# taz.de -- Nach ESC-Erfolg Israels: Debatte um Publikumsvoting | |
> In Spanien schlagen die Wellen nach dem Eurovision-Finale hoch. Es geht | |
> unter anderem um das umstrittene Publikumsvoting. | |
Bild: Yuval Raphael aus Israel läuft mit der Fahne bei einer Probe für die Fi… | |
Madrid/Brüssel dpa | In Spanien ist eine Debatte über Israels Teilnahme am | |
Eurovision Song Contest und [1][das gute Abschneiden des Landes beim | |
Publikum] entbrannt. Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte den | |
[2][Ausschluss Israels vom Wettbewerb]. Der staatliche TV-Sender RTVE | |
kündigte derweil an, man werde eine Überprüfung des Publikumsvotings | |
beantragen, das die Teilnehmerin Israels (Yuval Raphael mit dem Song „New | |
Day Will Rise“) am Samstag auf Platz 2 katapultiert hatte. | |
Als Begründung für seine Forderung nannte Sánchez das militärische Vorgehen | |
Israels im Gazastreifen. Die Offensive habe sogar in der Nacht des | |
ESC-Finales mit weiteren Bombardierungen angedauert, betonte er. In | |
Anspielung auf den Umgang mit Russland sagte der sozialistische Politiker: | |
„Wir dürfen keine doppelten Standards in der Kultur zulassen.“ Niemand habe | |
sich empört, als Russland wegen der Invasion der Ukraine vom ESC | |
ausgeschlossen wurde. „Dasselbe sollte auch für Israel gelten“, sagte | |
Sánchez. | |
RTVE wollte unterdessen seinen Antrag auf Überprüfung des Televotings nach | |
eigenen Angaben im Laufe des Montags bei der Europäischen Rundfunkunion | |
(EBU) einreichen. „Mehrere Länder werden ebenfalls denselben Antrag | |
stellen, da sie der Ansicht sind, dass das Televoting durch die aktuellen | |
militärischen Konflikte beeinflusst wurde und dies den kulturellen | |
Charakter der Veranstaltung gefährden könnte“, teilte der Sender mit. | |
Bereits im Vorfeld des ESC 2025 hatte es Spannungen zwischen RTVE und der | |
EBU gegeben. Der spanische Sender erklärte, man sei von der EBU unter | |
Androhung hoher Geldstrafen davor gewarnt worden, während der | |
Liveübertragungen politische Botschaften zu verbreiten. Auslöser war ein | |
Hinweis auf die Opfer des Gaza-Konflikts, den RTVE im zweiten Halbfinale | |
eingeblendet hatte. Trotz der Warnung zeigte der Sender unmittelbar vor | |
Beginn des Finales erneut eine Botschaft: „Angesichts der Menschenrechte | |
ist Schweigen keine Option. Frieden und Gerechtigkeit für Palästina.“ | |
## Belgischer Sender stellt ESC-Teilnahme infrage | |
Derweil stellt der belgische öffentlich-rechtliche Sender VRT wegen – aus | |
Sicht des Senders – offener Fragen zum ESC-Zuschauervoting seine künftige | |
ESC-Teilnahme infrage. Es brauche ernsthafte Antworten auf Bedenken | |
bezüglich des Eurovision Song Contests, teilte der Sender mit. Nach | |
VRT-Angaben will die für die ESC-Ausstrahlung zuständige Europäische | |
Rundfunkunion (EBU) Gespräche mit den beteiligten Sendern führen. | |
Es lägen zwar keine Hinweise darauf vor, dass die Stimmenauszählung nicht | |
korrekt durchgeführt wurde, so VRT. Weiter heißt es jedoch: „Wir fordern | |
von der EBU volle Transparenz. Die Hauptfrage ist, ob das derzeitige | |
Abstimmungssystem ein faires Abbild der Meinungen der Zuschauer und Zuhörer | |
garantiert.“ | |
Der ESC stehe zunehmend im Widerspruch zu den ursprünglichen Normen und | |
Werten der Veranstaltung und zu den Normen und Werten des | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auf der Website von VRT heißt es zudem, | |
man unterstütze die Forderung, eine Debatte über die Teilnahme Israels am | |
ESC zu führen. | |
Beim Publikum lag Israel deutlich vorn. Das Land hatte die Sängerin Yuval | |
Raphael nach Basel geschickt. Die 24-Jährige ist eine Überlebende des | |
Massakers der islamistischen Hamas und weiterer Terrorgruppen vom 7. | |
Oktober 2023. [3][Wegen des Gazakriegs gab es in Basel immer wieder | |
Proteste gegen ihre Teilnahme.] | |
Dabei bekam Israel bei der Zuschauerabstimmung auch aus Ländern hohe | |
Punktzahlen, in denen das Handeln von Israels Regierung eher kritisch | |
betrachtet wird, etwa Spanien, Belgien oder Irland. Insgesamt bekam Raphael | |
knapp 300 Punkte von den Zuschauenden aus den 37 Teilnehmerländern – so | |
viele wie niemand sonst. | |
## Protest auch vergangenes Jahr | |
Israels Teilnahme beim Eurovision-Song-Contest-Halbfinale war im | |
vergangenen Jahr auf dem Sender VRT von einer Protestaktion begleitet | |
worden. Am Anfang und Ende der Übertragung der Show wurde eine | |
schwarz-weiße Texttafel eingeblendet, auf der Gewerkschaften ihren Unmut | |
über die Politik Israels zum Ausdruck brachten. In der Einblendung wurde | |
dem Staat Israel im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg unter anderem | |
vorgeworfen, Menschenrechte zu verletzen und die Pressefreiheit zu | |
zerstören. | |
Der Gaza-Krieg hatte im Oktober 2023 mit einem Terrorangriff der Hamas auf | |
Israel begonnen. Etwa 1.200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 | |
entführt. In dem Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten | |
Gesundheitsbehörde bislang mehr als 53.300 Palästinenser im Gazastreifen | |
getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und | |
lässt sich unabhängig kaum überprüfen. | |
Auf dem offiziellen EBU-Kanal für den ESC rief die israelische Sängerin | |
Yuval Raphael vor dem Finale in einem Werbefenster Zuschauer immer wieder | |
auf, für ihren Song zu stimmen. Diese Aufrufe liefen zum Beispiel in den | |
Aufzeichnungen der Halbfinal-Sendungen zwischen Reklame für Burger und für | |
Internetdienste. Seit dem Finale ist Yuval Raphael in den immer noch online | |
stehenden Halbfinal-Sendungen nicht mehr in Werbefenstern zu sehen. | |
Dazu sagt die EBU auf Anfrage in einer Stellungnahme: Die ESC-Regeln | |
verbieten es den teilnehmenden Rundfunkanstalten oder Dritten wie | |
Plattenfirmen oder anderen nicht, ihre Beiträge online und anderswo zu | |
bewerben. Die Werbung dürfe den Wettbewerb nicht instrumentalisieren oder | |
gegen seine redaktionellen Richtlinien verstoßen. „Viele Delegationen | |
setzen bezahlte Werbekampagnen ein, um den Song, das Profil und die | |
zukünftige Karriere ihrer Künstler zu unterstützen.“ Für die | |
Halbfinalsendungen war kein anderer Interpret mit einem Wahlaufruf in einem | |
Werbefenster zu sehen. | |
20 May 2025 | |
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