| # taz.de -- NS-Vergangenheit eines Komponisten: Ehre, wem keine Ehre gebührt | |
| > Richard Trunk war Komponist – und Nationalsozialist der ersten Stunde. | |
| > Seine Heimatstadt will Straßen und Schule aber weiter nach ihm benannt | |
| > sehen. | |
| Bild: Der Marktplatz in Tauberbischofsheim im September 2025 | |
| Tauberbischofsheim taz | Wenn man am Bahnhof in Tauberbischofsheim aus dem | |
| Zug steigt, verläuft die Richard-Trunk-Straße abwärts in Richtung Altstadt. | |
| Wer dieser Trunk war, der einen also gleich bei Ankunft in der Kreisstadt | |
| im fränkischen Nordosten Baden-Württembergs begrüßt, das erfährt man erst | |
| mal nicht. Es geht am Alten- und Pflegeheim der Evangelischen Heimstiftung | |
| vorbei bis zu einer Kreuzung. Von da an läuft man, nun der Gartenstraße | |
| folgend, zum Zentrum. | |
| Ein paar Ecken weiter, auf dem Marktplatz mit seinen historischen Gebäuden, | |
| hängt an der Hausnummer 3 oberhalb des Schaufensters ein schwarzes | |
| Hinweisschild. „In diesem Hause wurde Tondichter Richard Trunk am 10. 2. | |
| 1879 geboren. † 2. 6. 1968“, ist da in goldenen Lettern zu lesen. Aha, | |
| dieser Trunk war also Komponist. | |
| Linksherum in die Fußgängerzone einbiegend, am Kriegerdenkmal vorbei, wo | |
| die 13.000-Einwohner-Stadt ihrer „Helden“ von 1914–18 gedenkt, nach rechts | |
| gewendet, landet man an der Stadthalle, einem Funktionsbau aus jüngerer | |
| Zeit. Dass die dort beheimatete Musikschule Richard Trunk im Namen führt, | |
| überrascht nun nicht mehr so sehr. Dieser Mann muss ja eine ganz große | |
| Nummer gewesen sein. | |
| Gerne noch hätte man im Jägerhäuschen am Schloss das Richard-Trunk-Archiv | |
| mitsamt dem Richard-Trunk-Zimmer in Augenschein genommen, doch die | |
| Einrichtung bleibt an diesem Tag verschlossen. Also zurück zum Hotel. Und | |
| was hängt dort im Badischen Hof am längsten Tisch in der Gaststube an der | |
| Wand? Schon wieder Trunk, in diesem Fall ein handschriftlicher Gruß mit dem | |
| Foto des Musikers unter Hinweis auf eine „Trunk-Feier in der Heimat“. | |
| Gezeichnet Richard Trunk, den 15. 5. 1929. | |
| ## Eine „innerstädtische“ Angelegenheit? | |
| Wer aber wirklich mehr über den Tauberbischofsheimer Ehrenbürger Trunk | |
| erfahren möchte, dem sei statt eines Spaziergangs durch dessen | |
| Heimatstädtchen ein Besuch im Berliner Bundesarchiv empfohlen. Dort findet | |
| sich in der NSDAP-Zentralkartei eine Karte, die den Künstler mit der hohen | |
| Stirn zeigt, dieses Mal aber nicht anlässlich eines „Trunk-Abends“ – | |
| sondern zur Dokumentation seiner Mitgliedschaft in der Nazipartei, | |
| eingetreten unter der Nummer 659492 im Herbst 1931. Ein früher Nazi also, | |
| was sich, das werden wir noch sehen, für ihn durchaus karrierefördernd | |
| auswirkte. | |
| Ein Nationalsozialist als Namenspatron in einer baden-württembergischen | |
| Kleinstadt? Der Leiter der Städtischen Richard-Trunk-Musikschule windet | |
| sich. Er sei schließlich Angestellter der Stadt, und es handele sich bei | |
| der Namensfrage um eine „innerstädtische Angelegenheit“, sagt Christoph | |
| Lewandowski am Telefon. „Wir sind vorbereitet, wenn die Umbenennung | |
| vorgenommen werden sollte“, sagt er nur. | |
| Bisher hält der Stadtrat von Tauberbischofsheim mehrheitlich eisern an | |
| Richard Trunk fest. Als die parteilose Bürgermeisterin Anette Schmidt im | |
| April dieses Jahres nach einer Radiosendung des Bayerischen Rundfunks über | |
| Trunk erklärte, dass es an der Zeit sei, den Namen endlich abzulegen, bekam | |
| sie einen so steifen Gegenwind, wie er an der Tauber nur selten vorkommt. | |
