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# taz.de -- Zu rosige Perspektiven: „Gebrochene Versprechen“ und das endgü…
> Etwas leiser treten wollen offenbar die politischen Köpfe der Nation. Die
> Wirtschaftsministerin jedenfalls sollte keine falschen Hoffnungen wecken.
Bild: Kinder in Bottrop im September 1971: Es gibt auch heute noch Eis für all…
Am Montag hat man dem Sohn noch den ersten Tag beim Kinderfußball
versprochen, am Mittwoch ist die Trainerin krank. Als Elternteil beißt man
sich da auf die Hände, mit denen man gleichzeitig die Tränen der
Enttäuschung trocknet, und schreibt sich zum zehnten Mal zehnmal ins
Stammbuch: Ich will es nie wieder tun! Nie wieder werde ich etwas
versprechen! Solcherlei moralische Ertüchtigungen sind natürlich ganz
nutzlos.
Das Versprechen hat nämlich einen Zweck, es verspricht Entlastung und
funktioniert wie ein Schuldschein. Und es sichert zumindest momentan Macht
und Loyalitäten. Wenn große Versprechen platzen, können Epochen zu Ende
gehen. So analysiert jedenfalls der US-amerikanische Wissenschaftler Fritz
Bartel in seinem Buch [1][„Gebrochene Versprechen“] das Ende des Kalten
Krieges und den Siegeszug des Westens: Als die Sowjetunion im Zuge der
Ölkrise den Ölhahn zudrehte, sahen ihre bis dahin billig versorgten
Satellitenstaaten schnell sehr arm aus.
Das Versprechen, ihre Bürger:innen vor den Zumutungen des Kapitalismus
zu schützen und für stetig wachsenden Wohlstand sorgen zu können, ließ sich
nicht mehr halten. Und dann ging, wie das bei gebrochenen Versprechen eben
so ist, der Tumult los – am tapfersten waren dabei wie immer die Polen,
aber das ist eine andere Geschichte.
Unsere bundesdeutsche Geschichte heute ist, dass die [2][Versprechen auf
Sicherheit], auf Wohlstand und auf unveränderte Vermögensverhältnisse nur
noch auf Pump, Pardon: per [3][Sondervermögen], zu finanzieren sind. „Der
Kalte Krieg begann als Rennen darum, Versprechen zu geben, aber endete als
Rennen darum, Versprechen zu brechen“, schreibt Bartel.
## Bullerbü ist nicht in Sichtweite
Aus dem [4][Beraterstab von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche] klang
das diese Woche [5][so]: Die Politik manövriere sich durch immer neue
Leistungsversprechen „in eine Sackgasse“, man warne davor, den Menschen ein
„Bullerbü“ zu versprechen. So richtig verfangen mag diese Erzählung vom
Ende des bundesrepublikanischen Versprechens bislang nicht, scheint mir
jedenfalls. Wer Opfer einfordert, muss charismatisch sein und eine Vision
formulieren – oder irgendeinen Ersatz bieten.
Mein Söhnchen und ich, wir haben dann halt ein Eis gegessen, statt zum
Training zu gehen, obwohl es eigentlich schon zu kalt dafür war.
16 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.hamburger-edition.de/buecher-e-books/artikel-detail/gebrochene-…
[2] /Kabinett-beschliesst-Bundespolizeigesetz/!6115561
[3] /Sondervermoegen-fuer-Infrastruktur/!6072671
[4] /Neue-Berater-der-Wirtschaftsministerin/!6108075
[5] https://www.tagesspiegel.de/politik/warnung-vor-bullerbu-versprechen-berate…
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
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