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# taz.de -- Verkehrssicherheit auf dem Schulweg: Raus aus der Begegnungszone
> Lange weisen Eltern auf eine gefährliche Kreuzung hin – erfolglos. Dann
> wird dort ein Fünfjähriger verletzt. Und die Politik? Fährt
> Quassel-Kampagnen.
Bild: Nicht alle Schulwege sind sicher
Berlin taz | Zum Schuljahresstart ging in unserer Eltern-WhatsApp-Gruppe
ein Link zur Aktion der Berliner Landesverkehrswacht rum: Man solle
besonders gefährliche Stellen auf dem Schulweg melden. Ich las, dass
außerdem Banner an Schulen verteilt wurden, die an Autofahrer appellieren,
ihre Geschwindigkeit anzupassen. Der Bürgermeister war begeistert: „Für den
Senat hat Sicherheit auf den Schulwegen, vor Schulen und Kitas höchste
Priorität. Ich appelliere an alle Verkehrsteilnehmer, gegenseitig Rücksicht
zu nehmen.“
Drei Wochen später wurde ein Fünfjähriger von einem abbiegenden Autofahrer
schwer verletzt. Die Eltern der anliegenden Schule hatten seit vielen
Monaten immer wieder auf die Gefährlichkeit der Kreuzung hingewiesen. Die
Verantwortlichen in der Verkehrsverwaltung lehnten Änderungen indes ab: Die
Kreuzung sei sicher, [1][der Autoverkehr müsse fließen].
Im Verkehrsausschuss des Bundestages wurde derweil der jüngste
Unfallverhütungsbericht vorgestellt. Darin steht, dass zwei Drittel aller
innerorts getöteten Menschen per Rad oder zu Fuß unterwegs waren. Getötet
wurden sie in der großen Mehrheit von Autofahrern. [2][Besonders gefährdet
sind Jugendliche] und alte Menschen.
Ich las, dass die Verkehrswacht als Konsequenz vorschlägt, die gefährdeten
Gruppen besser zu schulen. Klar. Ich meine – natürlich könnten auch die
gefährlichen Bedingungen angepasst werden: Als erste Schritte getrennte
Ampelphasen und [3][innerorts flächendeckend Tempo 30], das auch überwacht
wird. Das würde jedes Jahr hunderte Menschenleben und tausende Verletzte
retten. Aber es würde halt auch die Freiheitsgefühle mancher Autofahrer
belasten.
## Politik wegen Beihilfe zur Körperverletzung verklagen?
Nach dem Unfall des Jungen habe ich erstmals überlegt, ob es sinnvoll wäre,
mal verantwortliche Menschen in Politik und Verwaltung wegen Beihilfe zu
Körperverletzung zu verklagen. Schließlich handelt es sich ja um kein
Geheimwissen, wie eine Vielzahl von Unfällen zu verhindern wäre.
Verantwortliche Politiker nehmen sie nur billigend in Kauf und fahren
Kampagnen für das „Miteinander im Straßenverkehr“, anstatt zu handeln.
Aber vielleicht habe ich auch nur die falsche Perspektive. [4][In der
letzten Kolumne] hatte ich ja von meinem geklaut-wiedererjagden Fahrrad
geschrieben. Letztes Wochenende war es dann endgültig weg: geklaut vom
Fahrradständer vor unserem Haus.
Am selben Tag begleitete ich eine Freundin zu einem buddhistischen Vortrag
und hörte: „Alles, was geschieht, ist Segen oder Lehre“. Ich fragte, welche
Lehre aus einem Raddiebstahl zu ziehen sei und wie eine angemessene
Reaktion aussähe. „Verschenken!“, riet der Vortragende. Ich solle das Rad
verschenken und seinem neuen Besitzer viel Freude damit wünschen. Das löse
die karmische Verbindung zu dem Menschen – dem ich ja nicht noch mal
begegnen wolle. Der Rest seien schlicht übliche Schwierigkeiten der
bedingten Welt.
Ich habe mir vorgenommen, das nächste Mal zu fragen, welche Lehre für uns
als Bürger in (Verkehrs-)Politik steckt, die lieber Quassel-Kampagnen
fördert, anstatt Lösungen umzusetzen, zum Beispiel, wenn es um
Verkehrssicherheit geht. Und ich frage, wie ich mich in diesen
Schwierigkeiten der bedingten Welt verhalte – ohne lethargisch oder wütend
zu werden.
16 Oct 2025
## LINKS
[1] /Neue-Strassenverkehrsordnung/!6019131
[2] https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Verkehrssicherheit/unfallverhu…
[3] /Schulstart-in-Berlin/!6108000
[4] /Fahrradfahren-im-Alltag/!6114278
## AUTOREN
Kerstin Finkelstein
## TAGS
Verkehrssicherheit
Unfälle
Autoverkehr
Wir retten die Welt
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Tempo 30
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