Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Chinesische Militärmanöver: Chinas Kriegsspiele um Taiwan
> Noch nie seit den 90ern hat Peking mehr Kriegsschiffe rund um Taiwan
> entsandt. Hinter der Eskalation mit Ansage steht Kalkül.
Bild: Das Amphibienangriffsschiff HAINAN der Chinesischen Volksmarine, am 21. N…
Seoul taz | Es war nur eine Frage der Zeit, bis die chinesische Marine vor
den Gewässern Taiwans aufkreuzen würde. Doch die schiere Dimension der
Militärpräsenz geht deutlich über die üblichen Einschüchterungsmanöver
hinaus: Noch nie seit der dritten Taiwanstraßenkrise 1996 habe China mehr
Kriegsschiffe rund um die demokratisch regierte Insel entsandt, schlug ein
Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstag in Taipeh Alarm. Fast 90
Stück habe man registriert. Das von der Volksrepublik beanspruchte Taiwan
wird international nur von wenigen Staaten anerkannt.
Der Anlass für das Säbelrasseln liegt auf der Hand: Zu Beginn des Monats
hatte [1][Taiwans Präsident Lai Ching-te] (auch bekannt als William Lai)
eine Pazifik-Reise zu verbündeten Inselstaaten unternommen – und jeweils
auf dem Hin- und Rückweg einen Zwischenstopp auf US-Territorium eingelegt.
Dabei handelte es sich um semi-offizielle Termine, durchaus bedacht darauf,
die Parteiführung in Peking nicht allzu sehr zu erzürnen. Doch in den Augen
Pekings ist Lai ein rotes Tuch: Separatist wird der 65-Jährige im Duktus
der kommunistischen Parteiführung genannt, Unruhestifter und
Kriegsprovokateur.
Am Dienstagnachmittag wurde Mao Ning, Sprecherin des chinesischen
Außenministeriums, während der täglichen Pressekonferenz zu den
Kriegsschiffen rund um Taiwan befragt. Ob [2][erneute Kriegssimulationen]
bevorstünden, wie es schon mehrfach in den letzten Jahren der Fall war?
## China sieht Konflikt als innerchinesische Angelegenheit
Ihre Antwort fiel wie zu erwarten aus: Man könne dazu nichts sagen, da
Taiwan eine innerchinesische und eben keine diplomatische Angelegenheit
sei. Doch interessant ist, dass die Sprecherin eben auch bevorstehende
Militärübungen nicht explizit dementiert hat.
Man kann die routinierte Eskalationsspirale der Chinesen als politisches
Theater abtun; als einstudiert und erwartbar. Und tatsächlich deutet die
niedrige Aufmerksamkeit darauf hin, dass genau dies passiert: Selbst in den
großen Zeitungen ist die Nachricht rund um die 90 chinesischen
Kriegsschiffe nicht einmal eine Randnotiz wert.
Doch dabei handelt es sich um eine eklatante Fehleinschätzung, die der
Ernsthaftigkeit der Lage nicht gerecht wird. „Je routinierter diese Übungen
werden, desto weniger Aufmerksamkeit werden sie erregen, was sich darauf
auswirken könnte, wie Hinweise und Warnungen vor tatsächlich bevorstehenden
Militäraktionen interpretiert werden“, sagte der mittlerweile pensionierte
US-General Heino Klinck am Montag in Washington.
Was der zweifache Militärattaché der US-Botschaft in Peking umschreibt, ist
die sogenannte Salami-Taktik der Chinesen: Scheibchenweise wollen sie die
Lage eskalieren, mit ständigen Provokationen die taiwanischen Streitkräfte
mürbemachen. Und vor allem zielt die Strategie darauf ab, wohldosiert den
Status Quo zu verschieben – so langsam, dass es die internationale
Staatengemeinschaft nicht bemerkt. Was gestern noch als undenkbar galt,
wird schon heute als normale Provokation der Chinesen mit einem
Schulterzucken abgetan.
## Übungen zunehmend schwerer von Ernstfall zu unterscheiden
Während der letzten Jahre etwa hat sich die [3][Häufigkeit chinesischer
Kampfflugzeuge], die rund um Taiwans Luftraum schwirren, immer weiter
erhöht. Sie fliegen immer waghalsigere Manöver, erscheinen auch tief in der
Nacht, nähern sich bis auf wenige Meter den taiwanischen Jets. Und auch die
simulierten Inselblockaden finden immer häufiger statt.
All dies erhöht die Gefahr, dass reine Militärübungen zunehmend schwerer
vom Ernstfall zu unterscheiden sind. Dass China jetzt rund 90 Kriegsschiffe
entsendet, ist nur ein weiterer Beleg für diese These. Fakt ist jedoch
auch, dass die Gefahr eines offenen Konflikts derzeit von nahezu allen
Experten als weiterhin gering eingeschätzt wird. Denn die Risiken eines
Krieges sind immens.
Möglicherweise jedoch könnte der künftige US-Präsident Donald Trump die
Risikoabwägung in den Augen der chinesischen Staatsführung verschieben:
Sollte Peking nämlich davon ausgehen, dass die Vereinigten Staaten im
Ernstfall nicht ihrem Verbündeten militärisch beistehen würden, dann läge
Taiwan nahezu schutzlos wie auf dem Präsentierteller.
10 Dec 2024
## LINKS
[1] /Praesident-Lai-in-Taiwan/!6009844
[2] /Peking-droht-Taipeh/!6012572
[3] /Chinas-Grossmanoever-vor-Taiwan/!6042362
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Taiwan
China
Militär
Marine
USA
Taiwan
Taiwan
Taiwan
Taiwan
Präsidentschaftswahl Taiwan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Chinas Militärmanöver vor Taiwan: Die Zeichen deuten auf Eskalation
Die chinesische Militärübung vor Taiwans Küste ist eine erneute
Provokation. Auch in Richtung USA, die sich zur Verteidigung Taiwans
verpflichtet haben.
Konflikt um Taiwan: Der chinesische Überfall rückt näher
Peking fährt gegen Taiwan nicht nur Kampfflugzeuge und Schiffe auf. Chinas
Parteiführung schwört die Bevölkerung zunehmend auf Krieg ein.
Chinas Großmanöver vor Taiwan: Provokation mit Ansage
Das chinesische Militär startet ein Großmanöver um Taiwan. Ihr Ziel: die
Einschüchterung von Peking-kritischen Politiker:innen.
Konflikt um Taiwan: China beendet Militärübung
Bei zweitägigen Manövern hat Chinas Armee eine Blockade und Übernahme der
demokratischen Inselrepublik Taiwan simuliert. Die EU wagt leise Kritik an
China.
Präsident Lai in Taiwan: Mann mit Aufstiegsgeschichte
Taiwans neuer Präsident William Lai will den China-kritischen Kurs seiner
Vorgängerin weiterführen. Auch innenpolitisch sind die Aufgaben groß.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.