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# taz.de -- Volksabstimmung in Taiwan: Kein Ausstieg aus dem Atomausstieg
> In Taiwan scheiterte am Samstag ein Referendum zum Wiedereinstieg in die
> Atomkraft, wegen niedriger Wahlbeteiligung. Dennoch hat die Abstimmung
> Signalwirkung.
Bild: Seit Mai 2025 ruht der Betrieb im Atomkraftwerk Maanshan im Süden Taiwans
Taipeh taz | Strahlende Sieger*innen sehen anders aus: Die Opposition in
Taiwan ist mit einer Volksabstimmung zum Ausstieg aus dem Atomausstieg
gescheitert. Zwar sprachen sich fast drei Viertel der Wähler*innen für
die Rückkehr zur Atomkraft aus, doch nicht einmal ein Drittel der
Wahlberechtigten stimmten ab. Das Pro-Atom-Lager verfehlte somit das für
alle Volksabstimmungen vorgeschriebene Zustimmungsquorum um gut 600.000
Stimmen. Online-Diskussionen am Wahltag drehten sich um die teils gähnende
Leere in den Wahllokalen.
Zur Entscheidung stand die Wiederinbetriebnahme des Maanshan-Kraftwerks im
äußersten Süden Taiwans. Im Mai wurde es als letztes von drei
einsatzfähigen Atomkraftwerken Taiwans abgeschaltet. Mit dem Ausgang des
Referendums bleibt Taiwans Atomausstieg vorläufig vollzogen.
Dennoch brachte die Volksabstimmung eine Niederlage für die regierende
Demokratische Fortschrittspartei (DPP). Die Partei von [1][Präsident Lai
Ching-te] hatte sich jahrzehntelang gegen Atomkraft gestellt. Nach
Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses verkündete Lai, ein Wiedereinstieg
in die Atomkraft sei nicht ausgeschlossen.
Konsens zum Atom-Ausstieg zerbröckelt
Nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima bildete sich in Taiwan ein
parteiübergreifender Konsens für den Atomausstieg. Doch die
gesellschaftlichen Bedenken gegen die Atomkraft scheinen deutlich abgeflaut
zu sein. Seit 2018 werben die Oppositionsparteien KMT und TPP für eine
Rückkehr zur Atomkraft.
Unter Druck setzte die regierende DPP vor dem Referendum ihr Scheitern beim
Ausbau der erneuerbaren Energien. Taiwans frühere Präsidentin Tsai Ing-wen
hatte als Ziel ausgegeben, bis zum laufenden Jahr 20 Prozent des
Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu generieren. Doch die Quote liegt
aktuell bei nur 12 Prozent. Der überwältigend größte Anteil von Taiwans
Endenergiebedarf wird aus Gas-, Kohle- und Ölimporten gedeckt. Atomkraft
machte im Jahr 2024 noch knapp fünf Prozent im Strommix aus.
DPP steht bei Energiesicherheit vor Dilemma
Angesichts der [2][militärischen Bedrohung durch China] ringt Taiwan um
eine unabhängigere Energieversorgung. Die eigentlich
[3][chinafreundlicheren Oppositionsparteien] argumentierten für die
Atomkraft als Absicherung bei einer chinesischen Energieblockade – und
stellten die DPP damit vor ein Dilemma.
Die Abstimmung dürfte KMT und TPP im Fall eines Regierungswechsels
Rückendeckung für eine Rückkehr zur Atomkraft verschaffen. Ein Machtverlust
der DPP scheint zudem zunehmend realistisch. Präsident Lai Ching-te kämpft
mit niedrigen Zustimmungswerten. In Taiwans semipräsidentiellem
Regierungssystem kontrolliert seine Partei zwar das Kabinett, hat [4][seit
den Wahlen vom Januar 2024 aber keine Mehrheit im Parlament].
Wahlmüdigkeit in der Bevölkerung
Mit Abwahlverfahren gegen Abgeordnete der oppositionellen KMT und TPP hatte
das Regierungslager in den vergangenen Monaten versucht, auch die
Parlamentsmehrheit zu erlangen. DPP-Politiker*innen und
zivilgesellschaftliche Gruppen beschuldigten die Abgeordneten der
politischen Kollaboration mit China. 31 von ihnen mussten sich wegen der –
größtenteils nicht eindeutig belegten – Vorwürfe Vertrauensabstimmungen in
ihren Wahlbezirken stellen. Doch alle Abwahlverfahren scheiterten, die
meisten bereits im Juli, sieben weitere parallel zur Volksabstimmung.
Vor allem scheint die niedrige Wahlbeteiligung am Samstag jedoch eine
Wahlmüdigkeit in der Bevölkerung widerzuspiegeln. Die vergangenen Monate
waren geprägt von parteipolitischer Dauermobilisierung. Nun könnte etwas
Ruhe einkehren. Der nächste landesweite Wahlkampf steht zu den
flächendeckenden Lokalwahlen an, die im zweiten Halbjahr 2026 stattfinden.
24 Aug 2025
## LINKS
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[2] /Konflikt-im-Suedchinesischen-Meer/!5979069
[3] /Wahlen-in-Taiwan/!5984903
[4] /Wahlen-in-Taiwan/!5982863
## AUTOREN
Leonardo Pape
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