Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Merz, Seibt und die Ausnahmesituation: Allgemeine Plan-B-losigkeit
> Weil kein Ausnahmefall so läuft wie geplant, braucht es Plan B. Die
> rechte Influencerin Naomi Seibt hat einen. Merz täte gut daran, auch
> einen zu haben.
Bild: Naomi Seibt, bei der 47. jährlichen Conservative Political Action Confer…
Den besten Satz in Kathryn Bigelows neuem Spielfilm [1][„A House of
Dynamite“], liefert Admiral Mark Miller: „Es gibt keinen Plan B.“ Es ist
seine Antwort auf die Frage, um die der ganze Film kreist: Was tun
US-amerikanische Sicherheitsbehörden und Regierungsmitglieder, wenn 19
Minuten bevor eine feindliche Atomrakete Chicago trifft, das militärische
Abwehrsystem versagt?
Das echte Pentagon ließ diese Woche wissen: [2][Haha, guter Plot-Twist!] Es
wies jedoch nachdrücklich darauf hin, dass sich die US-amerikanische Abwehr
in allerbester Verfassung befinde. Einen Tag zuvor [3][hatte der echte
Putin den erfolgreichen Test] der atomwaffenfähigen Rakete Burewestnik bzw.
Skyfall verkündet. Diese könne so gut wie jedes Abwehrsystem umgehen, was
Expert*innen von Carlo Masala bis USA umgehend für Quatsch erklärten.
[4][Bigelow freut sich], sie habe mit dem Film eine Diskussion über die
Sicherheitsarchitektur provozieren wollen. In welchem Zustand sich die
militärische US-Abwehr wirklich befindet, ist von dieser Kolumne aus nicht
zu beurteilen. Von hier aus interessant ist der Punkt, um den Bigelows Film
auch kreist: dass ein Ausnahmefall in der Regel nie genauso abläuft, wie
man sich das so vorstellt, selbst wenn dieses „man“ ein staatlicher
Sicherheitsapparat ist. Weicht der Ausnahmefall von der Regel ab, die für
ihn aufgestellt wurde, herrscht ein Ausnahmezustand, für den es kein
Playbook gibt.
## Hat Merz einen Plan A?
Wir erinnern uns: Noch [5][Ende Januar 2020 hatte Jens Spahn] wissen
lassen: „Grundsätzlich sind wir wachsam, wir nehmen die Dinge sehr ernst,
wir sind aber auch gut vorbereitet.“ Jeder habe seine genau zugewiesene
Aufgabe und wisse, was zu tun sei. Weil am Ende dann doch niemand auf den
Bedarf von Masken im Falle eines hoch ansteckenden Atemwegsvirus
vorbereitet war, packte der Gesundheitsminister seinen Plan B aus und
kaufte entgegen aller Ratschläge völlig überteuerte Masken für Hunderte
Millionen Euro.
So langsam könnte man den Eindruck gewinnen, es herrscht eine allgemeine
Plan-B-Losigkeit. Hat die deutsche Autowirtschaft einen Plan B, wenn China
[6][keine Seltenen Erden] mehr liefert? Hat die EU einen Plan B, wenn der
vorletzte Fischer [7][demnächst den letzten Dorsch aus der Ostsee] geholt
haben wird? Hat die Welt einen Plan B als Alternative zum Zugucken [8][bei
der Massentötung im Sudan]?
Ob Friedrich Merz einen Plan A hat, kann bezweifelt werden. Sicher aber
wäre ihm ein Plan B anzuraten für den Fall, dass sein nach rechts
blinkender Populismus dahin führt, wie es viele prophezeien: zur
Wähler*innenwanderung in Richtung AfD.
## Naomi Seibt hat einen Plan
Einen vermeintlichen Plan B packen zurzeit die Rechtsradikalen aus. Die
rechte Influencerin [9][Naomi Seibt verkündete diese Woche], in den USA
Asyl beantragt zu haben, weil sie als Anwältin der Meinungsfreiheit und
Unterstützerin der AfD in Deutschland von staatlichen Sicherheitsbehörden
überwacht, von staatlichen Medien verfolgt und von der Antifa mit dem Tode
bedroht würde.