| Der Antrag auf „Umbenennung der Musikschule“ flog umgehend von der | |
| Tagesordnung. „Keine neuen Erkenntnisse“, sah Christian Storz von den | |
| Freien Wählern, und der CDU-Fraktionsvorsitzende Elmar Hilbert sagte: „Wir | |
| sehen keinen Zusammenhang zum aktiven NS-Regime.“ | |
| Also blieb alles, wie es war. Seitdem aber hat das kleine | |
| Tauberbischofsheim ein Problem. Denn der Streit über Richard Trunk hört ja | |
| nicht einfach auf, weil der Stadtrat etwas mehrheitlich beschließt. | |
| ## Etliche Persilscheine | |
| Bei der Bewertung Trunks klammert sich die Stadt seit Jahrzehnten an ein | |
| Spruchkammerurteil von 1948, worin der Musiker als „Mitläufer“ der Nazis | |
| eingestuft wurde, also als fast Unschuldiger. Die Spruchkammern sollten | |
| unmittelbar nach dem Krieg in den westlichen Zonen Deutschlands der | |
| Entnazifizierung dienen. In vielen Fällen gelang es Beschuldigten aber | |
| durch den Kauf von Zeugen, sich einer Verantwortung zu entziehen. | |
| Persilscheine, so nannte man diese Erklärungen, weil sie braune Bonzen so | |
| herrlich weißwuschen. | |
| Richard Trunk brachte rund ein Dutzend solcher eidesstattlichen | |
| Versicherungen bei, deren Tenor lautet, dass der Beschuldigte in Wahrheit | |
| gar kein Nazi gewesen sei, sondern immer wieder dafür gesorgt habe, | |
| Verfolgte vor den Nazis zu beschützen. | |
| Warum also sollte man einen harmlosen Mitläufer der Nazis, der schon 1948 | |
| als unschuldig galt, im Jahr 2025 verdammen? | |
| Möglichst gar nichts am Umgang mit der Vergangenheit ändern zu wollen – das | |
| bringt Birgit Duschner und ihre Freundin Ursula Ecker-Kaiser auf die Palme. | |
| Letztere ist Ärztin und sagt, sie habe lange nichts von der | |
| Nazivergangenheit Trunks gewusst, obwohl sie schon seit Jahrzehnten in der | |
| Stadt lebe. Sie habe sogar als Vorsitzende im Förderverein der Trunk-Schule | |
| gewirkt. | |
| ## „Der Name muss weg“ | |
| „Ich habe an der Trunk-Musikschule Klarinettenunterricht genommen“, | |
| erinnert sich wiederum Duschner, Pädagogin im Ruhestand. Auch sie habe | |
| lange nur geringes Wissen über diesen Mann gehabt. Beide haben sie in | |
| Leserbriefen an die örtlichen Fränkischen Nachrichten ihrer Empörung Luft | |
| gemacht. „Diese Entscheidung [des Stadtrats; d. Red.] darf nicht | |
| stillschweigend hingenommen werden“, schrieb Duschner zusammen mit | |
| Freunden. | |
| Auch anderswo brodelt es. Ein früherer Stadtrat ist wütend, will aber | |
| keinesfalls zitiert werden. Ein Einzelhändler verlangt, mindestens die | |
| Musikschule umzubenennen, möchte aber auch nicht mit seinem Namen in der | |
| Zeitung erscheinen. Im Kunst- und Kulturverein Wirklich Gut denkt man | |
| darüber nach, eine Aktion zu starten. Rolf Grüning, der einzige Stadtrat | |
| der Linkspartei, bringt es auf den Punkt: „Der Name muss weg!“ | |
| Es ist nicht allein die frühe NSDAP-Parteimitgliedschaft, die Trunk zum | |
| Vorwurf gemacht wird. So vertonte er Texte von NS-Autoren für Männerchöre, | |
| darunter „Feier der neuen Front“. Dieses Werk, das unter anderem die Teile | |
| „Hitler“ und „Horst Wessel“ beinhaltete, wurde Mitte 1934 auch Adolf Hi… | |
| in der Reichskanzlei vorgetragen, dem es auch gewidmet ist. Gleich 165-mal | |
| gelangte es 1933/34 zur Aufführung. „Ich glaube an Adolf Hitler und seine | |
| Sendung!“, hieß es in einem Aufruf im Jahr 1932, der unter anderem von | |
| Trunk unterzeichnet wurde. | |
| Bald darauf hatte der Komponist, Musiker und Dirigent seine Schäfchen ins | |
| Trockene gebracht. Am 18. März 1933 schrieb der damals als Direktor der | |
