Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Trumps Gaza-Plan: Das neue Nahost-Quartett
> Der Waffenstillstand in Gaza hält vorerst. Ohne Katar, die Türkei und
> Ägypten wäre das nicht möglich – denn Trump fehlt es an Glaubwürdigkeit.
Bild: Friedensquartett: die USA und die drei regionalen Vermittler Katar, Ägyp…
Es ist [1][gerade noch einmal gutgegangen]. Das ungewöhnliche Gespann aus
Vermittlern der USA und der Regionalstaaten Ägypten, Katar und der Türkei
hat es geschafft, den Waffenstillstand in Gaza vor einer Aufkündigung zu
retten. Aber es wurde auch mehr als deutlich, dass die Fragen der Zukunft
des Gazastreifens – wer ihn regiert, was mit der Hamas geschieht und wann
sich die israelische Armee komplett zurückzieht – keinen langen Aufschub
vertragen.
Die USA waren schon immer die einzige Macht, [2][die dem israelischen
Premier Benjamin Netanjahu Einhalt gebieten kann]. Und in diesem Fall hat
US-Präsident Donald Trump diese Macht genutzt, Netanjahu zurückzupfeifen,
die israelischen Bombardierungen zu stoppen und die unterbrochenen
Hilfslieferungen in den Gazastreifen wieder aufzunehmen. „Der
Waffenstillstand hält“, erklärte Trump kurz, die Hamas-Führung sei
möglicherweise nicht in dessen Verletzung involviert gewesen, fügte er
hinzu – US-Deckel drauf.
Ob und wie gut diese Waffenpause hält, hängt zum einen vom Willen Trumps
ab, Netanjahu in die Schranken zu weisen, und zum anderen von den
ägyptisch-katarischen und türkischen regionalen Vermittlern mit ihren
Kontakten zur Hamas.
Zumindest bislang hat sich dieses neue Nahost-Quartett aus regionalen
Vermittlern, mit etwas Verzögerung, als effizient erwiesen. Und nur sie
können dafür sorgen, dass der Waffenstillstand in Gaza nicht doch still und
leise zu einer Farce verkommt, [3][wie das im Libanon geschehen ist]. Auch
dort haben die Hisbollah und Israel vor fast einem Jahr eine Waffenpause
vereinbart. Obwohl seitdem keine Hisbollah-Raketen mehr nach Israel
fliegen, bombardiert die israelische Armee fast täglich Ziele im Libanon.
Den Medien sind diese israelischen Brüche des Waffenstillstands praktisch
keine Erwähnung wert. Es gibt dort kein ernsthaftes US-Engagement und keine
regionalen Vermittler, und das bedeutet, dass in diesem Fall der Stärkere
die Bedingungen des sogenannten Waffenstillstands de facto bestimmen und
machen kann, was er will. Ob Gaza langsam auch zum Libanon wird, hängt also
vom internationalen Engagement ab.
## Teile und Herrsche
Nun sind der US-Außenminister Marco Rubio, der US-Nahostvermittler Steve
Witkoff sowie der Schwiegersohn Trumps, Jared Kushner, wieder auf dem Weg
nach Israel. Es geht darum, mit Netanjahu auszuloten, wie es jetzt im
Gazastreifen weitergehen soll. Letzterer will die israelische
Sicherheitskontrolle nicht aufgeben und hätte wahrscheinlich am liebsten
anstelle der Hamas eine palästinensische Miliz im Gazastreifen, die
vollkommen von der israelischen Armee abhängig ist.
Das ist einer der Gründe, warum die Armee in den letzten Monaten versucht
hat, solche aufzubauen, etwa die Abu-Shabab-Miliz, eigentlich eine
kriminelle Bande, die vom Plündern der Hilfslieferungen gelebt hat. Sie
operiert heute immer noch in Rafah, einem Gebiet, das bis jetzt vollständig
von der israelischen Armee kontrolliert wird. Diese
Teile-und-herrsche-Miliz-Politik hat in Israel Tradition. Man erinnere sich
an die sogenannte Südlibanesische Armee (SLA), einer Marionetten-Miliz der
israelischen Besatzung, die sich in dem Moment aufgelöst hat, als die
Besatzung des Südlibanon im Mai 2000 beendet wurde.
Wie es dagegen mit Gaza tatsächlich weitergeht, hat mit einer großen
Unbekannten zu tun: der Position der USA. Ist sie bereit, sich auf
israelische Miliz-Spielchen einzulassen? Oder sieht sie doch die
Notwendigkeit, am Ende eine Zweistaatenlösung durchzusetzen? Oder versucht
sie sich mit einer Mogelpackung einer länger andauernden internationalen
Verwaltung des Gazastreifens erst einmal durchzumanövrieren? Die hat nicht
nur bei den Palästinensern einen kolonialen Geschmack. Da kommen wieder die
weißen Männer, um in diesem Konflikt die Erwachsenen zu spielen.
