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# taz.de -- Neuer Film „Amrum“ von Fatih Akin: Nuurdfresk as en spriak! (No…
> In „Amrum“ wird auch Nordfriesisch gesprochen. Damit rückt der Film eine
> Minderheitensprache ins Zentrum, die in Deutschland gerne überhört wird.
Bild: Filmszene aus dem Film „Amrum“ von Fatih Akin
Man muss [1][Fatih Akin] den roten Teppich ausrollen allein dafür, dass er
Öömrang die große Filmbühne bietet. Öömrang hat es zusammen mit seiner
größeren Schwester Fering schwer. Beide Dialekte der Nordfriesischen
Sprache werden nur noch von ein paar Tausend Menschen auf den
Nordsee-Inseln Amrum und Föhr gesprochen.
[2][In seinem Film „Amrum“, der diesen Donnerstag in den Kinos anläuft] und
1945 spielt, sprechen die DarstellerInnen die von der Unesco als „ernsthaft
gefährdet“ eingestufte Sprache Nordfriesisch, die heute insgesamt deutlich
weniger als 10.000 Menschen beherrschen. Gut, Öömrang-Nordfriesisch hört
man im Film nur in feinen Dosen, mit Untertiteln, meistens wird Deutsch
gesprochen, um das Publikum nicht zu überfordern, aber immerhin.
Und wie heißt es in den vom NDR [3][in Hamburg produzierten „Tagesthemen“?]
Nordfriesisch sei ein deutscher Dialekt, und die aus Norddeutschland
stammende Hauptdarstellerin Diane Kruger zeigt sich im Interview
ahnungslos: Sie habe nicht gewusst, wie sehr Nordfriesisch nicht deutsch
sei: „Für mich ist es mehr als ein Dialekt.“ Will heißen: Mhm, klingt
irgendwie exotisch, obwohl es doch auch deutsch ist, oder?
Tja. Wenn eine Sprache, in der ein Mädchen „foomne“, ein Dorf „taarep“…
ein Backofen „oonk“ heißt, ein Dialekt des Deutschen sein soll, dann kann
Niederländisch auch gleich für Deutsch erklärt werden.
Nordfriesisch klingt für den Laien wie eine Mischung aus Dänisch und
Isländisch mit englischen Einsprengseln und ist nicht zu verwechseln mit –
der übrigens auch eigenständigen Sprache -Plattdeutsch, das aber näher am
Deutschen ist. Nordfriesisch ist kein putziger Dialekt, in den man sich ein
bisschen einhören kann, um ihn zu verstehen, sondern eine Fremdsprache, die
man lernen muss, um sie zu verstehen.
Ignoriert zu werden ist das Schicksal [4][von Minderheitensprachen], da
nützt auch die vor knapp 30 Jahren mit viel Trommelwirbel verabschiedete
Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen nichts; die
Bretonen in Nordfrankreich können ein Lied davon singen.
## Die Arroganz des Zentrums
Im ständigen Ignorieren von kleinen Sprachen zeigt sich die Arroganz des
Zentrums gegenüber der Peripherie, der Stadt gegenüber dem Land, der
Mehrheitskultur gegenüber der Minderheitskultur – und der Schaden, den die
Nationalstaatsidee des 19. Jahrhunderts angerichtet hat: In einem Staat
sollte es nur noch eine Sprache geben.
Auf alten Sprachkarten Deutschlands sind die vielen Dialekte eingezeichnet,
die früher noch viel deutlicher ausgeprägt als heute waren. Dazwischen
klaffen drei große Lücken: Im Nordwesten des heutigen Schleswig-Holsteins
sprach man flächendeckend Nordfriesisch, in der Lausitz die slawischen
Sprachen Nieder- und Obersorbisch (den heute ein ähnliches Schicksal des
Verschwindens droht) und weit im Osten Kaschubisch, viele Grüße an die
Günter-Grass-Fans.
Die Friesen, die so wie die Sorben als eigenständiges Volk anerkannt sind,
kamen im Frühmittelalter wohl aus dem Gebiet der heutigen Niederlande. Ein
Teil zog nach England, die anderen ließen sich an der heutigen deutschen
Nordseeküste nieder. Sie widmeten sich der Seefahrt und dem Robben- und
Walfang, wovon heute noch auf Amrum und Föhr stattliche Gräber von
Walfang-Kapitänen zeugen.
Irgendwann kamen die Deutschen, die damals Franken hießen, und zwangen den
Friesen das Christentum auf. Als die Gegend viel später an Preußen fiel,
wurde der Assimilierungsdruck immer stärker, man musste Deutsch sprechen,
um sich mit den Behörden zu verständigen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen
die deutschen Touristen und Ferienhaus-Aufkäufer, was den Wohnraum für die
Nordfriesen knapp werden ließ.
In einer NDR-Doku über Föhr sagt ein junge Friesin: „Wir sprechen
untereinander immer unsere Sprache. Auch, wenn wir unterwegs sind und über
die Touristen sprechen – dann ist es gut, wenn man seine eigene Sprache
hat.“ Nordfriesisch als Geheimsprache, als letztes Bollwerk gegen das
übermächtige Deutsch.
In Fatih Akins Film geht es um einen Hamburger Jungen, der mit seiner
Mutter wegen des Bombenkrieges nach Amrum flüchtet. Er wird ausgegrenzt, er
versteht die Sprache nicht, er muss sie mühsam lernen. Normalerweise muss
sich die Minderheit der Mehrheit anpassen, um zu überleben. Bei Fatih Akin
müssen sich die Deutschen der kleinen Minderheit anpassen. Eine hübsche
Pointe für das kleine Volk der Nordfriesen.
8 Oct 2025
## LINKS
[1] /Fatih-Akins-Rheingold/!5887554
[2] /Fatih-Akins-neuer-Spielfilm-Amrum/!6114991
[3] https://www.tagesschau.de/tagesthemen/video-1512526.html
[4] /Das-Nordfriisk-Instituut-in-Bredstedt/!5867652
## AUTOREN
Gunnar Hinck
## TAGS
Minderheitenrechte
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Reden wir darüber
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