| Rheinischen Musikschule und Dirigent des Männergesangvereins in Köln | |
| wirkende Trunk einen Brief an SA-Führer Ernst Röhm. Nach der Gratulation | |
| zur „nationalen Revolution“ kommt er schnell zum Punkt: Ob nicht „jetzt d… | |
| Zeitpunkt gekommen“ sei, ihn „in irgend einer Form zurückzuholen“, also … | |
| einen guten Job in der Münchner Heimat zu verschaffen? So geschah es. Röhms | |
| Stab informierte umgehend den bayerischen Kultusminister Hans Schemm. Im | |
| Folgejahr wurde Trunk zum Präsidenten der Münchner Akademie der Tonkunst | |
| berufen, „wärmstens befürwortet“ von der NSDAP-Gauleitung | |
| München-Oberbayern, wie aus einem Schreiben aus dem Jahr 1940 hervorgeht. | |
| Nebenbei fungierte Trunk ab 1934 als Ehrenvorsitzender des Arbeitskreises | |
| nationalsozialistischer Komponisten. | |
| ## Wie ein Chamäleon | |
| Während Trunk die Karriereleiter emporstieg und dabei nicht vergaß, „den | |
| jüdischen Ungeist in der Musik“ zu verteufeln, selbst aber an „seiner echt | |
| deutschen Gesinnung“ keinen Zweifel ließ, hatten es die Juden von | |
| Tauberbischofsheim weniger schön. 106 Jüdinnen und Juden lebten 1933 in der | |
| kleinen Stadt. Viele von ihnen wanderten bald darauf aus. Wer aber blieb, | |
| musste Diskriminierung und Entrechtung erleben – oder wurde ermordet. | |
| Am 3. September 1939 veranstalteten Tauberbischofsheimer Nazis ihr eigenes | |
| Pogrom, ganz ohne Weisung aus Berlin. An diesem ersten Sonntag nach | |
| Kriegsausbruch wurden alle Jüdinnen und Juden von NS-Anhängern zur kleinen | |
| Synagoge an der Bachgasse gebracht, die schon im November 1938 im Innern | |
| zerstört worden war. Die Männer mussten Plakate mit der Aufschrift „Wir | |
| sind die Kriegshetzer“ tragen. An der Synagoge wurden sie gezwungen, den | |
| Boden zu küssen, man trieb sie danach in einen Bach, wo sie im Wasser | |
| Liegestützen vollführen mussten. 15 jüdische Familien wurden danach | |
| wochenlang eingesperrt. 1940 hat man die letzten Tauberbischofsheimer Juden | |
| in das KZ Gurs deportiert. | |
| Derweil durfte sich Richard Trunk 1939 über die Verleihung der | |
| Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft durch Adolf Hitler erfreuen. | |
| Schon 1933 fand unter wehenden Hakenkreuzfahnen die Einweihung der | |
| Richard-Trunk-Straße in seiner Heimatstadt statt. Im Folgejahr ernannte ihn | |
| Tauberbischofsheim zum Ehrenbürger, eine Auszeichnung, die – darauf legt | |
| man heute Wert – mit dem Tod des so Gewürdigten erlischt. | |
| Kaum waren die Nazis besiegt und der Krieg beendet, wechselte Trunk wie ein | |
| Chamäleon die Farbe. Um die Münchner Stellung habe er sich nicht beworben, | |
| vielmehr sei er „in aller Form berufen“ worden – von seinem Brief an Röhm | |
| fiel selbstverständlich kein Wort. Die Komposition seines | |
| Horst-Wessel-Chors erklärte er 1946 zu einer „anregenden musikalischen | |
| Auseinandersetzung mit der rhythmisch und sprachlich eigenartigen Form und | |
| Fassung des genannten Gedichts“. Seine Mitgliedschaft in zahlreichen | |
| NS-Unterorganisationen habe sich „durch meine Stellung als Präsident der | |
| Akademie der Tonkunst München“ ergeben. Und zu seinem Eintritt in die NSDAP | |
| erklärte er treuherzig: „[…] tat ich es in reinster Gutgläubigkeit und im | |
| Vertrauen auf die glänzenden Versprechungen Hitlers, […] sich im besonderen | |
| Maße für die Belange unserer Kunst und Musik einsetzen zu wollen“. Es sei | |
| ihm nie in den Sinn gekommen, „dass dieser Mann jemals eine | |
| Gewaltherrschaft errichten würde“. | |
| ## Himmelblaues Leinen | |
