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# taz.de -- Streit um ESC: Österreichs Außenministerin mischt sich ein
> Um den 70. Eurovision Song Contest 2026 in Wien gibt es schon Monate vor
> dem Start immensen politischen Wirbel. Anlass ist der Gaza-Krieg.
Bild: Hier, in der Wiener Stadthalle, soll der 70. Eurovision Song Contests (ES…
Wien dpa/afp | In die Debatte um einen [1][etwaigen Boykott des Eurovision
Song Contests (ESC)] durch mehrere Länder hat sich nun Österreichs
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger eingemischt. Ein Boykott als Reaktion
auf die Teilnahme Israels würde „die Möglichkeiten für einen wichtigen
Dialog zwischen Künstlern und der Bevölkerung verunmöglichen – ohne die
Lage vor Ort in Israel und Gaza zu verbessern“, schrieb Österreichs
Chefdiplomatin an ihre Amtskollegen und -kolleginnen
Österreich trägt im Mai 2026 den ESC aus. Er gilt als größter
Musikwettbewerb der Welt.
Verschiedene Länder erwägen einen Boykott, um gegen das Vorgehen Israels im
Gaza-Streifen zu protestieren. Als Außenministerin des Gastgeberlandes sei
sie „zutiefst besorgt über die Gefahr einer Spaltung zwischen den
Mitgliedern der Europäischen Rundfunkunion in dieser Frage“, so die
Ministerin.
## Ministerin: ESC falsches Forum für politische Debatten
Zwar dürften politische Entwicklungen, gerade wenn sie mit humanitärem Leid
einhergingen, nicht ignoriert werden. Sie sei aber überzeugt, dass der ESC
sich nicht für Sanktionen eigne, so die Außenministerin. Solche Debatten
würden in etablierte politische Foren gehören.
Kunst und Kultur könnten Brücken bauen. Sie halte es deshalb für
unerlässlich, den Dialog mit den Künstlern und der Bevölkerung Israels
aufrechtzuerhalten, von denen sich viele offen von den Handlungen ihrer
Regierung distanzierten, schrieb Meinl-Reisinger weiter.
Die Europäische Rundfunkunion (EBU) will voraussichtlich im Dezember über
den Umgang mit Israel entscheiden. Die EBU in Genf betrachtet den ESC als
unpolitisches, künstlerisches Ereignis. Kriterium für die Teilnahme sei die
Unabhängigkeit der jeweiligen Rundfunkanstalten, die die Künstlerinnen und
Künstler entsendeten. Der israelische Kan-Sender werde diesen Anforderungen
gerecht, hieß es zuletzt.
## Zerreißprobe für den ESC
Es ist die größte Zerreißprobe in der Geschichte des Eurovision Song
Contest (ESC): Acht Monate vor der in Wien geplanten 70. Ausgabe des
weltweit größten Musikwettbewerbs droht ein Streit um die Teilnahme Israels
das Teilnehmerfeld zu spalten. Spanien, Irland, die Niederlande, Island und
Slowenien drohen bei einer israelischen Teilnahme mehr oder minder
definitiv mit einem Verzicht, weitere Länder wackeln.
## Wie begründen sich die Boykottdrohungen?
Die Hauptbegründung ist das Vorgehen Israels im Gaza-Streifen nach dem
Angriff der radikalislamischen Hamas im Oktober 2023. Diese Kritik wurde
bereits bei den zwei jüngsten ESC-Finals im schweizerischen Basel und im
schwedischen Malmö sehr deutlich. In Malmö gab es 2024 wütende
Demonstrationen mit vielen tausend Teilnehmern. In Basel war der
Straßenprotest im Mai kleiner, aber es gab offene Kritik an Israel und
Solidarisierungen mit den Menschen in Gaza.
