# taz.de -- Gutachten zu Hamburgs Klimazielen: Klimaneutral wird anstrengend | |
> Vor dem Zukunftsentscheid heizt ein Gutachten die Diskussion an. Senat | |
> und Ini sehen sich beide durch die Ergebnisse in ihren Positionen | |
> bestätigt. | |
Bild: Am 12. Oktober können die Hamburger:innen abstimmen, ob sie ein Gesetz f… | |
Hamburg taz | Ein neues Gutachten zur Hamburger Klimapolitik kommt zu dem | |
Schluss, dass die Stadt erhebliche zusätzliche Anstrengungen machen müsste, | |
um bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Damit wird die Diskussion | |
rund um [1][den anstehenden Zukunftsentscheid] weiter angeheizt. | |
Am Dienstag veröffentlichte der Senat das [2][Gutachten mit dem Titel | |
„Entwicklungsszenarien für neue Klimaziele. Klimaschutzzielszenario – | |
Maßnahmen zur Klimaneutralität 2040]“. Die Hamburger Umweltbehörde, von der | |
Grünen Katharina Fegebank geführt, hatte das Gutachten beim Hamburg | |
Institut und Öko-Institut in Auftrag gegeben. | |
Auf 50 Seiten beleuchten die Autor:innen darin, ob und mit welchen | |
Maßnahmen Hamburg bis 2040 klimaneutral werden kann. Die | |
Gesamteinschätzung: Möglich ist es. Zugleich: „Ein Vorziehen der | |
Zielsetzung der Netto-CO2-Neutralität auf das Jahr 2040 würde erhebliche | |
Zusatzanstrengungen bedeuten, die, je nach Ausgestaltung, zu spürbaren | |
Mehrbelastungen für private Haushalte, Unternehmen und den Landeshaushalt | |
führen würden“. | |
## Konkrete Schritte | |
Das Gutachten schlägt konkrete Schritte vor. So müsse das Gasnetz | |
stillgelegt und das Fernwärmenetz schneller ausgebaut werden. Innerorts | |
solle ein Tempo-30-Limit eingeführt, in ganz Hamburg sollten der ÖPNV und | |
Radwege ausgebaut werden. In der Industrie müssten fossile Energien durch | |
Wasserstoff und E-Fuels ersetzt und die Mobilität komplett elektrifiziert | |
werden. Darüber hinaus müsste die Sanierung, die Umrüstung auf Heizsysteme | |
mit erneuerbaren Energien und der Ausbau von Wind- und Solarenergie | |
beschleunigt werden. | |
Allerdings ist Hamburg zur Erreichung des Ziels 2040 auch von | |
Rahmenbedingungen auf Bundes- und EU-Ebene abhängig – etwa, ob im | |
Verkehrsbereich die Elektrifizierung von Autos entsprechend vorangetrieben | |
wird. Das gilt allerdings in gleichem Maß für das vom Senat angestrebte | |
Ziel der Klimaneutralität bis 2045. | |
Für den Senat ist das Gutachten insgesamt eine Bestätigung dafür, das Ziel | |
2040 abzulehnen. Es hebt bereits die bisherigen Klimaschutzziele Hamburgs | |
als „ambitioniert“ hervor. Für die Regierungspolitik in Hamburg [3][bleibt | |
daher der bisherige Klimaplan maßgeblich]. | |
## Uneinigkeit in der Koalition | |
Doch so einig scheinen sich die Regierungsparteien nicht zu sein. Während | |
die Grünen das Gutachten als ein Ja zu 2040 lesen, sieht die SPD darin ein | |
klares Nein. „Das Zieljahr 2040 würde viele Hamburger:innen hart | |
treffen“, sagt Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Fraktion. „Zum | |
Beispiel beim Heizen, durch steigende Mieten infolge beschleunigter | |
Sanierungs- und Umrüstpflichten sowie im täglichen Verkehr.“ Die SPD setzte | |
deshalb weiterhin auf den „sozial verträglichen und umsetzbaren Pfad bis | |
2045“. | |
Die Grünen sehen das anders: „Das neue Gutachten zeigt: Eine frühere | |
Klimaneutralität Hamburgs ist möglich – sogar schon 2040. Und natürlich | |
kann und muss genau das auch sozialverträglich gelingen“, sagt Rosa Domm, | |
stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Das neue Gutachten sei | |
dafür ein klarer Ansporn und liefere die nötigen Maßnahmen: ein | |
emissionsfreies Wärmenetz, mehr Elektromobilität, Investitionen in Bus, | |
Bahn und Rad sowie eine höhere Sanierungsquote im Gebäudesektor. „Wer jetzt | |
sagt, das ginge nur mit Einschnitten oder sozialen Härten, verkennt den | |
Gestaltungsspielraum der Klima- und Sozialpolitik“, ergänzt der | |
Grünen-Landesvorsitzende Leon Alam. | |
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering fordert Bürgermeister Peter | |
Tschentscher (SPD) auf, den Streit im Senat zu beenden. Das Gutachten | |
liest auch die CDU als Absage an den Zukunftsentscheid. Es zeige, dass die | |
Klimaneutralität 2040 „nur unter schwersten Verwerfungen und unzumutbaren | |
Kosten zu erreichen ist“. | |
## Zukunftsentscheid-Ini sieht sich bestätigt | |
Für die Volksinitiative Zukunftsentscheid ist das Gutachten eine | |
Bestätigung ihrer Forderungen. „Die Studie belegt die Machbarkeit der | |
Klimaneutralität 2040 und bringt Rückenwind für den Zukunftsentscheid“, | |
sagt Lou Töllner, Sprecherin der Volksini. „Wer diese Studie missbraucht, | |
um Klimaschutz gegen Soziales auszuspielen, betreibt schäbigen Populismus“, | |
sagt Töllner. „Damit wird das Vertrauen in Politik und Wissenschaft | |
vorsätzlich zerstört, während der Senat sich feige aus der Verantwortung | |
für eine soziale und kluge Umsetzung stehlen will.“ | |
Auch Verbände wie der Nabu, der BUND und der Mieterverein zu Hamburg lesen | |
das Gutachten positiv. „Klimaneutralität in Hamburg bis 2040, das ist | |
sportlich, das ist ein Marathonlauf. Um einen solchen zu schaffen, braucht | |
es den Willen dazu und ambitionierte Zwischenziele“, sagt die | |
BUND-Vorsitzende Sabine Sommer. Aber: „Wer sich gar nicht erst Ziele setzt, | |
kommt selbst 2080 noch nicht an.“ | |
Am 12. Oktober dürfen alle Wahlberechtigten über ein neues Klimagesetz für | |
Hamburg abstimmen. Das fordert neben dem Vorziehen der Ziele auf 2040 auch | |
die Setzung von jährlichen Zwischenzielen für den Senat und die | |
Sozialverträglichkeit des Klimaschutzes. | |
17 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburg-vor-dem-Klima-Volksentscheid/!6113358 | |
[2] https://www.hamburg.de/resource/blob/1098248/d99f6acefbb5e42e3db987da2b3af0… | |
[3] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bukea/themen/klima/… | |
## AUTOREN | |
Amelie Müller | |
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