Praktisch ist, dass sie sowieso schon in den USA lebt, wo sie jetzt Donald
Trump anbietet, sie als erste politisch Geflüchtete aus dem
Meinungsgefängnis Deutschland aufnehmen zu können. Nicht auszuschließen,
dass der unberechenbare Trump dieses Angebot annimmt.
Na gut, die Linken könnten sagen: Plan erfüllt – „Nazis raus“. Ein guter
Plan war das aber noch nie. Für den Fall, dass die meisten Nazis
hierbleiben, braucht es ja dann doch einen Plan B. Und der kann sich nicht
darin erschöpfen, Journalist*innen, Publizist*innen oder [10][den
Bundeskanzler] wegen Volksverhetzung oder Naziverdacht anzuzeigen. Der
Staat regelt, ist kein nachhaltiger Plan, wie man gerade in den USA sehen
kann.
Schafft zwei, drei, viele Plan Bs. Es ist immer besser, mehrere
Handlungsoptionen zu haben, gerade für die Frage, wie man den Einfluss von
Rechtsradikalen wieder kleiner kriegt.
31 Oct 2025
## LINKS
[1] /Thriller-A-House-of-Dynamite/!6115509
[2] https://www.bloomberg.com/news/articles/2025-10-25/-house-of-dynamite-nucle…
[3] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/russland-putin-atomrakete-burewestn…
[4] https://www.theguardian.com/film/2025/oct/29/kathryn-bigelow--pentagon-hous…
[5] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/bulletin…
[6] /Seltene-Erden-Europa-hat-den-Trend-verschlafen/!6122503
[7] https://www.deutschlandfunk.de/eu-fangquote-todesurteil-fuer-den-dorsch-der…
[8] /Massaker-in-Sudan/!6122640
[9] https://x.com/SeibtNaomi/status/1983554347158868037
[10] /Folgen-nach-Stadtbild-Debatte/!6124648
## AUTOREN
Doris Akrap
## TAGS
Kolumne Geraschel
Pentagon
Maskenaffäre
Jens Spahn
Influencer
Rechte Szene
GNS
Ukraine
Kolumne Geraschel
Donald Trump
Literaturbetrieb
Kolumne Geraschel
Kolumne Geraschel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gedanken bei Bergtee: Wer krank ist, muss leiden, leisten oder labern
Kein Lohn mehr für Kranke, dafür soll Weimer fröhlich weiter zwischen
Politik und Business umherspringen dürfen. Information-Overload im
Krankenbett.
Rentenpläne der Union: Im Alter keine Rosen, nur noch Dosenaprikosen
Die Regierung stellt die Rente in Frage, weil wir angeblich immer älter
werden. Das ist falsch und null Anreiz, sich in diesem Land sonderlich
anzustrengen.
Terrororganisationen in den USA: Washington setzt Antifa Ost auf die Liste
Die US-Regierung stuft die deutsche Antifa Ost als „global agierende
Terroristen“ ein. Deutschland hat sich dazu bisher nicht geäußert.
Literaturbranche auf Sparkurs: Die Frankfurter Buchmesse ist in Kriegslaune
Eine Rakete im Hof und magere Kartoffelsuppe statt Schnitzel. Auf der
Frankfurter Buchmesse dominieren Kriegsmotive.
Ausladungen im Kulturbetrieb: Die Schnellfeuerwaffe im politischen Diskurs
Früher flogen Eier und Torten, jetzt werden Ausladungen gegen Chefket und
Michel Friedman ausgesprochen. Solche Rückzieher sind Gift für die
Freiheit.
Rechter Protest in Kroatien: Bedrohliche Augustnächte
30 Jahre nach Kriegsende machen kroatische Rechte Stress: Ein
Antikriegs-Festival wurde abgesagt, Journalisten und der Autor Miljenko
Jergovic wurden attackiert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.