| # taz.de -- Kabinett beschließt Bundespolizeigesetz: Mehr Drohnenabwehr – u… | |
| > Innenminister Dobrindt kündigt ein Drohnenabwehrzentrum und mehr | |
| > Befugnisse für die Bundespolizei an – auch die Bundeswehr soll eingreifen | |
| > dürfen. | |
| Bild: Darf künftig nicht nur Racial Profiling, sondern auch Drohnenabwehr und … | |
| Berlin taz | Es bleibt eine Fußnote in der Geschichte, aber das vor allem | |
| von den Liberalen herbeigeführte vorzeitige Ende der Ampelkoalition sorgt | |
| nun dafür, dass ein CSU-Innenminister mit Law-and-Order-Profil das erste | |
| Bundespolizeigesetz seit 1994 erarbeitet. Und liberaler ist es dadurch | |
| nicht geworden. Im Gegenteil: Minister Alexander Dobrindt war es wichtig, | |
| beim Pressestatement am Mittwoch ungefragt mitzuteilen, dass das Gesetz | |
| nichts Wokes mehr enthalten würde. | |
| Oder wie Dobrindt es ausdrückte: „Wir haben das größte Vertrauen in unsere | |
| Polizei. […] Elemente, die von politischen Dimensionen, von Misstrauen | |
| getrieben waren, finden sie hier nicht wieder.“ Entsprechend ist das neue | |
| Bundespolizeigesetz ein Schritt in Richtung mehr Autoritarismus und | |
| Überwachung. | |
| Dobrindt wirft viele von der Ampel geplante Änderungen zur transparenten | |
| Überwachung der Polizei (O-Ton: „Misstrauenselemente“) über Bord: Es soll | |
| weiter anlasslose (und zumeist sinnlose) Kontrollen in Bahnhöfen und keine | |
| Ausstellung von Kontrollquittungen gegen Racial Profiling geben. Dafür | |
| dürfen Bundespolizist*innen künftig Menschen direkt in Abschiebehaft | |
| nehmen, freute sich Dobrindt. Hinzu kommt das CSU-obligatorische Mehr an | |
| Überwachung: Handyortung, Staatstrojaner und Fluglisten aus dem | |
| Nicht-EU-Ausland sollen der Bundespolizei standardmäßig vorliegen. | |
| Doch der Ausbau des Überwachungsstaates blieb an diesem Mittwoch im | |
| Innenministerium eine Randnotiz: Den Schwerpunkt legte der Minister auf die | |
| Drohnenabwehr. | |
| Es gibt großen Handlungsdruck, nachdem es in den letzten Monaten | |
| [1][vielfach zu illegalen Überflügen gekommen war]. Drohnen legten | |
| europäische Flughäfen lahm und sollen kritische Infrastruktur überflogen | |
| haben. Spätestens seit der [2][russischen Luftraumverletzung in den | |
| Nato-Ländern] Polen und Estland ist die Aufmerksamkeit erheblich gestiegen. | |
| ## Bundeswehr soll bei Drohnenabwehr helfen | |
| Dobrindt versicherte, dass man alles im Griff habe: Man werde noch in | |
| diesem Jahr ein gemeinsames Drohnenabwehrzentrum einrichten. Im neuen | |
| Gesetz habe man geregelt, dass die Bundespolizei nun Maßnahmen zur Abwehr | |
| von Drohnen ergreifen könne. Eine Sondereinheit, die „in Kürze“ aufgestel… | |
| werde, soll Teil der Bundespolizeidirektion 11 werden, der auch das | |
| Spezialeinsatzkommando GSG 9 untergeordnet ist. Sie sollen Landespolizeien | |
| künftig unterstützen können. | |
| Man sei technisch auf der Höhe der Zeit, versicherte Dobrindt, könne mit | |
| elektromagnetischen Impulsen und „Jamming“ reagieren, aber auch Abfangen | |
| und Abschießen soll künftig möglich sein. Dennoch sei man bei militärischen | |
| Drohnen oder auch Drohnenschwärmen auf Amtshilfe der Bundeswehr angewiesen. | |
| Dafür wolle man in Abstimmung mit der SPD das Luftsicherheitsgesetz ändern, | |
| so Dobrindt. | |
| Dass man vielleicht doch nicht auf Höhe der Zeit ist, wurde deutlich, als | |
| Dobrindt davon sprach, dass man zudem in Entwicklung und Forschung | |
| investieren und für Drohnenabwehr Expertise aus der Ukraine und Israel | |
| anzapfen wolle. Welche Technik wann zur Verfügung stehe, konnte Dobrindt | |
| ebenso wenig sagen. Man sichte derzeit noch den Markt. | |
| Derweil kursierten Zahlen in Regierungskreisen, dass Geräte für 90 | |
| Millionen Euro angeschafft und 341 zusätzlich Mitarbeiter*innen | |
| eingestellt werden sollen. | |
| ## Kritik von Experten und Opposition | |
