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# taz.de -- Volksentscheid Baum in Berlin: Schwarz-Rot will Bäume pflanzen
> Überraschende Wende im Umweltausschuss: Die Regierungskoalition
> unterstützt die Inhalte des Baumentscheids. Bedenken gibt es noch wegen
> der Kosten.
Bild: Etwas Schatten wäre schon: Befürworter:innen des Baumentscheids demonst…
Berlin taz | „Das hatten wir nicht erwartet“, sagt Heinrich Strößenreuther
und klingt begeistert. Seit 2023 kämpft er mit seiner [1][Initiative
Baumentscheid] für mehr Bäume in Berlin, die das Stadtklima abkühlen
sollen. Lange sah es so aus, als ob der schwarz-rote Koalition davon nichts
wissen wolle. Nun aber hat sie am Samstag den Weg für einen Gesetzentwurf
freigemacht – damit könnte sie einem Volksentscheid zuvorkommen.
Vermutlich hätte Berlin sonst sowieso für den Gesetzesentwurf der
Initiative gestimmt. Über 80 Prozent der Berliner Wähler:innen
befürworten ihn – sagen die InitiatorInnen. Selbst unter den AfD und CDU
Wählern seien knapp 70 Prozent dafür, heißt es. „Wir haben es geschafft,
ein Thema auf die Agenda zu setzen, das vor zwei Jahren nicht so viele
Menschen interessiert hat“, sagt Strößenreuther. Das mache ihn ein bisschen
stolz.
Die Frage bleibt nur: Warum lenkt der Senat plötzlich ein? Hieß es doch
noch im Juni vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und Umweltsenatorin
Ute Bonde (beide CDU), sie würden zwar „das grundsätzliche Ziel des
Begehrens“ teilen, müssten das Gesetz allerdings wegen der damit
verbundenen Kosten von „mindestens 7,2 Milliarden Euro“ ablehnen. Voller
ist die Berliner Haushaltskasse seitdem nicht geworden.
Ist Kai Wegner nun also doch als Berlins oberster Baumliebhaber über seinen
Schatten gewachsen? Benedikt Lux, umweltpolitischer Sprecher der
Grünenfraktion, glaubt das nicht. „Es ist natürlich parteitaktisches
Interesse“, sagt er. Am Tag des Volksentscheids hätte Berlin schließlich
auch für die Wahl des Abgeordnetenhaus vor der Urne stehen sollen. CDU und
SPD hätten vermeiden wollen, das beide Termine sich kreuzen. Vielleicht
solle die Gelegenheit auch dafür genutzt werden, am Gesetzentwurf
herumzudoktern, glaubt Lux.
Dadurch könnte der aktuelle Entwurf aber auch gewinnen. Das zumindest denkt
Verena Fehlenberg von der Umweltorganisation BUND Berlin: „Das Anliegen
finden wir richtig und wichtig“, sagt sie. Einige Aspekte seien aber noch
nicht ausgereift. So steht im aktuellen Entwurf, dass alle 15 Meter an
einer Straße ein Baum gepflanzt werden soll. Von Art zu Art haben die laut
Fehlenberg aber mal mehr und mal weniger Platzbedarf.
Der Entwurf von der Initiative klärt auch nicht, welche Baumarten gepflanzt
werden sollen. Heimische Arten könnten aber Insekten dringend benötigten
Lebensraum schenken. Das Gesetz interessiert sich aber nur für die kühlende
Funktion von Bäumen. Der BUND ist laut Fehlenberg aber schon mit dem
Baumentscheid über solche Feinheiten im Gespräch.
## Geteiltes Anliegen
Am Samstag hatten sich nach einer Sondersitzung des Umweltausschusses, bei
der die Initiative von den Parlamentarier:innen befragt wurde, sowohl
SPD als auch CDU für das Anliegen des Volksentscheids ausgesprochen. „Das
Kernanliegen der Initiative ist gerade aus bürgerlicher Sicht absolut
richtig und verdient unsere Unterstützung: die gesetzliche Verankerung von
Klimaanpassung und Stadtgrün“, sagte Dirk Stettner, Fraktionsvorsitzender
der CDU.
Er kündigte weitere Gespräche mit Vertreter:innen der Initiative an.
Das nächste Treffen findet schon am Mittwoch statt. Unter anderem soll eine
Arbeitsgruppe mit Fachpolitiker:innen gebildet werden, die prüfen
soll, inwieweit die Inhalte des Gesetzesentwurfs durch das Abgeordnetenhaus
übernommen werden können.
Das Abgeordnetenhaus hat noch bis zum 4. November Zeit, den Gesetzesentwurf
der Initiative anzunehmen, oder – so die wahrscheinlichere Variante – mit
einem eigenen abgeschwächten Gesetz zuvorzukommen. Die letzte Möglichkeit,
das Gesetz im Abgeordnetenhaus regulär zu beschließen, wäre die
Plenarsitzung am 9. Oktober.
Ließe das Parlament die Frist verstreichen, ginge das Volksbegehren in die
nächste Phase: Dann müssen 250.000 Unterschriften gesammelt werden, damit
bei den Wahlen im September 2026 per Volksentscheid abgestimmt wird.
## Streitpunkt Kosten
Größter Konfliktpunkt ist bislang die Finanzierung: „Kosten von 7
Milliarden Euro oder sogar mehr, die zu Einsparungen bei anderen
freiwilligen Leistungen von zirka 500 Millionen Euro pro Jahr führen,
[2][sind im Kernhaushalt nicht darstellbar], ohne an anderer Stelle großen
Schaden für die Berlinerinnen und Berliner zu produzieren“, schrieben die
Koalitionäre in ihrer gemeinsamen Pressemitteilung am Montag.
„Es muss ja nicht alles aus dem Landeshaushalt kommen“, sagt Benedikt Lux
von den Grünen. Es gebe verschiedene andere Wege, an Geld heranzukommen,
etwa über Spenden an die Stadtbaumkampagne oder eine CO2-Bepreisung.
Eine weitere Hürde könnte die erhebliche Flächenkonkurrenz in Berlin sein.
Bislang priorisiert Schwarz-Rot Neubau über den Erhalt von Grünflächen. In
Neukölln soll etwa ein Waldstück auf einem ehemaligen Friedhof
Eigentumswohnungen weichen, obwohl Bezirk und Berliner Forste dagegen sind.
Ausgleichsflächen im Stadtgebiet gibt es kaum noch.
Der Gesetzentwurf der Initiative sieht vor, 300.000 neue Straßenbäume bis
2040 zu pflanzen. Außerdem sollen in besonders dicht bebauten
„Hitzevierteln“ Flächen entsiegelt werden. Regenwasser soll mit der
Umsetzung des Schwammstadt-Konzepts besser gespeichert und genutzt werden.
23 Sep 2025
## LINKS
[1] /Berliner-Klimaanpassungsgesetz/!6091458
[2] /Umwelt--und-Klimapolitik-in-Berlin/!6112175
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
Moritz Tübbecke
## TAGS
Volksentscheid
Klimaanpassung
Stadtnatur
Bäume
Abgeordnetenhaus
Ute Bonde
Berlin
Naturschutz
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