| Diese Ausführungen haben nicht nur die Spruchkammer in Landsberg am Lech | |
| überzeugt. Es gelang Trunk, unbeschadet in der Nachkriegszeit anzukommen | |
| und dort in einem Haus am oberbayerischen Ammersee seinen Lebensabend zu | |
| genießen. Aus einer Trunk-Biografie mit Werkverzeichnis ließ der Autor | |
| Alfons Ott 1964 alle inzwischen unangenehm gewordenen Kompositionen | |
| verschwinden. 1968 verstarb Trunk, hoch angesehen. 15 Jahre später | |
| erschienen, herausgegeben von der Richard-Trunk-Gesellschaft, seine Werke | |
| in vier Bänden, gebunden in himmelblaues Leinen. | |
| Über solche Details weiß kaum jemand besser Bescheid als Peter Leicht. Ein | |
| „Déjà-vu-Erlebnis“ ist für den ehemaligen Musiklehrer des | |
| Tauberbischofsheimer Gymnasiums die jetzige Aufregung über Trunks Rolle im | |
| Nationalsozialismus, denn das alles habe es schon einmal gegeben. In den | |
| 1980er Jahren war das, berichtet Leicht, und das Ergebnis habe ebenso | |
| ausgeschaut wie in diesem Jahr. Nämlich so, dass alles beim Alten geblieben | |
| sei. Leicht hat Kopien von Leserbriefen von damals mitgebracht, die sich | |
| ganz ähnlich lesen wie die von 2025. | |
| Tatsächlich wurden wesentliche Informationen über Trunks Nazikarriere schon | |
| 1982 in einem Buch publiziert. Im Konvolut von Trunks Spruchkammerverfahren | |
| finden sich ein Schriftwechsel mit dem damals bereits pensionierten | |
| Tauberbischofsheimer Stadtoberamtsrat Karl Withopf, in dem dieser die Akten | |
| erbittet. Denn Trunk, so Withopf, sei „über seine angebliche | |
| NS-Vergangenheit ins Gerede gekommen“. | |
| Der Sängerbund von Nordrhein-Westfalen hatte 1986 mitteilen lassen, dass er | |
| darum bemüht sein werde, Trunks Werke nicht mehr zu singen. Ähnlich | |
| reagierte der Deutsche Sängerbund in einer Empfehlung an seine Mitglieder, | |
| nachdem er von den NS-Verstrickungen Trunks Kenntnis erhalten hatte. Heute, | |
| sagt Peter Leicht, sei die Musik Trunks vergessen. „Sein Stil ist | |
| konservativ-romantisch und jener intoleranten Naziästhetik gefällig, vor | |
| der nahezu alle bedeutenden deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts | |
| damals in Ausland fliehen mussten.“ | |
| ## Vielen dürfte Trunk herzlich egal sein | |
| Fragt sich nur, warum dann so viele Menschen in einer südwestdeutschen | |
| Kleinstadt darauf beharren, dass der Name dieses Manns nicht verschwinden | |
| darf. Warum man also, was die Beschäftigung mit der braunen | |
| Hinterlassenschaft betrifft, gut 40 Jahre hinter anderen | |
| bundesrepublikanischen Kommunen hinterherhinkt. | |
| Trunks Name mag im Stadtbild präsent sein. Doch wirklich bekannt sei er in | |
| Tauberbischofsheim nicht mehr, sagt Stadtrat Rolf Grüning. Die | |
| Kriegsgeneration ist hier, wie überall in Deutschland, längst abgetreten. | |
| Kaum einer mag noch offen für Trunk Partei ergreifen – so, wie ein | |
| Leserbriefschreiber in den Fränkischen Nachrichten es tat, der sich über | |
| die „Gutmenschen“ empörte und beklagte, hier werde ein Toter, der sich | |
| nicht wehren könne, „vernichtet“. Vielen Menschen dürfte Richard Trunk | |
| herzlich egal sein. | |
| Die AfD ist im von CDU und Freien Wählern dominierten Stadtrat nicht | |
| vertreten. Sie erhielt bei den letzten Bundestagswahlen zwar knapp 18 | |
| Prozent, aber von einem aktiven Ortsverband ist nichts bekannt. Klassischen | |
| Rechtsradikalismus, gar offenen Neonazismus kann man als Ursache | |
| ausschließen. Eher schon könnte verstockter Konservatismus eine Rolle | |
| spielen, meinen Tauberbischofsheimer Trunk-Gegner. | |
