| # taz.de -- Zoff um Palästina-T-Shirt in Hamburg: Streit im Programmkino | |
| > Beim Screening eines Dokumentarfilms in Hamburg muss sich İbrahim Arslan, | |
| > ein Überlebender der Anschläge von Mölln, gegen den Vorwurf des Rassismus | |
| > wehren. | |
| Bild: İbrahim Arslan organisiert seit Jahren das Gedenken an den Anschlag von … | |
| Hamburg taz | Eigentlich sollte es an diesem Abend um etwas anderes gehen. | |
| Am Ende bleibt dieses Video. Knapp eineinhalb Minuten ist es lang. Aus der | |
| mittleren Reihe gefilmt, zeigt es die Bühne eines Programmkinos in | |
| Hamburg-Ottensen. | |
| Man sieht den Geschäftsführer des Kinos, einen weißen Mann, wie er erst dem | |
| Überlebenden eines rassistischen Brandanschlags Rassismus vorwirft und dann | |
| dem Sohn einer Schoah-Überlebenden das Mikro wegnimmt und mit ihm über | |
| Israel diskutiert. | |
| Es geht auf Instagram viral. Menschen rufen zum Boykott des Kinos auf. Hier | |
| zeigt ein Deutscher, wie deutsches Erinnern geht, schreibt Mohamed Amjahid | |
| im Freitag. | |
| Das Video zeigt nur einen kleinen Ausschnitt eines Abends, an dem es | |
| eigentlich [1][um den Dokumentarfilm „Die Möllner Briefe“] (2025) gehen | |
| sollte, der von der verhinderten Solidarität nach dem rassistischen | |
| Brandanschlag in Mölln 1992 handelt. Für ein Podium nach der Vorführung | |
| [2][ist İbrahim Arslan gekommen], der als Kind den Anschlag überlebte, drei | |
| Verwandte verlor, sich sein Leben lang gegen Rassismus und Antisemitismus | |
| engagiert und Protagonist des Films ist. | |
| ## Rassismus aus Deutschland | |
| Das Video zeigt den Beginn der Veranstaltung. Man sieht Matthias Elwardt, | |
| den Kinoleiter, der Arslan gegenübersteht und ihn um zwei Köpfe überragt. | |
| „Ich verstehe nicht, wir zeigen heute einen antirassistischen Film“, sagt | |
| er in ein Mikro, Arslan hat keins. „Ja, von einer Familie, die von Ihrem | |
| Rassismus betroffen ist“, ruft der, „von Ihrem, aus Ihrem Land!“ Man | |
| versteht ihn ohne Verstärkung kaum. | |
| „Ja, aber das ist doch nicht so, dass man jetzt sagen kann, man macht | |
| selber Rassismus“, sagt Elwardt laut über das Mikro. Das Publikum buht, | |
| Leute rufen: „Bullshit!“ Arslan bedankt sich. | |
| Dann ruft Elwardt Richtung Saal: „Wir sind in dem Land, in dem es den | |
| Holocaust gegeben hat. Ich kann doch nicht auf die Bühne jemanden stellen, | |
| der sagt, Juden dürfen kein Land haben. Wir sind in Deutschland und haben | |
| eine Verpflichtung“, er hebt den Zeigefinger, „Es gibt ein Recht von | |
| jüdischen Menschen, das gibt es!“ Er erntet Rufe und Pfiffe. | |
| Was ist passiert? Noch bevor sie auf die Bühne gehen, spricht Elwardt | |
| İbrahim Arslan auf sein T-Shirt an. Darauf zu sehen ist der Umriss dessen, | |
| was heute Israel, Gaza und das Westjordanland sind, in den Farben der | |
| palästinensischen Flagge. Er habe das Symbol [3][als Wunsch der Vertreibung | |
| der Juden aus Israel] gelesen, sagt Elwardt später. | |
| Er habe das Shirt als Zeichen der Solidarität mit einer [4][von Völkermord | |
| betroffenen Bevölkerung] getragen, sagt Arslan. Elwardt habe ihn | |
| aufgefordert, es auszuziehen. Um das öffentlich zu machen, ist er auf die | |
| Bühne gegangen. Später, vor der Diskussion zum Film, entschuldigte er sich | |
| sogar für die Szene. Im Gegensatz zu Elwardt. | |
| ## Der Sohn von Esther Bejarano | |
| Im Video nimmt Arslan Elwardt irgendwann das Mikro ab und reicht es einem | |
| Mann, der vor der Bühne steht. „Guten Tag“, sagt der. „Ich bin der Sohn … | |
| Esther Bejarano, allen bekannt?“ Zustimmung aus dem Publikum, dem [5][die | |
| 2021 verstorbene Antifaschistin und Schoah-Überlebende] ein Begriff ist. | |
| „Und ich hab überhaupt nichts gegen dieses T-Shirt!“ İbrahim Arslan nickt | |
| und hebt die Faust, Applaus. | |
| „Das ist so diskriminierend gewesen für İbrahim“, sagt Joram Bejarano | |
| später der taz, „das hab ich mitbekommen, und dann bin ich nach vorne | |
| gegangen und hab gesagt, dass ich Jude bin und die israelische Regierung | |
| kritisch sehe.“ | |
| Matthias Elwardt entschuldigt sich zwei Tage später für seine | |
| „Fehlreaktion“. Alle Kinoeinnahmen des Films will er an Arslans | |
| Organisation „reclaim&remember“ spenden. Der Film „Die Möllner Briefe“ | |
| läuft seit 25. 9. in den Kinos. | |
| 25 Sep 2025 | |
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| [1] /Film-zu-Moelln-Anschlag-auf-der-Berlinale/!6066604 | |
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| [3] /Verbot-von-from-the-river-to-the-sea/!6039211 | |
| [4] /Israels-Krieg-in-Gaza/!6107904 | |
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| ## AUTOREN | |
| Amira Klute | |
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