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# taz.de -- Sprachenpolitik in der Ukraine: Kein Schutzstatus mehr für die rus…
> Die ukrainische Regierung will Russisch von der Liste des Europarates zum
> Schutz von Minderheitensprachen streichen lassen. Das stößt auch auf
> massive Kritik.
Bild: Will Russisch als Minderheitensprache nicht mehr anerkennen: der ukrainis…
Mönchengladbach taz | Das ukrainische Kabinett will die Liste der in der
Ukraine geschützten Minderheitensprachen modifizieren. Mit seinem
Gesetzentwurf, den die Autoren als Umsetzung der Europäischen Charta der
Regional- oder Minderheitensprachen verstehen, werden Russisch und
Moldauisch von der Liste geschützter Sprachen gestrichen. Gleichzeitig wird
die Liste um Tschechisch sowie Hebräisch als Ersatz für „jüdisch“ ergän…
Weiter geschützt bleiben: Belarussisch, Bulgarisch, Gagausisch,
Krimtatarisch, Neugriechisch, Deutsch, Polnisch, Rumänisch, Slowakisch und
Ungarisch. Die ukrainische Regierung begründet die Änderungen mit der
Notwendigkeit, die Sprachenliste an die aktuellen geopolitischen,
gesellschaftlichen und sprachlichen Entwicklungen anzupassen.
Ostap Ukrajinec, Philologe und Soldat, begrüßt den Gesetzentwurf. Das
Konzept einer „geschützten Sprache“ setze voraus, dass eine Sprache bedroht
sei. Die russische Sprache sei aber nicht bedroht. Moskau, so Ukrajinec,
instrumentalisiere die russische Sprache aggressiv. In diesem Fall könne
man eine Sprache nicht mehr als neutrales Kommunikationsmittel ansehen.
In der Ukraine gebe es, so Ukrajinec, praktisch keine klar definierte
„russische nationale Minderheit“, also keine Gruppe von Bürgern, die
russisch als Muttersprache sprechen und deren Rechte gemäß europäischem
Recht speziell geschützt werden müssten.
## Scharfe Kritik
Die ukrainische Politikwissenschaftlerin Anastasia Piliavsky, Professorin
für Anthropologie und Politik am King’s College in London, die ständig
zwischen Odessa und Cambridge pendelt, kritisiert den Gesetzentwurf scharf.
Dieser verletze Artikel 10 der ukrainischen Verfassung, in dem der
russischen Sprache und anderen Sprachen nationaler Minderheiten eine freie
Entwicklung und Nutzung gewährt werde.
Solange Russisch als Minderheitensprache anerkannt sei, könne man der
Ukraine vorwerfen, die Rechte der russischsprachigen Minderheit
systematisch zu verletzen. Das stelle ein Hindernis für den EU-Beitritt
dar, so Piliavsky.
Ironischerweise werde nun versucht, das Problem zu lösen, indem man
Russisch aus dem Schutzbereich ausschließe. Wer russischsprechenden
Ukrainern das Recht entziehe, ihre Sprache öffentlich und [1][im
Bildungswesen] zu nutzen, grenze aus und spalte. Letztlich spielten
[2][derartige Sprachkonflikte] Russland in die Hände. „Dieser Gesetzentwurf
ist ein direkter Angriff auf die Idee einer pluralistischen, geeinten
Ukraine.“
Der ebenfalls in Odessa lebende Blogger und Anarchist Wjatscheslaw Asarow
sieht in dem Gesetzentwurf einen politischen Schachzug. Mit diesem Schritt
wolle man die Ukraine formal in Einklang mit europäischen
Minderheitenschutzstandards bringen, da die russische Sprache dann nicht
mehr unter den Anwendungsbereich dieser Normen falle.
## Keine praktischen Auswirkungen
Dadurch entziehe man dem russischsprachigen Teil der ukrainischen
Bevölkerung die rechtliche Grundlage, sich auf europäische
Schutzmechanismen zu berufen, weil die Sprache juristisch nicht mehr als
Minderheitensprache anerkannt wäre.
Laut Vyacheslav Lichatschev vom Zentrum für bürgerliche Freiheiten, das
2022 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, habe eine Streichung der
russischen Sprache von der Liste der Minderheitensprachen keine praktischen
Auswirkungen. Das Recht zum Gebrauch von Sprachen regelten andere Gesetze.
Somit sei das eine symbolische Änderung. Lichatschev ist gegen eine
permanente Einschränkung des Gebrauchs der russischen Sprache. Gleichzeitig
sei eine derartige Maßnahme während des Krieges und für einen gewissen
Zeitraum danach vertretbar.
13 Oct 2025
## LINKS
[1] /Bildungsreform-in-der-Ukraine/!5879029
[2] /Streit-um-Sprache-in-der-Ukraine/!5967953
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
russische Minderheit
Minderheitenrechte
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