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# taz.de -- Analyse zur Waffenruhe in Gaza: Ein Durchbruch, aber noch kein Frie…
> Wird der Waffenstillstand für Gaza von Dauer sein? Wird die Hamas ihrer
> Entwaffnung zustimmen? Und wer soll Gaza regieren? Viele Fragen bleiben
> offen.
Bild: In Chan Junis im Gazastreifen feiern Menschen am Donnerstag die Ankündig…
Kairo taz | Ein historischer Tag heißt es allerorten: Die erste Phase des
Trumpschen Gaza-Friedensplans wurde von allen Seiten abgezeichnet. Und
zweifelsohne ist die Einigung ein Durchbruch, wenngleich noch alles andere
als ein wirklicher Friedensschluss. Nun muss die Hamas innerhalb von 72
Stunden die Geiseln freilassen. Dieser Schritt wiederum soll von einem
ersten israelischen Teilrückzug begleitet werden. Im Gegenzug sollen 2.000
Palästinenser aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden. Zusätzlich
sollen die Hilfslieferungen in den Gazastreifen in großem Umfang und
organisiert von der UNO wieder aufgenommen werden. Die Rede ist von
mindestens 500 Lkws am Tag. Das ist in etwa das Volumen, das Gaza vor
Kriegsbeginn täglich erreichte.
Doch selbst in dieser nun vereinbarten ersten Phase – die Billigung durch
das israelische Kabinett stand zu Redaktionsschluss noch aus – kann noch
einiges schiefgehen. Die Menschen wollen wieder so schnell wie möglich
zurück in ihre Häuser in Gaza-Stadt oder dem, was davon übrig ist. Die
israelische Armee warnt die Palästinenser dagegen vor dieser Rückkehr,
solange sie rund um die Stadt noch präsent ist. Das hat das Potenzial,
leicht außer Kontrolle zu geraten.
Auch die Suche nach einigen der Leichen der israelischen Geiseln dürfte
sich nicht einfach gestalten. Ein Grund, warum inzwischen von einer
türkisch-katarisch-ägyptischen sowie amerikanischen Taskforce die Rede ist,
die bei der Suche der Leichen helfen soll. Ein anderes Thema sind die Namen
der freizulassenden Palästinenser, über die bis zuletzt gestritten wurde.
Laut einigen Berichten wurde der Deal gar verkündet, ohne dass diese Frage
endgültig geklärt war.
Eine der Forderungen der Hamas war es gewesen, [1][Marwan Barghouti]
freizulassen. Der gehört zwar der konkurrierenden Fatah-Organisation an,
aber er gilt als eine Führungsfigur, der sogar einem palästinensischen
Staat vorstehen könnte. Bisher ist nicht klar, ob Barghouti, der zu einer
mehrfach lebenslängliche Strafe verurteilt wurde, aus dem israelischen
Gefängnis freigelassen wird. Barghoutis Frau Fadwa al-Barghouti soll auch
in Scharm al-Scheich präsent sein, wo die Verhandlungen geführt werden, um
dieser Forderung Nachdruck zu verleihen.
Das entspräche ganz der weiteren Verhandlungslinie der Hamas, die
argumentiert, dass sie bei den weiteren Runden nicht allein über die
Zukunft Gaza mitbestimmen will. Vielmehr will man eine breitere
palästinensische Basis einbeziehen, sprich die Fatah und auch die
palästinensische Autonomiebehörde. Und da sind wir auch bereits da, wo es
wieder wirklich kompliziert wird.
Denn die wirklich kontroversen Themen sind für die weiteren Verhandlungen
aufgespart. Und viele Palästinenser fürchten, dass man bei diesen
strittigen Punkten gar nicht mehr anlangt, wenn die Geiseln erst einmal
freigelassen sind und der israelische Premier Benjamin Netanjahu erneut
eine Offensive auf Gaza starten könnte, um sein wichtigstes Kriegsziel zu
erreichen: die Hamas auszuschalten.
## Das Projekt eines „Gaza-Friedensrats“
Drei große Fragen gibt es also jetzt: Wird das alles so klappen, was für
die erste Phase ausgemacht ist? Wird der Waffenstillstand von Dauer sein?
Und schließlich, was geschieht in den weiteren Verhandlungen mit den vielen
offenen Fragen über die Zukunft Gazas als Nächstes? Bei den weiteren
Verhandlungen soll es um die Entwaffnung der Hamas gehen und die Frage, wer
den Gazastreifen regiert, nachdem die Hamas bereits zugestimmt hat, die
Verwaltung des Streifens aufzugeben. Denn hier ist im Trump-Plan von einem
fast kolonial anmutenden Projekt eines „Gaza-Friedensrats“ die Rede: einer
Art Aufsichtsrat unter dem Vorsitz Donald Trumps und einem Generaldirektor
namens Tony Blair, dem britischen Ex-Premier. Wie dieser „Friedens-Rat“
angelegt sein soll, wie lange er im Zweifel bestehen soll, das wird einer
der großen Streitpunkte werden.
Die arabischen Vermittler wie Katar und Ägypten und auch die Türkei haben
klar gemacht: Sie wollen, dass die Macht so schnell wie möglich an
palästinensische Technokraten und dann an die palästinensische
Autonomiebehörde übergeben werden soll. Sie wollen nicht, dass sich in Gaza
und im Westjordanland zwei völlig unterschiedliche Regierungsformen
entwickeln. Denn nach ihrer Vorstellung soll das Ganze, wie im Trump-Plan
allerdings nur sehr vage formuliert, in einen palästinensischen Staat
münden. Und den gibt es nach der Vorstellung der Palästinenser und der
arabischen Vermittler nur zusammen mit dem Westjordanland und Ostjerusalem.
Netanjahu lehnt einen solchen Palästinenserstaat vehement ab. Und die Hamas
lehnt ab, sich entwaffnen zu lassen, solange es einen solchen Staat nicht
gibt. Insofern ist der jetzige Durchbruch tatsächlich einer, aber es ist
eben auch nur der Anfang, ein historischer zwar, aber eben auch einer, der
selbst schnell wieder zur Geschichte werden könnte.
9 Oct 2025
## LINKS
[1] /Ehemaliger-Generalsekretaer-der-Fatah/!5990966
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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