| # taz.de -- Allerletztes Buch der Gereon-Rath-Reihe: Praliné mit doppeltem Zei… | |
| > In „Westend“ lässt Volker Kutscher seine Kommissar Gereon Rath | |
| > zurückblicken. Das von Kat Menschik illustrierte Buch ist ein Vergnügen | |
| > für Fans. | |
| Bild: Volker Kutscher und Kat Menschik im Stil der Zeichnungen des Buches | |
| Nach einem 10-Gänge-Menü mit stets gehaltvollem Essen sehnen sich die | |
| meisten kaum auch noch nach einem Nachtisch. Wenn dann als Dessert ein | |
| Praliné mit feinster Schokolade serviert wird, ist es gut möglich, dass auf | |
| Dauer exakt das in Erinnerung bleibt. Genauso könnte es sein bei der | |
| Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher. | |
| Ende 2024 hatte Kutscher [1][den letzten Band der Krimi-Reihe] vorgelegt, | |
| in der er den fiktiven Kommissar Gereon Rath aus der Endphase der Weimarer | |
| ins Nazideutschland begleitet hatte. Zehn Bände mit je an die 600 Seiten, | |
| an denen er fast 20 Jahre gearbeitet hatte. Im letzten brannten die | |
| Synagogen während der Reichspogromnacht 1938, der einstige Kommissar lebte | |
| längst im Untergrund und die große Liebe zwischen ihm und seiner Frau | |
| Charlotte war zerbrochen. Ein Ende ohne Happy-End. | |
| Doch nun legt Kutscher doch noch mal nach. Mit „Westend“, einem kleinen, | |
| aber sehr feinen Band. Das Büchlein beginnt mit einem gleich doppelten | |
| Zeitsprung. Anfang 2025 lässt Kutscher ein:e Historiker:in im Nachlass | |
| eines emeritierten Professors Kassetten finden, auf denen ein von ihm | |
| geführtes Interview zu hören ist. Es wurde aufgezeichnet 1973 in einem | |
| Seniorenheim im Berliner Westend. Sein Gesprächspartner: der längst | |
| pensionierte Kommissar Gereon Rath. | |
| Interviews mit einer literarischen Figur sind naturgemäß selten. Mit Gereon | |
| Rath gab es bisher nur eins. Volker Kutscher hatte sich [2][2014 für ein | |
| Gespräch mit der taz in die Rolle seines Kommissars versetzt]. | |
| Mit der Neuauflage als literarischer Konstruktion gelingt es Kutscher nun | |
| nicht nur, seinen Hauptdarsteller auf seine Arbeit als Polizist | |
| zurückblicken zu lassen. Kutscher nimmt auch offen gebliebene Fäden aus der | |
| Krimireihe auf, erzählt en passant, was aus zentralen Figuren geworden ist. | |
| Und er schafft es auch noch, die ganze komplexe Nachkriegsgeschichte, die | |
| Teilung Deutschlands und Berlins in Ost und West, die auch Familien, Paare | |
| auseinandergerissen hat, nicht nur als nachvollziehbare Geschichte seiner | |
| Charaktere zu erzählen, sondern zu einem veritablen Spionageplot | |
| auszubauen. | |
| ## Alte Nazis, neue Sozialisten | |
| Da werde alte Nazis zu neuen Sozialisten, da werden alte Freund:innen zu | |
| Kalten Kriegern, und ganz nebenbei werden, wie man das aus Kutschers Krimis | |
| gewohnt ist, historische Orte wie das Café Warschau an der heutigen | |
| Karl-Marx-Allee im ehemaligen Ost-Berlin zu lebendigen Orten, über die man | |
| gleich noch mehr wissen will. Das Gespräch strotzt nur vor überraschenden | |
| Wendungen. Selbst der Interviewer – aber halt, das würde zu viel verraten. | |
| Wer die Gereon-Rath-Krimis nicht gelesen hat, wird nur Bahnhof verstehen. | |
| Für Kenner:innen der Reihe aber ist das Büchlein pures Vergnügen. Auch | |
| weil es äußerst schön ist, so wie sich das für ein Praliné gehört. Denn es | |
| wird von zahlreichen, schwarz-orange-weißen Zeichnungen der | |
| [3][Illustratorin Kat Menschik] geschmückt. Die hatte schon die beiden | |
| Bände „Moabit“ und „Mitte“ aufgewertet, in denen Kutscher zuvor schon … | |
| in einem Spin Off kleine, feine Geschichten wichtiger Figuren aus der Reihe | |
| weitergesponnen hatte. Schon diese beiden Bände waren im Wortsinne für | |
| Liebhaber. | |
| An „Westend“, dem dritten aus dieser Kooperation entstanden Büchlein, gibt | |
| es nur zwei Dinge zu kritisieren. Zum einen, dass es nach gerade mal 100 | |
| Seiten schon wieder zu Ende ist. Zum anderen, dass es zu spät kommt. Denn | |
| beim Lesen drängt sich förmlich auf, welch großartigen Handlungsrahmen | |
| dieses Interview bieten würde für eine wunderbare Verfilmung der | |
| Gereon-Rath-Saga. Aber die gab es ja mit der im Bombastkleister verendeten | |
| [4][„Babylon Berlin“-Reihe] schon. | |
| 4 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gereon Asmuth | |
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