prozent. | |
| Um ausreichend Geld für Anpassung zu sammeln, fordert Minninger, dass | |
| Verursacher stärker an Klimaschutz und -anpassung beteiligt werden, zum | |
| Beispiel durch eine Abgabe auf Privatjets. „Es gibt keinen Grund, | |
| Milliardäre davon zu verschonen, zur Klimagerechtigkeit beizutragen.“ | |
| ## Viele Pläne gibt es schon | |
| Auf der UN-Klimakonferenz, die dieses Jahr im November in Brasilien | |
| stattfindet, wird Klimaanpassung ebenfalls Thema sein. Auch dort ist Streit | |
| ums Geld vorprogrammiert: Die ärmsten Länder wollen eine Verdreifachung der | |
| Finanzierung bis 2030. | |
| Bei der UN haben inzwischen 67 Länder ihre Anpassungspläne eingereicht. | |
| Darin legen sie dar, wie sie immer häufigere und heftigere Wetterextreme | |
| wie Stürme, Dürren und Hitzewellen bewältigen wollen. Außerdem beschreiben | |
| sie, wie zum Beispiel Bäuer*innen mit immer knapper werdendem Wasser und | |
| Küstendörfer mit steigenden Meeresspiegeln umgehen können. | |
| „In der ganzen Welt legen Regierungen das Fundament für widerstandsfähige | |
| Volkswirtschaften und Gesellschaften“, sagte UN-Klimachef Simon Stiell bei | |
| der Vorstellung des Berichts. Aber viele Länder hätten weiterhin keinen | |
| Zugang zur nötigen Finanzierung. „Zu oft sind sie mit komplizierten | |
| Genehmigungsverfahren konfrontiert, mit lückenhafter Unterstützung und zu | |
| abhängig von externer Expertise.“ | |
| 22 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Treibhausgasbericht-der-WMO/!6115951 | |
| [2] /EU-Klimaziel-laut-Gutachten-rechtswidrig/!6121908 | |
| [3] /Anpassung-an-den-Klimawandel/!6047428 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Waack | |
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