| # taz.de -- Hamburger Klima-Volksentscheid: Bitte verbindlich | |
| > Viele Akteure wie Wohnungsunternehmen wehren sich gegen den | |
| > Zukunftsentscheid – dabei zieht er nur die Konsequenzen aus den | |
| > bisherigen Bemühungen. | |
| Bild: Genug Unterschriften für den Volksentscheid: Aktivist*innen für ein kli… | |
| Hamburg taz | Die Konstellation ist durchaus pikant: Während sich der | |
| Mieterverein dafür einsetzt, das Hamburger Klimaschutzgesetz zu | |
| verschärfen, bremst die Wohnungswirtschaft – allen voran der Verband | |
| Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der vornehmlich die | |
| Genossenschaften und kommunalen Vermieter vertritt. Der eine warnt vor | |
| drastisch steigenden Mieten, der andere findet, dass den vielen säumigen | |
| Eigentümern endlich Beine gemacht werden müssten, damit die Mieter von | |
| günstigeren Energiekosten profitieren könnten. | |
| Das Näherrücken des Volksentscheids zu den Hamburger Klimazielen am 12. | |
| Oktober hat die Akteure aufgeschreckt. Dabei dreht die Initiative nur an | |
| ein paar Schräubchen am bestehenden Gesetz: Hamburg soll fünf Jahre früher | |
| als bisher vorgesehen klimaneutral werden – 2040 statt 2045. Der | |
| Minderungspfad soll verstetigt – jedes Jahr ein bisschen weniger Emissionen | |
| – und der Fortschritt jährlich statt alle zwei Jahre kontrolliert werden. | |
| Im Grunde ziehen die Initiatoren des „Hamburger Zukunftsentscheids“ damit | |
| die Konsequenzen aus einer Anhörung zum bestehenden Klimaschutzgesetz in | |
| der Hamburgischen Bürgerschaft vor zwei Jahren. Dabei war klar geworden, | |
| dass Senat und Bürgerschaft das im internationalen Klimaschutzabkommen von | |
| Paris vereinbarte Ziel verfehlen würden. | |
| Statt die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, seien damit nur 1,75 Grad | |
| zu schaffen – und auch das nur mit einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit. | |
| Die eingeladenen Sachverständigen forderten daher ehrgeizigere Ziele, mehr | |
| Zwischenziele und ein besseres Monitoring. | |
| ## Auch Unternehmen dabei | |
| Für ihre Kampagne hat sich die Initiative breite Unterstützung gesichert: | |
| Neben Umwelt- und Sozialverbänden, zivilgesellschaftlichen Initiativen, | |
| Gewerkschaften und Kultureinrichtungen sind auch Unternehmen dabei. [1][Auf | |
| ihrer Website] beruft sich die Initiative sogar auf die Hamburger | |
| Handelskammer. Diese hat für die Hamburger Wirtschaft im vergangenen Jahr | |
| noch das Ziel ausgegeben, bis 2040 klimaneutral zu werden. Daraus ergäben | |
| sich Chancen für den Wirtschaftsstandort. | |
| Von der Volksinitiative will sich die Kammer aber nicht vereinnahmen | |
| lassen: Sie sei „ausdrücklich nicht Unterstützerin des Zukunftsentscheids�… | |
| teilte die Kammer mit. Sie setze auf Motivation, unternehmerische | |
| Initiative und Innovation statt auf „ein Korsett aus noch mehr Bürokratie | |
| und starren Regulierungen“. | |
| Die [2][Initiative schlägt zwar tatsächlich vor], die Zügel auf dem Weg zur | |
| Klimaneutralität anzuziehen, indem sie [3][jährliche Ziele vorschlägt statt | |
| nur zwei Zwischenziele] 2035 und 2040. Dabei ist die Regelung aber | |
| flexibel: Eine Über- oder Untererfüllung der Ziele kann über fünf Jahre | |
| hinweg verrechnet werden. | |
| Würden die Ziele nicht eingehalten, müsste der Senat ein Sofortprogramm | |
| auflegen. Das wäre aber obsolet, wenn der Stadtstaat das Verfehlen des | |
| Minderungsziels nicht selbst zu verantworten hätte, weil die | |
| Regelungskompetenz beim Bund oder der EU liegt. | |
| Die Hamburger Regierungsfraktionen SPD und Grüne werben in ihrer | |
| Stellungnahme dafür, den bereits eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Als | |
| Entscheidungshilfe ließ der Senat vom [4][Hamburg- und vom Ökoinstut | |
| untersuchen, ob Klimaneuträltität schon 2040 möglich wäre]. Ergebnis: Sie | |
| wäre möglich, aber anstrengend und würde zu „spürbaren Mehrbelastungen f�… | |
| private Haushalte, Unternehmen und den Landeshaushalt führen“. | |
| So müsste etwa Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt und CO2 | |
| verpresst werden. Schon bis 2040 müssten alle Gas- und Ölkessel | |
| ausgetauscht werden, was hieße, dass auch nicht abgeschriebene Heizungen | |
| verschrottet werden müssten. | |
| ## Zwei bis drei Euro pro Quadratmeter | |
| VNW-Chef Andreas Breitner warnt deshalb: „Wenn man das Ganze [5][um fünf | |
| Jahre vorzieht, werden natürlich auch die Mieten rascher und deutlicher | |
| steigen] müssen.“ Zwar sei der Hinweis des Mietervereins richtig, dass eine | |
| energetische Sanierung binnen drei Jahren nur mit zwei bis drei Euro pro | |
| Quadratmeter auf die Miete umgelegt werden dürfe. Doch könnten sich die | |
| Vermieter „durch überzogene ökologische Ziele gezwungen“ sehen, anders als | |
| bisher ihren gesetzlichen Spielraum für Mieterhöhungen auszunutzen. | |
| Das seien unbelegte Behauptungen, sagt Rolf Bosse, der Vorsitzende des | |
| Mietervereins. Es bestehe kein Grund, anzunehmen, die Kosten würden | |
| steigen, wenn die Arbeiten eher umgesetzt werden. Er spreche den „sozialen | |
| Vermietern“ den Willen zum Klimaschutz keineswegs ab. Insgesamt sei die | |
| Sanierungsquote aber viel zu niedrig und damit selbst das Klimaziel 2045 in | |
| Gefahr. | |
| [6][Sozialverträglichkeit ist ein Kernpunkt], mit dem die Initiative wirbt. | |
| Dabei geht ihr Gesetzesvorschlag aber kaum über das geltende Gesetz hinaus: | |
| Das „Prinzip der Sozialverträglichkeit“ sei zu berücksichtigen, heißt es… | |
| etwas weich. Der Vorschlag der Initiative bedient sich stattdessen des | |
| Imperativs: „Die Ziele sind sozialverträglich umzusetzen.“ Daraus Politik | |
| machen könnte schwierig werden. | |
| 10 Oct 2025 | |
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| [1] https://zukunftsentscheid-hamburg.de/ | |
| [2] https://zukunftsentscheid-hamburg.de/ | |
| [3] /Hamburger-Senat-gegen-Zukunftsentscheid/!6110432 | |
| [4] /Gutachten-zu-Hamburgs-Klimazielen/!6110431 | |
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| [6] /Hamburg-vor-dem-Klima-Volksentscheid/!6113358 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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