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# taz.de -- Krieg in Nahost: Großbritannien, Australien und Kanada erkennen Pa…
> Vor der UN-Generalversammlung steigt der Druck auf Israel. Die
> Bundesregierung erteilt einer Anerkennung Palästinas weiterhin eine
> Absage.
Bild: Woher der Wind weht: eine Palästina-Flagge vor dem UN-Hauptquartier in N…
Berlin/London taz | Am Sonntagnachmittag kommen die Ankündigungen Schlag
auf Schlag. Erst erkennen Australien und Kanada den Staat Palästina an,
kurz darauf auch Großbritannien.
„Angesichts des wachsenden Horrors im Mittleren Osten handeln wir, um die
Hoffnung auf Frieden und eine [1][Zweistaatenlösung] am Leben zu erhalten“,
sagte [2][der britische Premierminister Keir Starmer] am Sonntag in einer
Videobotschaft: „Vor über 75 Jahren haben wir einen israelischen Staat
als Heimstätte für die Juden anerkannt. Heute erkennen wir auch einen
palästinensischen Staat an.“
Bereits im Juli hatte Großbritannien diesen Schritt in Aussicht gestellt.
Gleichzeitig hatte Starmer Bedingungen gestellt, wie die israelische
Regierung ihn hätte vermeiden können, etwa eine Feuerpause, die Erlaubnis
der Verteilung von Nahrungs- und Hilfsmitteln durch die UN und eine
Verpflichtung zu einer Zweistaatenlösung. Doch Israel führt den Krieg
unbeirrt weiter und baut die Siedlungen im Westjordanland aus.
Gleichzeitig kündigte Starmer an, Hamas-Führer in den kommenden Wochen zu
sanktionieren – möglicherweise, um dem Vorwurf den Boden zu entziehen, dass
die Anerkennung Palästinas die Terrorakte der Hamas belohnen würden.
## Verurteilung der Hamas
Starmer betonte in seiner Rede außerdem die menschenunwürdige Behandlung
der Geiseln und bezeichnete die Hamas als brutale Terrororganisation. Sie
dürfe keine Rolle in einer zukünftigen palästinensischen Regierung spielen.
Mit Großbritannien und Kanada haben nun die ersten zwei G7-Staaten
Palästina anerkannt. Die große Frage ist: Bringt dies nun die Wende?
Alle Augen sind jetzt auf die Zweistaatenkonferenz gerichtet, die am
Montag, dem Vorabend der UN-Vollversammlung, in New York stattfinden soll.
Dort wollen weitere Länder diesem Schritt folgen, darunter auch
Frankreich, das gemeinsam mit Saudi-Arabien die Konferenz leitet. Israels
Premierminister Benjamin Netanjahu prangerte die Anerkennung eines
Palästinenserstaats als Bedrohung der Existenz Israels an.
Die israelische It’s Time Coalition hingegen, ein Zusammenschluss aus
jüdischen und palästinensischen israelischen Friedensaktivist*innen,
unterstützt den Vorstoß. Die Anerkennung Palästinas sei eine historische
Gelegenheit, sich „aus einer Todesfalle ins Leben zu bewegen, aus einem
endlosen messianischen Krieg in eine Zukunft der Sicherheit und Freiheit
für beide Völker“.
Allen Beteiligten – von Emmanuel Macron bis Keir Starmer, von der
Palästinensischen Autonomiebehörde bis zur Hamas – dürfte klar sein: Auf
die Situation vor Ort werden die diplomatischen Bewegungen in New York auf
absehbare Zeit wenig Einfluss haben, weder auf die Weiterführung des
Gazakriegs noch auf die Hungersituation – solange der Druck nicht auch aus
den USA kommt.
## Skandal vor UN-Vollversammlung
Und danach sieht es derzeit nicht aus, darauf deutet auch ein Skandal im
Vorfeld der UN-Vollversammlung hin: Die USA verweigerten der
palästinensischen Delegation die Einreise. Stattdessen wird
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nun per Videoschalte an der Sitzung
teilnehmen.
Hinzu kommt: Europa ist weit davon entfernt, in der Nahostfrage geeint zu
sein. Die EU hat zwar immer wieder auf eine Zweistaatenlösung gedrängt,
jedoch lange die Linie verfolgt, einen Staat Palästina erst dann
anzuerkennen, nachdem ein solcher erfolgreich ausgehandelt wurde. Mit
Schwedens Anerkennung Palästinas im Jahr 2014 begann diese Politik zu
bröckeln. 2024 folgten einige andere europäische Länder: im Mai Spanien,
Irland und Norwegen, im Juni Slowenien.
Die europäischen Schlüsselstaaten Deutschland und Italien hingegen erteilen
einer Anerkennung Palästinas weiterhin eine Abfuhr. Friedrich Merz wird gar
nicht erst zur Zweistaatenkonferenz anreisen und schickt seinen
Außenminister vor, die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni ihren
Vize Antonio Tajani.
Und doch: Ein gewisser Druck scheint bei Netanjahu anzukommen. Laut der
europäischen Ausgabe von Politico setzt Israel derzeit alles daran, dass
die französische Anerkennung Palästinas an die Freilassung der Geiseln
geknüpft wird. Außerdem arbeite Netanjahu an mehreren Optionen, um auf die
mögliche Anerkennung zu reagieren, etwa die Schließung des französischen
Konsulats in Jerusalem und die Besetzung von französischem Territorium in
Israel, schreibt Politico unter Berufung auf europäische Beamte.
Yehuda Shaul von der Organisation ofek, dem israelischen Zentrum für
öffentliche Angelegenheiten, verweist auf den wachsenden Druck im
UN-Sicherheitsrat auf die USA. Wenn dort die beiden ständigen
Mitgliedstaaten Frankreich und Großbritannien Palästina anerkannt haben,
stehen die USA als einziger ständiger Mitgliedstaat, der Palästina nicht
anerkennt, isoliert da.
Auch innerhalb der USA zeige der steigende Druck, so Shaul gegenüber der
taz, Auswirkungen. Eine Reihe von demokratischen Abgeordneten forderten
US-Präsident Trump in einem Brief dazu auf, den Staat Palästina
anzuerkennen. „Dies könnte der erste Schritt der Demokratischen Partei
sein, ihre Haltung zu ändern und die Anerkennung Palästinas in Zukunft zu
unterstützen“, so Shaul.
21 Sep 2025
## LINKS
[1] /Zweistaatenloesung-im-Nahen-Osten/!6114433
[2] /Labour-Partei-in-Grossbritannien/!6110171
## AUTOREN
Judith Poppe
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
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