## Gibt es auch andere Kritik?
Das unerwartet starke Abschneiden der israelischen Starterin Yuval Raphael
in Basel sorgte für Manipulationsvorwürfe. Die in der Jurywertung lediglich
auf Platz 15 platzierte Israelin gewann völlig überraschend die
Zuschauerabstimmung. [2][Dies weckte in vielen Ländern Zweifel daran, dass
bei der Abstimmung alles mit rechten Dingen zuging]. Die europäische
Rundfunkunion EBU fand bisher keine Hinweise auf Manipulationen. Israel
schien von einer aufwändigen Werbekampagne in sozialen Netzwerken
profitiert zu haben.
## Welche Konsequenzen drohen bei Israels Teilnahme?
Die Teilnehmerzahl von zuletzt 37 Ländern könnte deutlich sinken. Bei fünf
Ländern scheint der Verzicht bei einer Teilnahme Israels bereits definitiv.
Neben Spanien, Irland, Island, Slowenien und den Niederlanden sollen
weitere Teilnahmen wackeln. Belgien etwa brachte bereits nach dem Basler
Finale für 2026 einen Verzicht ins Gespräch.
## Was macht Spaniens Ankündigung so heikel?
Spanien schnitt ähnlich wie Deutschland in den vergangenen Jahren oft
enttäuschend beim ESC-Finale ab. Die spanischen Zuschauer gelten trotzdem
als leidenschaftliche Fans des Wettbewerbs. Spanien zählt auch zu den Big
Five, den fünf großen Geldgeberländern des ESC. Sollte Spanien also
boykottieren, fehlen nicht nur viele Millionen Zuschauer – dem wegen der
spektakulären Show kostspieligen Wettbewerb fehlt dann auch viel Geld.
## Wann entscheiden sich die Boykottandrohungen?
Im Dezember will die EBU bei ihrer Generalversammlung über die Teilnahme
Israels entscheiden. „Wir verstehen die Bedenken und tiefen Überzeugungen
hinsichtlich des anhaltenden Konflikts im Nahen Osten“, erklärte
ESC-Direktor Martin Green. Die Rundfunkunion wirkte allerdings bei den zwei
vergangenen ESC-Finals überfordert damit, die Politik vom Wettbewerb
fernzuhalten und zwischen den Teilnehmerländern einen Konsens zu erzielen.
Der Ausgang eines von der EBU eingeleiteten sogenannten
Konsultationsprozesses zu Israel scheint völlig offen.
## Wie verhält sich Deutschland?
In Deutschland gibt es bisher keinerlei Anzeichen für einen möglichen
Boykott, Kulturstaatsminister Wolfram Weimer kritisierte vielmehr die
Boykott-Forderungen. Der neuerdings für die ESC-Vorbereitung zuständige
Südwestrundfunk arbeitet planmäßig an der Vorbereitung des deutschen
Vorentscheids. Hier steht mittlerweile fest, dass die in diesem Jahr
gewählte Zusammenarbeit mit RTL und dessen Moderator Stefan Raab nach nur
einem ESC bereits wieder vorbei ist.
## Gab es eine ähnliche Situation wie in diesem Jahr schon früher?
[3][Der ESC will zwar neutral und unpolitisch sein]. Er konnte sich aber
nie von der Weltpolitik abkoppeln. In Folge des russischen Angriffs auf die
Ukraine darf Russland mittlerweile nicht mehr teilnehmen. 1975 führte der
Zypernkonflikt zum Boykott Griechenlands. 1979 verzichtete die Türkei auf
die Finalteilnahme aus Protest gegen Israels Vorgehen im Nahen Osten. Im
Zuge der Balkankriege ging die EBU insbesondere gegen Serbien mit dessen
damaligem Präsidenten Slobodan Milošević vor. In dem Ausmaß wie in diesem
Jahr gab es allerdings noch nie Konflikte – es handelt sich um eine echte
Zerreißprobe des weltweit am meisten beachteten Musikwettbewerbs.
20 Sep 2025
## LINKS
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