| # taz.de -- Präsident Lai in Taiwan: Mann mit Aufstiegsgeschichte | |
| > Taiwans neuer Präsident William Lai will den China-kritischen Kurs seiner | |
| > Vorgängerin weiterführen. Auch innenpolitisch sind die Aufgaben groß. | |
| Bild: Ist bei Jüngeren wenig beliebt: Taiwans neuer Präsident William Lai (hi… | |
| Berlin taz | Das Leben von Taiwans neuem Präsidenten William Lai ist eine | |
| Aufstiegsgeschichte, wie sie in Taiwan gerne erzählt wird. Sein Vater war | |
| Minenarbeiter im Nordosten Taiwans und starb bei einem Grubenunglück, als | |
| Lai (eigentlicher Name: Lai Ching-te) noch klein war. Die Mutter zog ihn | |
| und fünf Geschwister allein groß. Lai schaffte es an eine renommierte | |
| Schule in der Hauptstadt Taipeh, studierte Medizin und machte anschließend | |
| in der Politik Karriere. In den Reihen der Demokratischen | |
| Fortschrittspartei (DPP) arbeitete er sich hoch, wurde Bürgermeister der | |
| südtaiwanischen Stadt Tainan, Parlamentsabgeordneter, Parteichef. Nach | |
| seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Januar hat er nun, mit 64 | |
| Jahren, das mächtigste Amt im Inselstaat angetreten. | |
| Lais Generation hat Taiwans Übergang zur Demokratie selbst durchlebt – und | |
| erkämpft. Die Wurzeln der DPP liegen in der Widerstandsbewegung gegen die | |
| ehemalige Diktatur der Kuomintang-Partei (KMT) in den späten achtziger | |
| Jahren. Für Ältere steht Lais Politikergeneration noch immer symbolisch für | |
| diesen Freiheitskampf. Er selbst stilisierte sich im Wahlkampf dann auch | |
| als Verteidiger Taiwans. Die DPP habe die Demokratie erkämpft, nur sie | |
| könne sie gegen die Bedrohung durch China verteidigen. | |
| Dank des relativen Mehrheitswahlrechts reichte es bei den Wahlen im Januar | |
| für Lai, er landete bei nur 40 Prozent Zustimmung. Mehr als 15 | |
| Prozentpunkte büßte er im Vergleich zu den beiden Wahlsiegen seiner | |
| Amtsvorgängerin Tsai Ing-wen ein. Lai ist vor allem unter Jüngeren wenig | |
| beliebt. Mit dem historisch fundierten Freiheitsethos der DPP können | |
| [1][die meisten von ihnen wenig anfangen]. Sie treiben vielmehr Probleme | |
| wie niedrige Löhne und steigende Wohnungspreise um. Lai gilt in sozialen | |
| Fragen jedoch eher als konservativ und marktfreundlich. | |
| Dazu kommt ein Gefühl der Ermüdung in Teilen der Bevölkerung ob der ständig | |
| beschworenen Bedrohung durch Peking. Leider ist diese nur allzu real, | |
| dennoch sehnen sich viele nach einem politischen Diskurs, in dem sie selbst | |
| im Vordergrund stehen und nicht Taiwans Verhältnis zu China. | |
| ## Spaltung der politischen Lager | |
| Lai und sein Kabinett werden gegen steten Widerstand regieren müssen, denn | |
| [2][im Parlament verlor die DPP ihre Mehrheit an die Oppositionsparteien | |
| KMT und TPP]. Die Lager sind zunehmend verfeindet: Vor der Abstimmung über | |
| ein Gesetz, dass dem Parlament Kontroll- und Disziplinarbefugnisse | |
| gegenüber dem Präsidenten und seinem Kabinett verschaffen würde, spielten | |
| sich wenige Tage vor Lais Amtseinführung chaotische Szenen ab, inklusive | |
| tätlicher Auseinandersetzungen zwischen Abgeordneten. In Reaktion darauf | |
| fanden in Taipeh spontan Demonstrationen von DPP-Anhänger*innen statt. | |
| Lai wird einen Weg finden müssen, um Taiwan trotz der Spaltung durch die | |
| bedrohlichen Fahrwasser der kommenden Jahre zu lenken. Noch gibt es keine | |
| akuten Anzeichen dafür, dass China einen groß angelegten Angriff | |
| vorbereitet, doch die militärische Gefahr steigt. | |
| Unter Tsais Führung hatte Taiwan politisch zunehmend auf Distanz zum Riesen | |
| vom Festland gesetzt und versucht, wirtschaftliche Abhängigkeiten | |
| zurückzufahren. Lai will diese außenpolitische Linie weiterzuführen. Nach | |
| außen gilt es für ihn nun vor allem, internationale Unterstützung für | |
| Taiwan zu gewinnen. Sein Land einerseits politisch zusammenzuführen und die | |
| Bevölkerung andererseits auf einen möglichen chinesischen Angriff | |
| vorzubereiten: William Lai steht vor schweren Aufgaben. | |
| 20 May 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Leonardo Pape | |
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