| # taz.de -- Reaktionen in Israel auf Waffenruhe: „We love Trump“ | |
| > In Israel feiern viele Menschen die erwartete Rückkehr der Geiseln – und | |
| > US-Präsident Trump. Israelische Palästinenser sind skeptischer. | |
| Bild: Menschen in Tel Aviv feiern am Donnerstag ein Abkommen über eine Waffenr… | |
| Tel Aviv und Jaffa taz | Angespannte Erwartung liegt am Morgen nach der | |
| [1][Verkündung einer Einigung zwischen Israel und der Hamas] über dem Platz | |
| der Geiseln in Tel Aviv. Neben den üblichen israelischen wehen heute | |
| besonders viele US-Flaggen. Viele Anwesende haben die Aufkleber mit der | |
| Zahl der Tage, die ihre Angehörigen in Geiselhaft verbracht haben, durch | |
| neue ersetzt: „Sie kommen zurück“, steht darauf. | |
| Noch am Donnerstag wurde ein Abkommen über eine erste Phase des | |
| Friedensplans von US-Präsident Donald Trump in Ägypten unterzeichnet. | |
| Demnach sollen binnen 72 Stunden rund 20 noch lebende israelische Geiseln | |
| sowie baldmöglichst die sterblichen Überreste von 28 weiteren übergeben | |
| werden. Im Gegenzug stimmt Israel zu, fast 2.000 palästinensische Gefangene | |
| freizulassen. Die israelische Armee soll sich aus rund der Hälfte des | |
| Gazastreifens zurückziehen. Wem die Menschen hier diesen Durchbruch | |
| zuschreiben, ist unschwer zu erkennen: „We love Trump“, steht auf dem | |
| Plakat einer Besucherin. | |
| „Wenn es Trump nicht gegeben hätte, könnte ich mich jetzt nicht auf die | |
| Rückkehr meines Sohnes Eitan freuen“, sagt Itzik Horn. „Wirklich aufatmen | |
| kann ich aber erst, wenn ich ihn wiedersehe.“ Gleich zwei seiner Söhne | |
| hatte die Hamas bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 | |
| verschleppt, Eitan und Iair. Mit ihnen waren 249 weitere Menschen entführt | |
| und rund 1.200 getötet worden. | |
| Iair war im Februar während einer Waffenruhe freigekommen. „Das Letzte, was | |
| ich von Eitan weiß ist der Bericht von Iair und ein Hamas-Video, darauf sah | |
| er nicht gut aus“, sagt der 73-Jährige. Iair hatte in Geiselhaft ein | |
| Drittel seines Gewichts verloren. | |
| „Das erste, was ich ihm sagen werde, ist: Du hast es mit der Diät | |
| übertrieben“, scherzt Vater Itzig, bevor er ernst wird: Die letzten zwei | |
| Jahre seien die Hölle gewesen. „Ich habe mich selbst wie eine Geisel | |
| gefühlt.“ | |
| Bei Rotem Cooper hingegen überwiegt die Wut. Geboren in der besonders | |
| schlimm getroffenen Kibbutz-Siedlung Nir Oz hat er nicht nur viele Freunde | |
| verloren. Auch seine Eltern Amiram, 84 Jahre, und Nurit, 79 Jahre, wurden | |
| entführt. Nurit wurde freigelassen, sein Vater starb in Gefangenschaft. | |
| Seinen Leichnam zurückzubekommen, würde ihm einen Abschluss ermöglichen. | |
| Glauben kann er daran aber erst, wenn es soweit ist. „Uns wurden schon zu | |
| viele falsche Hoffnungen gemacht.“ | |
| Am Morgen habe sich die Einigung zunächst wie ein Sieg angefühlt: „Seit | |
| zwei Jahren setzen wir uns dafür ein, auf Demos, im Parlament, bei | |
| Regierungen weltweit.“ Jetzt aber brodelt es in ihm. „Alleine aus Nir Oz | |
| wurden 14 Menschen lebend entführt.“ Die israelische Regierung aber habe | |