Oder erkennen sie doch die Notwendigkeit, für eine nachhaltige Lösung die
Verwaltung des Gazastreifens so schnell wie möglich in palästinensische
Hände zu geben? Es sind vor allem die regionalen Vermittlerstaaten, die
versuchen, Trump in diese Richtung zu drängen. Eine Hamas-Delegation ist in
Kairo angesagt. Mit im Gepäck soll sie eine Liste haben mit
palästinensischen Namen, die in einer Technokraten-Regierung die Verwaltung
des Gazastreifens von der Hamas übernehmen könnten. Die Bedingung aus
Kairo: Es dürfen keine Hamas-Leute sein.
## Etwas hat sich verändert
Das Beste, das in der ersten Phase des Gaza-Waffenstillstands geschaffen
wurde, ist der Mechanismus, durch den vier sehr unterschiedliche Staaten
ihn überwachen und vor allem auch weiterbringen sollen. Die USA sind der
wichtigste Pate. Ihre Funktion ist es, zu garantieren, dass Israel sich an
das Ausgemachte hält, und Trump ist dabei der Durchsetzer gegenüber
Netanjahu. Doch Trump allein besitzt in der Region und vor allem bei den
Palästinensern keinerlei Glaubwürdigkeit.
Die bekommt dieser Mechanismus nur durch die drei regionalen Vermittler:
Ägypten, die Türkei und Katar. Sie haben die Funktion der Drängler
gegenüber Trump, dass dieser seine Zeit nicht einer kolonialen, sondern
einer nachhaltigen Lösung widmet, die mit einem palästinensischen Staat
endet. Sie sind die Instanz, die die Vorstellungen der weißen Männer Trump,
Rubio, Witkoff und Kushner einem regionalen Realitätscheck unterziehen.
Diese Rolle der Regionalstaaten ist neu in der bisher von den USA
dominierten Nahost-Diplomatie. Es ist ein Zeichen, dass sich die Welt
verändert und dass sich gegen die Regionalstaaten im Nahen Osten nichts
Dauerhaftes durchsetzen lässt. Es zeigt auch, dass die Zeiten vorbei sind,
in denen man mit Israel als wichtigstem Verbündeten die ganze Region
kontrollieren konnte. Ob diese Region dem Frieden tatsächlich näher kommen
wird, wird davon abhängen, ob Trump und seine Nahost-Berater diese neuen
Zeiten tatsächlich verstanden haben.
21 Oct 2025
## LINKS
[1] /Nach-neuer-Gewalt-in-Gaza/!6121889
[2] /Nahost-Waffenstillstand/!6116300
[3] /Trotz-Waffenstillstand-in-Libanon/!6121399
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
## TAGS
Nahost-Debatten
Donald Trump
Gaza-Krieg
Gaza
Hamas
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
GNS
Reden wir darüber
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Empathie
Gaza
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Diplomatie in Israel: US-Vize Vance glaubt noch an Frieden
Hofft auf „Gottes Hilfe“: US-Vizepräsident Vance ist mit einer Delegation
in Israel. Ziel ist, Druck auf beide Kriegsparteien auszuüben.
IGH-Urteil über Gaza: Israel darf „Aushungern der Zivilbevölkerung nicht al…
Israel muss die volle Versorgung der Palästinenser:innen
gewährleisten. Das hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag
entschieden.
+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++: Leiche von getötetem Deutsch-Israeli i…
Nach der Übergabe durch die Hamas wurde die Identität zweier Toter
festgestellt. US-Vizepräsident J. D. Vance trifft am Vormittag Israels
Premierminister.
Nach dem Waffenstillstand in Gaza: Ein Anfang, aber kein Ende
Der Waffenstillstand hält – vorerst. Doch wer den Gazastreifen künftig
kontrollieren soll, bleibt offen. Was es braucht für einen nachhaltigen
Frieden.
7. Oktober 2023: Das Ergebnis einer langen Geschichte
Wie der Hamas-Überfall und Israels Krieg gegen Palästina gesehen werden,
hängt vom jeweiligen Standpunkt ab. Ein Plädoyer für den historischen
Blick.
Trumps Friedensplan: Neues Machtspiel oder Ausweg?
US-Präsident Donald Trumps 20-Punkte-Plan verspricht Frieden. Israels
Premier Netanjahu widerspricht zentralen Inhalten. Und wie reagiert die
Hamas?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.