| # taz.de -- Verfassungsänderung geplant: Kiel stellt mal wieder die Gretchenfr… | |
| > Schleswig-Holsteins Landtag plant Verfassungsänderungen, die das Land | |
| > moderner machen sollen. Ein Bündnis fordert, einen Gottesbezug | |
| > aufzunehmen. | |
| Bild: Der Landtag plant ein Geschenk für die Kirchen: Lübecker Dom mit Schlei… | |
| Kiel taz | Klimaschutz, mehr Rechte für Kinder und pflegende Angehörige, | |
| Schutz vor Rassismus sowie Schutz der jüdischen Kultur und der Kulturen der | |
| nationalen Minderheiten – ein breites Parteienbündnis im Kieler Parlament | |
| [1][will die Landesverfassung verändern]. | |
| Doch vor der heutigen ersten Beratung des Gesetzentwurfs tauchte ein alter | |
| Bekannter wieder auf: Gott. Ein Bündnis von Kirchen und | |
| Religionsgemeinschaften will den [2][Glauben an ein höheres Wesen] in die | |
| Präambel schreiben. Die CDU signalisiert Zustimmung. | |
| „Gemeinsam machen wir Schleswig-Holstein moderner, sicherer, | |
| klimafreundlicher und zuversichtlicher“, sagte Ministerpräsident Daniel | |
| Günther (CDU) am Mittwoch. In seiner Regierungserklärung ging es um den | |
| Umgang mit dem Sondervermögen des Bundes. | |
| Aber auch die geplanten Verfassungsänderungen sollen das Land „moderner, | |
| sicherer, klimafreundlicher“ machen. An einem Dutzend Stellen wollen die | |
| Regierungsparteien CDU und Grüne gemeinsam mit FDP und SSW die aktuelle | |
| Fassung der Verfassung ändern. Festgeschrieben wird der Schutz der | |
| Artenvielfalt, den Schleswig-Holstein als erstes Bundesland als Staatsziel | |
| verankern will, sowie ein Diskriminierungsverbot von Angehörigen sexueller | |
| Minderheiten. | |
| ## Als Orientierungshilfe gedacht | |
| Es sind Themen, die von Rechtsaußen-Parteien wie der AfD kritisch gesehen | |
| oder in Zweifel gezogen werden. Zurzeit gehört die AfD – [3][über deren | |
| Verfassungsmäßigkeit und eine mögliche gerichtliche Überprüfung] derselben | |
| das Parlament am Mittwoch diskutierte – dem Kieler Landtag nicht an. Aber | |
| die Kommunalwahl-Ergebnisse der vergangenen Monate zeigen auch in | |
| Schleswig-Holstein wachsende Zustimmung. | |
| Ohne auf einzelne Parteien einzugehen, begründet der Gesetzesentwurf die | |
| geplante Verfassungsänderung damit, dass die Präambel eine „moralische und | |
| politische Orientierungshilfe“ darstellen soll. Dazu zählt das | |
| Parteienbündnis die „Verpflichtung des Staates zum nachhaltigen Handeln“, | |
| den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie den Kampf gegen | |
| „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, die „fast immer eine | |
| antidemokratische Stoßrichtung hat und einer Weltanschauung entspringt, die | |
| eng Verschwörungsmythen verbunden ist“. | |
| CDU und Grüne verfügen über eine ausreichend breite Mehrheit im Landtag, | |
| hatten diesen Gesetzesentwurf aber mit der Opposition abgestimmt. Die FDP | |
| will als eigenen Punkt noch eine verbindliche Investitionsquote einfügen, | |
| trägt aber die übrigen Änderungen gemeinsam mit dem SSW mit. | |
| Einzig die SPD ist nicht Teil des Bündnisses. Die größte Oppositionspartei | |
| hatte zwar lange mitverhandelt, stieg aber am Ende aus. Sie kritisiert | |
| unter anderem, dass der Verfassungsentwurf von einer digitalen | |
| Erreichbarkeit der Gerichte spricht – die SPD will Gerichtsstandorte und | |
| Verhandlungen in der analogen Welt erhalten. | |
| Zuletzt geändert wurde die Verfassung im Jahr 2014, damals regierte die SPD | |
| mit den Grünen und dem SSW. Lange gestritten wurde damals über die Frage, | |
| ob ein Bezug auf Glauben und Religion in die Präambel aufgenommen werden | |
| sollte. Sogar eine Volksinitiative gründete sich. Mehrere | |
| Formulierungsvorschläge lagen auf dem Tisch. Doch bei der entscheidenden | |
| Sitzung 2016 [4][unterlag Gott im Parlament knapp mit einer Stimme]. | |
| Nun ist die Forderung nach einem Gottesbezug zurück. Beide christlichen | |
| Kirchen, die liberalen wie orthodoxen jüdischen Gemeinden sowie drei | |
| muslimische Vereinigungen möchten eine „Werteformel“ in die Verfassung | |
| aufnehmen. | |
| Diese solle keineswegs Atheist:innen ausgrenzen, sondern „religiöse und | |
| nicht religiöse Menschen zusammenbringen“, heißt es in einer Stellungnahme | |
| des Bündnisses. „Denn: Ein Gottesbezug ist kein Glaubensbekenntnis, sondern | |
| im Sinne einer Demutsformel Ausdruck dafür, dass der Mensch fehlbar und | |
| nicht das Maß aller Dinge ist.“ | |
| Einzig die CDU findet diese Erklärung plausibel: „Ein Gottesbezug dient dem | |
| gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagt Anette Röttger, kirchenpolitische | |
| Sprecherin der Landtagsfraktion. „Werte und Grundhaltungen, das | |
| gesellschaftliche Miteinander, Wertschätzung und der Respekt leiten sich | |
| daraus ab.“ Der Bezug auf ein höheres Wesen diene der | |
| „Selbstvergewisserung“ und sei „eine wertvolle Demutsformel, denn es liegt | |
| nicht alles allein in unserer Hand“. | |
| Andere Fraktionen teilen diese Haltung nicht. Wobei Einigkeit darüber | |
| herrscht, dass eine erneute Abstimmung ohne Fraktionszwang erfolgen sollte. | |
| Doch Martin Habersaat (SPD), damals Mit-Autor eines Kompromissvorschlags, | |
| hält es nicht für sinnvoll, überhaupt wieder über den Gottesbezug zu | |
| sprechen. | |
| „Das Thema ist keines, das bei jeder Verfassungsänderung auf die | |
| Tagesordnung kommen sollte“, sagte er dem SHZ-Verlag. „Ich glaube, das | |
| hätten die Kirchen genauso gesehen, wenn der Kompromissvorschlag eine | |
| Mehrheit gefunden hätte.“ | |
| 15 Oct 2025 | |
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| [2] /So-wahr-mir-Gott-helfe/!5018287 | |
| [3] /Debatte-um-Verbotsantrag-gegen-die-AfD/!6097384 | |
| [4] /Landesverfassung-von-Schleswig-Holstein/!5327450 | |
| ## AUTOREN | |
| Esther Geisslinger | |
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