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# taz.de -- Deutsche Bahn: Es ist ein Desaster
> Die Unzulänglichkeiten bei der Deutschen Bahn sind lange bekannt und
> wirtschaftlich teuer. Kann und will Verkehrsminister Schnieder das
> ändern?
Bild: Sänk u for Wartungsarbeiten an der Infrastruktur
Schleichend zermürbt die Deutsche Bahn Gleise, Gemüter, Wirtschaftskraft.
Sie verursacht Verluste in Deutschland und den Nachbarländern, die in die
Milliarden gehen. Vorsorglich rechnet in Deutschland niemand die Schäden
der [1][Verspätungen und Streckensperrungen] aus. Die Schweiz indes hat
gerechnet – und lehnt Vollsperrungen ab, weil [2][Generalsanierungen] die
Wirtschaft zu sehr schädigen.
Es ist gesamtwirtschaftlich günstiger, wenn Schienen, Weichen, Brücken,
Signale während des Betriebs instand gehalten werden. Zudem investiert die
Schweizer Bahn SBB seit Jahren in moderne Züge, Reisende können schneller
ein- und aussteigen, auch Menschen im Rollstuhl kommen ohne fremde Hilfe
mit.
Nun hat die Schweiz viel weniger Industriebetriebe und mit neun Millionen
Menschen wenig mehr als ein Zehntel der Bevölkerung Deutschlands. Doch
Reisende in der Schweiz gewinnen den Eindruck, dass etwa ein Drittel der
Schweizerinnen und Schweizer in Zügen pendelt. Die Sitze sind sauber, in
den Toiletten gibt es Seife und fließendes Wasser, die Bahnen gleiten über
gewartete Schienen und elektronisch überwachte Weichen. Und: Die Schweizer
Bahn fährt pünktlich, Anschlüsse quer durchs Land werden erreicht, ebenso
die Fernzüge nach Österreich, wo es dieselbe Erfahrung von Zuverlässigkeit
und Effizienz gibt.
Vor 15 Jahren moderte auch die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) vor sich
hin. Das Schienennetz war ein Sanierungsfall, das Unternehmen ÖBB ein
Verschiebebahnhof ausrangierter Politiker aus Bundes- und
Landesregierungen. Alles so wie heute in Deutschland. Wie hat Österreich
den Umbau geschafft? Als erstes hat der 2010 mit der Sanierung betraute
ÖBB-Vorstandschef Christian Kern das Management entlassen. Die von den
staatstragenden österreichischen Parteien entsandten Frühstücksdirektoren
spielten Tischeisenbahn und hatten kein Interesse, das für sie lukrative
Geschäftsmodell Bahn zu ändern.
15 Jahre später investieren die ÖBB regelmäßig ins Schienennetz und bauen
es innerhalb Österreichs und zu ihren Nachbarn Italien und Schweiz aus.
Einziger Bremsklotz: die kaputten Verhältnisse in Deutschland. Die sind für
die Hälfte der Verspätungen in Österreich verantwortlich.
Mit der deutschen Generalsanierung in Bayern ab 2026 verlängern sich die
Fahrzeiten nach Österreich und selbst innerhalb des Landes: Schon von Wien
nach Zürich brauchen Reisende 90 Minuten länger. Allein der österreichische
Güterverkehr rechnet mit rund 500 Millionen Euro Mehrkosten für die Umwege,
wenn die Deutschen die Strecke Passau-Nürnberg und München über Rosenheim
nach Salzburg sanieren. Zudem fürchten sie, Kunden zu verlieren, die ihre
[3][Produkte flexibler und zuverlässiger mit dem Lkw transportieren]
könnten.
In einer getakteten Volkswirtschaft kostet Stillstand. Eine Stunde
Lebenszeit im Bus als Schienenersatzverkehr auf der Strecke Hamburg-Berlin
während der aktuelle Vollsperrung auf der Strecke setzen Volkswirte mit 10
Euro an. Veränderungen bei der Beschaffung schienenfreundlicher Triebwagen
und Waggons sind anstrengend, eine Reform des Nutzungsentgeltsystems der
Bahn wäre mühsam, die Transformation würde Posten im Management kosten. Wer
also sollte das System Bahn reformieren?
## Verkehrsminister mit ausreichend Reformwillen?
Ein neuer Bahnchef könnte mit politischer Rückendeckung durchaus etwas
erreichen. Doch es wird sich zeigen, ob Verkehrsminister Patrick Schnieder
(CDU) nicht bereits mit einem neuen Bahnchef, den er nach dem Rausschmiss
von Richard Lutz jetzt einsetzen muss, ausreichend Reformwillen
demonstriert. Schneiders Haus kontrolliert nicht einmal, was die
bundeseigene Bahn-AG mit den 2, 3 oder nun sogar 4,5 Milliarden Euro
Steuergeld pro Jahr für den laufenden Betrieb macht.
Die regelmäßigen Milliarden für die Sanierung kommen da noch oben drauf.
Mehrfach überwies die Bundesregierung in den vergangenen 30 Jahren
mehrstellige Milliardensummen für die Erneuerung der Infrastruktur. Doch
selbst die neu eingebaute Technik für elektronische Signale oder Bauteile
wie Stahlschienen und Betonschwellen kann die Bahn nicht prüfen oder gar
warten.
Mit tödlichen Folgen, wie die Entgleisung des Regionalzugs von
Garmisch-Partenkirchen nach München am 3. Juni 2022 zeigte. Fünf Menschen
starben, 16 wurden lebensgefährlich verletzt, als der Zug entgleiste.
Ursächlich verantwortlich sind Spannbetonschwellen von der Sanierung im
Jahr 2006. Innerhalb von nur 16 Jahren wurden sie durch chemische
Reaktionen im Beton instabil, hatte die Bundesstelle für
Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) in ihrem Abschlussbericht 2025
festgestellt.
Die Spannbetonschwellen sind den Prüfern seit den frühen 2000er Jahren als
gefährliche Träger von Eisenbahnschienen bekannt, seitdem wissen sie von
den Alkali-Kieselsäure-Reaktionen und der sekundären Ettringitbildung im
Beton.
Auf Deutsch: den Auflösereaktionen in den Schwellen. Dennoch hat die DB
Netz AG sie 2006 bei der Sanierung der einspurigen Strecke
Garmisch-Partenkirchen-München verbaut. Und nicht nur dort, sondern im
gesamten deutschen Streckennetz. 2012 hat das Verkehrsministerium – damals
unter Peter Ramsauer (CSU) – die DB Netz AG „zur umfassenden Aufarbeitung
aufgefordert“, wie das BEU erinnert. Damals sei bekannt gewesen, dass die
Spannbetonschwellen „nur unter Beachtung einer angemessenen Instandhaltung
bestimmungsgemäß nutzbar“ seien.
Das jedoch ist in Garmisch-Partenkirchen nachweislich nicht geschehen, auch
nicht unter dem späteren Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).
In dessen Wahlkreis liegt der Ort. Weder das Bahnpersonal noch die
Organisationsstruktur seien befähigt gewesen, urteilen die Unfallanalysten.
Nach wie vor seien „mehrere Millionen als kritisch identifizierte Schwellen
im Netz“ vorhanden.
16 Sep 2025
## LINKS
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[3] /Greenpeace-Preisvergleich/!6105337
## AUTOREN
Ulrike Fokken
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Deutsche Bahn
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