Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Heizen im Winter: Die Gasspeicher sind zu 70 Prozent voll
> Reichen die Gasvorräte, um in einem kalten Winter die Wohnungen warm und
> die Industrie am Laufen zu halten? Darüber gibt es eine aufgeheizte
> Debatte.
Bild: Reicht die Erdgasreserve, um im Winter die Wohnungen zu heizen?
Berlin taz | Seit Wochen läuft der Streit über die vergleichsweise wenig
gefüllten Erdgasspeicher in Deutschland: Von einem „Warnsignal“ sprach
kürzlich Michael Kellner, energiepolitischer Sprecher der Grünen im
Bundestag, zu Ampel-Zeiten Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Auch
die Initiative Energien Speichern, hinter der sich der Verband der
deutschen Gasspeicherbetreiber verbirgt, warnte schon im Juli – und
forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. [1][Das
Wirtschaftsministerium von Katherina Reiche (CDU)] scheinen die Mahnrufe
allerdings kaltzulassen.
Die unterirdischen Gasspeicher in Deutschland – wichtig für die Versorgung
im Winter – sind tatsächlich nicht so voll wie vor einem Jahr.
Augenblicklich sind sie zu gut 70 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr waren es
etwa 90 Prozent. Die Erdgasreserve muss für mehrere Monate reichen. Weil
die russische Regierung seit ihrem Angriff auf die Ukraine 2022 kein Gas
mehr liefert, spielen gut gefüllte Lager eine große Rolle, um im Winter die
Wohnungen zu heizen und Industrieanlagen am Laufen zu halten.
Riskiert Katherina Reiche die Versorgungssicherheit? Zumindest in einem
harten Winter, der durch die Klimakrise zwar unwahrscheinlicher, aber nicht
unmöglich geworden ist, könnte es dem Speicherverband zufolge knapp werden.
„Ein Füllstand von 70 Prozent reicht nicht aus, um die Versorgung in einem
sehr kalten Winter zu gewährleisten“, erklärt die Initiative Energie
Speichern, „selbst dann nicht, wenn die Gasspeicher in unseren
Nachbarstaaten vollständig befüllt worden sind.“
Für den Fall sehr niedriger Temperaturen prognostiziert der Speicherverband
eine Deckungslücke ab Januar 2026. Weil sie dann voll ausgelastet seien,
wären auch die LNG-Terminals nicht mehr in der Lage, Importe und
Lieferungen zu steigern.
Wirtschaftsministerin Reiche könnte tätig werden und die Organisation
Trading Hub Europe (THE) beauftragen, noch schnell größere Mengen Gas
einzuspeichern. Damit trägt aber auch der Staat das Verlustrisiko, was
Reiche wohl vermeiden will.
## Die Gashändler rechnen nicht mit Knappheiten
Der Teil der Gaswirtschaft, der nicht am Einlagern des Energieträgers in
Speichern verdient, sieht die Lage ohnehin locker. „Wir sehen aktuell keine
schlechte Befüllung“, schreibt der Verband der Gas- und
Wasserstoffwirtschaft. Die Gashändler haben keinen Anreiz, die Vorgaben der
Regierung freiwillig zu übertreffen, [2][sie rechnen nicht mit steigenden
Preisen – und auch nicht mit Knappheit.]
Dass die Gaswirtschaft sich zurücklehnt, ist wohl auch eine Folge des
politischen Kurses von Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne). In der
Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs ließ die Ampelregierung
Anladestellen für Flüssiggastanker in Deutschland mit deutlichen
Überkapazitäten bauen. Die staatlichen Investitionen in die fossile
Infrastruktur führten zu starker Kritik von Klimaschützer*innen. Bislang
sind die Anlagen kaum ausgelastet.
Die Gashändler haben also mehr Optionen als früher, um noch kurzfristig Gas
einzukaufen, wenn doch mal nicht genug eingelagert wurde. „Das führt dazu,
dass Gasspeicher relativ gesehen zur Sicherstellung der
Gasversorgungssicherheit an Attraktivität verloren haben“, heißt es beim
Wirtschaftsministerium.
„Die privaten Gashändler sind momentan überwiegend entspannt und sehen
keine gefährliche Knappheit im kommenden Winter“, sagt Heiko Lohmann, Autor
des Branchendienstes Energate Gasmarkt. Auch er meint: Ein wichtiger Grund
sei das zu erwartende steigende LNG-Angebot. Für die Verbraucher könnte das
allerdings Nachteile haben. „Sollte das gespeicherte Gas wegen einer
anhaltenden Kältewelle oder anderer Ereignisse knapp werden, wird sich
vermutlich genug LNG auch aus den USA beschaffen lassen“, sagt Experte
Lohmann, „allerdings dann zu deutlich höheren Preisen als jetzt.“
## Rückhalt von der Bundesnetzagentur
Rückhalt für ihr Abwarten bekommt Wirtschaftsministerin Reiche von der
Bundesnetzagentur, die die zuständige Überwachungs- und Regulierungsbehörde
ist. „Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil“, heißt es dort, „die
Versorgungssicherheit ist gewährleistet.“ Auch die Bundesnetzagentur
verweist auf die neuen LNG-Terminals.
Bereits die Ampelregierung mit Robert Habeck als Wirtschaftsminister hatte
in einem ihrer letzten Amtsakte Ende April 2025 die Regeln für die Speicher
gelockert. Vorher galt: Die unterirdischen Kavernen müssen am 1. November
einen Füllstand von 90 Prozent haben. Nun sind es nur noch 80 Prozent,
unter bestimmten Umständen auch nur 70 Prozent. Die niedrigere Marke ist
also bereits jetzt, knapp zwei Monate vorher, erreicht.
3 Sep 2025
## LINKS
[1] /Wirtschaftsministerin-Katherina-Reiche/!6103133
[2] /Drei-Jahre-nach-Beginn-der-Gaskrise/!6097654
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Energiewende in Gefahr
Energiekrise
Energie
GNS
Katherina Reiche
Gas
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche: Die Provokateurin im Kabinett
100 Tage Katherina Reiche: Die Bundeswirtschaftsministerin Reiche (CDU)
polarisiert und setzt auf fossile Energie statt Klimatempo.
Warnung vor Gasmangel im Winter: Die Gasspeicher sind nicht sehr voll
Der Verband Energien Speichern fürchtet Gasknappheit bei einem sehr harten
Winter. Das Wirtschaftsministerium weist das zurück.
Drei Jahre nach Beginn der Gaskrise: Bundesregierung setzt Alarmstufe Gas aus
Die Gasversorgung sei wieder sicherer, sagt Wirtschaftsministerin Reiche.
Die Grünen kritisieren: Mit Reiches Politik bleibe die Abhängigkeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.