| alle Möglichkeiten für deren Freilassung in den Wind geschlagen. „Nach | |
| allem, was wir wissen, haben sie vielleicht sogar mehrfach Abkommen | |
| verhindert.“ | |
| Den „ewigen Frieden“, den Trump in der Nacht bei der Bekanntgabe des | |
| Abkommens versprochen hat, sieht Cooper nicht. Er sei durch den Angriff | |
| tief erschüttert: Es waren damals nicht nur Hamas-Kämpfer, die den | |
| politisch eher links geprägten Kibbutz überfallen haben. „Es waren auch | |
| Zivilisten aus Gaza dabei.“ Für ihn brauche es zunächst ein Bekenntnis der | |
| Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung zur Anerkennung Israels. | |
| Wie angespannt die Stimmung ist, wird deutlich, als Besucher kurz darauf | |
| eine spanische Reporterin vom Platz schicken wollen. „Hau ab“, rufen | |
| mehrere Anwesende. Sie habe in ihrem Bericht „von Genozid gesprochen“, sagt | |
| einer, auch wenn er nicht genau verstanden hat, was die Reporterin in ihr | |
| Mikrofon gesagt hat. Israels Armee hat in Gaza binnen zwei Jahren mehr als | |
| 67.000 Menschen getötet, der Großteil von ihnen Zivilisten. Zahlreiche | |
| Menschenrechtsorganisationen, renomierte Genozidforscher und UN-Vertreter | |
| beschuldigen Israel, Völkermord begangen zu haben. | |
| Während der Trump-Plan die ersten Schritte wie die Freilassung der Geiseln | |
| und den Teilrückzug der israelischen Armee regelt, bleiben viele Fragen | |
| offen. Lässt sich die Hamas auf die in dem Plan geforderte Entwaffnung ein? | |
| Wie soll Gaza künftig verwaltet werden? | |
| Auch im weiter südlich gelegenen, von israelischen Palästinensern und | |
| jüdischen Israelis gleichermaßen bewohnten Jaffa, sind viele daher | |
| skeptisch. Abdulhamid arbeitet in einem Cafe und will seinen Nachnamen | |
| nicht verraten. Er habe bereits einmal Besuch der Polizei erhalten, nachdem | |
| er Plakate mit der Forderung nach einem Kriegsende und der Rückkehr der | |
| Geiseln aufgehängt habe. | |
| ## Kriegsverbrecher im Kabinett | |
| „Ich hoffe seit zwei Jahren darauf, dass dieser Krieg aufhört“, sagt der | |
| Mittdreißiger. Für echten Frieden aber müssten Netanjahu und die | |
| [2][rechtsextremen Minister Bezalel Smotrich und Ben Gvir] als | |
| Kriegsverbrecher ins Gefängnis und die israelische Besatzung enden. „Sie | |
| sagen laut und deutlich, dass sie alle Palästinenser umbringen oder | |
| vertreiben wollen.“ | |
| 400 Menschen seiner erweiterten Familie, deren Vorfahren 1948 nach Israels | |
| Staatsgründung nach Gaza vertrieben worden waren, seien nun dort durch | |
| israelische Soldaten getötet worden. „Ich selbst stehe nur hier, weil meine | |
| eigene Großmutter damals keinen Platz mehr auf dem Schiff bekommen hat, das | |
| die Flüchtlinge von Jaffa aus nach Süden brachte.“ | |
| Trump sehe er weniger als Friedensbringer, sondern als Geschäftsmann. „Er | |
| wird so lange etwas tun, wie er selbst einen Vorteil daraus zieht“, sagt | |
| Abdulhamid. „Aber das Wichtigste ist, dass das Töten aufhört.“ | |
| 9 Oct 2025 | |
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| Felix Wellisch | |
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