| Die Linken-Politikerin Clara Bünger kritisierte die geplante Einbindung der | |
| Bundeswehr als verfassungswidrig: „Die Abwehr von Gefahren im Inland ist | |
| Aufgabe der Polizei, nicht der Bundeswehr.“ Wer hier Kompetenzen verschiebe | |
| oder die Abwehr von Drohnen militärisch regeln wolle, weiche die Trennung | |
| von innerer und äußerer Sicherheit auf – „bei der Bundesregierung habe ich | |
| allerdings den Eindruck, dass sie die vermehrten Drohnensichtungen | |
| instrumentalisiert, um Panik zu verbreiten, das Grundgesetz auszuhebeln und | |
| die Militarisierung der Gesellschaft voranzutreiben“, so Bünger. | |
| Die Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei nannte die Innenpolitikerin | |
| „einen klaren Schritt in Richtung autoritärer Kontrolle“. Bünger forderte | |
| stattdessen eine Kennzeichnungspflicht und Maßnahmen gegen Racial | |
| Profiling: „Für Millionen Menschen ist es eine Alltagserfahrung, ohne | |
| konkreten Anlass von der Polizei verdächtigt und kontrolliert zu werden, | |
| meist wegen ihres vermeintlich ‚nichtdeutschen Aussehens‘“ Statt diese | |
| Befugnisse einzuschränken, würden Kontrollrechte der Bundespolizei etwa in | |
| Waffen- und Messerverbotszonen noch ausgeweitet. | |
| Der grüne Sicherheitspolitiker Konstantin von Notz hielt die Reaktion | |
| Dobrindts vor allem für reichlich verspätet: „Seit nunmehr etlichen Monaten | |
| beobachten wir immer wieder Drohnenüberflüge – über Bundeswehrstandorten, | |
| kritischen Infrastrukturen und Unternehmen. Der Bundesinnenminister hat | |
| diese Gefahr trotz zahlreicher Aufforderungen, auch aus Reihen der | |
| Innenministerkonferenz, viel zu lange ignoriert.“ Von Notz mahnte weitere | |
| Maßnahmen an – Schutz vor Drohnen sei nur ein Baustein im Kampf gegen | |
| hybride Bedrohungen – eine schlüssige Gesamtstrategie mit Reformen beim | |
| Schutz kritischer Infrastruktur, beim Nachrichtendienstrecht oder der | |
| Stärkung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik sei | |
| „überfällig“. | |
| Kritik kam auch von Manuel Atug, Sicherheitsexperte der AG Kritis, einer | |
| 42-köpfigen Experten-Gruppe des Chaos-Computer-Clubs, die sich zum Schutz | |
| kritischer Infrastruktur gegründet hat. Atug kritisierte zum einen den | |
| geplanten Einsatz der Bundeswehr im Innern als „offensichtlich | |
| verfassungswidrig“ aus „berechtigten historischen Gründen“ und nannte zum | |
| anderen das geplante Drohnenabwehrzentrum „einen weiteren Akteur im | |
| Wimmelbild der Verantwortungsdiffusion mit Stuhlkreisen und geheim | |
| gehaltenen Lagebildern.“ Hilfreich für Transparenz und Aufklärung als auch | |
| zur Abwehr von Desinformation wäre etwa die transparente Veröffentlichung | |
| von Lagebildern. | |
| Er mahnte an, den Schutz nicht nur auf Flughäfen zu fokussieren, sondern | |
| auf bisher im [3][geplanten Kritis-Dachgesetz] unbeachtete kritische | |
| Sektoren wie Staat und Verwaltung, Großforschungseinrichtungen und Chemie | |
| sowie Medien und Kultureinrichtungen. Ebenso müsse man alle Betreiber | |
| kritischer Infrastruktur über das Dachgesetz dazu verpflichten, | |
| Drohnen-Detektion und -Abwehr vorzunehmen und Sichtungen den Behörden zu | |
| melden. | |
| Atug sagte: „Es gibt nicht die eine Silver-Bullet-Lösung. Wirksame | |
| Drohnenabwehr ist leider eine komplexe Angelegenheit. Es brauche | |
| unterschiedliche Szenarien, passend zu unterschiedlichen Drohnentypen und | |
| -bedrohungen.“ Eigentlich sei das Problem uralt, denn seit es Drohnen gebe, | |
| würden diese genutzt, um etwa Drogen und Handys zu Gefangenen in | |
| Justizvollzugsanstalten zu transportieren. Auch kritische Infrastrukturen | |
| würden seit langem – nicht nur durch Drohnen – ausspioniert. Bislang | |
| vernachlässige man allerdings den Schutz davor. | |
| 8 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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