| Und dann gibt es gewisse finanzielle Interessen. Nach dem Tod des | |
| kinderlosen Trunk ging sein Vermächtnis an seine Heimatstadt, darunter | |
| Häuser in München und am Ammersee. Tauberbischofsheim brachte das Geld als | |
| Kapital in eine Bürgerstiftung ein, die – da sind sich Befürworter wie | |
| Gegner der Namensnennung einig – sehr viel Gutes bewirkt habe. Nun, so | |
| berichten mehrere Personen, gehe die Furcht um, dass dieses Geld der Stadt | |
| entzogen werden könnte, wenn sie sich vom Namen des braunen Komponisten | |
| trennte. Die Bürgermeisterin teile eine solche Befürchtung allerdings | |
| nicht, heißt es. Gerne hätte die taz dazu mit Anette Schmidt gesprochen. | |
| Doch sie ließ trotz mehrfacher Bitten mitteilen, dass sie sich zum Fall | |
| Trunk derzeit nicht äußern wolle. | |
| ## „Ein klarer Affront gegen alle Bemühungen einer lebendigen | |
| Erinnerungskultur“ | |
| Könnten noch weitere unangenehme Geschichten in der Vergangenheit | |
| Tauberbischofsheims schlummern?, fragen sich manche Bürger. „Die | |
| Verweigerung macht misstrauisch“, sagt Ursula Ecker-Kaiser. Peter Leicht | |
| vermutet, die Entscheidungsträger im Stadtrat wollten heute wie damals | |
| nicht zugeben, dass eine solche Verweigerungshaltung „heuchlerisch und | |
| verlogen ist“. | |
| Birgit Duschner engagiert sich in der Tauberbischofsheimer | |
| Stolperstein-Initiative. Noch ist in der Kreisstadt kein einziger dieser | |
| golden glänzenden Pflastersteine verlegt worden, die an die Opfer der Nazis | |
| erinnern. Es habe in der Vergangenheit viel Widerstand gegen die Initiative | |
| gegeben, sagt Duschner, heute nicht mehr. Für das nächste Jahr sei die | |
| erste Verlegung vorgesehen, berichtet sie. Das werde ganz in der Nähe der | |
| Richard-Trunk-Straße geschehen. Sie sagt: „Wenn man sich für Stolpersteine | |
| engagiert, dann kann man nicht akzeptieren, dass Richard Trunk weiterhin | |
| geehrt wird.“ | |
| Mit dem Fall Richard Trunk in Tauberbischofsheim konfrontiert, erklärt | |
| Stefanie Schüler-Springorum, Direktorin des Zentrums für | |
| Antisemitismusforschung an der TU Berlin, sie sei „einigermaßen sprachlos, | |
| dass im Jahre 2025 eine solche Diskussion überhaupt geführt werden muss“. | |
| Es sei ihr ein Rätsel, „was die lokalen Verantwortlichen heute, im 21. | |
| Jahrhundert, dazu bewegt, darauf zu bestehen, eine Straße und eine | |
| Musikschule weiterhin nach einem, wie zahlreiche Dokumente belegen, | |
| Nationalsozialisten und Antisemiten zu benennen“. Schüler-Springorum | |
| schreibt per Mail: „Lokalstolz und -trotz hin oder her, dies ist ein klarer | |
| Affront gegen alle Bemühungen einer lebendigen Erinnerungskultur, die | |
| offiziell von allen Parteien außer der AfD mitgetragen werden“. | |
| Doch es scheint sich etwas zu bewegen in der Trunk-Stadt | |
| Tauberbischofsheim. Bürgermeisterin Schmidt lässt mitteilen, dass „der | |
| Sachverhalt zunächst mit den gemeindlichen Gremien abgestimmt und | |
| koordiniert werden“ müsse. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Elmar Hilbert sagt | |
| am Telefon, für den November seien neue Beratungen im Stadtrat zum Thema | |
| vorgesehen. „Wenn entsprechende Unterlagen vorhanden sind, kann man sich | |
| ein neues Bild machen und eine neue Entscheidung treffen“, verspricht er. | |
| Vielleicht können die Stolpersteine im nächsten Jahr verlegt werden, ohne | |
| dass es eine Richard-Trunk-Straße in unmittelbarer Umgebung gibt. | |
| 12 Oct 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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