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# taz.de -- Pro7-Show „Deutschlands dümmster Promi“: Existenzielle Fragen,…
> Die neue TV-Show „Deutschlands dümmster Promi“ müsste eigentlich ganz
> anders heißen. Aber wäre das nicht schon zu viel Gedankenaufwand?
Bild: Leere. Total
Das Thema ist unheimlich wichtig. Wie wichtig, lässt sich im ganzen Ausmaß
erst ermessen, nachdem man diesen sehr wichtigen Artikel dazu gelesen haben
wird. Wer an dieser Stelle nun denkt, sie könne sich das sparen, der sei
gesagt: Nein. Du machst einen fatalen Fehler, wenn du diesen Text nicht
liest. Zwar sparst du womöglich drei Minuten, doch du verlierst wertvolle
Erkenntnisse, die dich ansonsten ein ganzes Leben lang geführt hätten wie
ein treuer Blindenhund, den man natürlich alle zehn bis fünfzehn Jahre
ausstopfen muss, sonst könnte er dich nicht so lange begleiten, aber einen
Haken gibt es immer.
Jetzt kommt’s nämlich hammerdick: Es gibt eine neue Fernsehshow:
[1][„Deutschlands dümmster Promi“]. Das mag banal klingen, ist es jedoch
nicht. Denn hier kommt der Clou: Verschiedene Prominente müssen irgendwas
erraten. Ja, tatsächlich richtig gelesen, „Prominente“, „müssen“ und
„erraten“. In jeder Folge wird rausgewählt, wer am meisten weiß, bis am
Ende der „dümmste“ Promi übrigbleibt. Das ist schon Wahnsinn. Dass es so
etwas überhaupt gibt. Muss man sich bloß mal vorstellen.
Aber wer hat denn dann gewonnen: der zuerst Ausgeschiedene oder die zuletzt
Verbliebene; die Klügste oder der Dümmste? Das sind doch exakt die
existenziellen Fragen, die uns alle permanent beschäftigen! Und diese
kleine, scheinbar unscheinbare Sendung weiß sie in einer sechs Folgen
langen großartigen Meta-Metapher derart grundlegend zu beantworten, dass
fürderhin gar keine weiteren Fragen jemals mehr gestellt werden müssen.
Da sage noch einer, die drei Minuten hätten sich nicht gelohnt.
Beziehungsweise die anderthalb, denn im Grunde ist hiermit alles
Wesentliche bereits gesagt, doch ich schreibe einfach weiter. Weil ich es
kann.
## Wurstmax als „Politiker“
Interessanterweise kennt die „Promis“ kein Schwein. Soll heißen, Günter
Grass, Madonna oder Wladimir Putin waren sich offenbar zu schade, oder
zeigten sich anderweitig verhindert. Wer für all die Unbekannten den
Begriff „Promi“ strapaziert, nennt auch eine Brennnessel „Blume“, Julia
Klöckner „neutral“ oder einen Wurstmaxen „Politiker“.
Und damit sind wir bereits bei den anderen Teilnehmenden, wie „Who the
fuck“ Gloria-Sophie Burkandt (26), die Tochter des bayerischen
Ministerpräsidenten [2][Markus Söder.] Aufsehen erregte das Model, weil sie
es auf einem Bild nicht schaffte, den Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl zu
erraten, und ihn für „irgendwen von der SPD“ hielt.
Überhaupt müsste das Format heißen „Deutschlands dümmstes Promikind“ od…
im Fall der Söder-Tochter „Deutschlands dümmstes Promikind von Deutschlands
dümmstem Promivater“, allzumal in der ersten Staffel der Reality-Show auch
noch „Joe“ Laschet, der Sohn des ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Achim
Lascher mit dabei ist. Doch der Titel war wohl zu lang für die Website von
ProSieben, wo die geniale Kacke läuft.
## Helmut Kohl: „irgendein SPDler“
Der gute Papa weiß übrigens gar nicht, in welch großer Mission sein Spross
hier unterwegs ist. „Er hat so viel um die Ohren und trägt eine große
Verantwortung“, sagt Burkandt, „da finde ich, sollte man respektieren, dass
politische Angelegenheiten wichtiger sind als eine Fernsehsendung.“ Wer
Helmut Kohl für „irgendeinen SPDler“ hält, der sollte auch nachgesehen
werden, dass sie [3][öffentliches Wurstfressen] mit „Verantwortung“ und
erlogene Gruselmärchen über die Grünen mit „Politik“ verwechselt.
Aber okay, bestimmt war sie nur nervös. Das wäre ich auch, allein aus
Angst, dass mich jemand bei so was wiedererkennt, und damit kommen wir nach
all dem öden Geseier nun endlich zu mir, meinem Lieblingsthema: Ich, wer
ich bin und was ich so mache. Die Leserschaft wird toben vor Freude. Und
auch die Redaktion. Die sind eh immer so lieb zu mir.
Zu meinem Geburtstag haben sie mir eine Schlehentorte geschenkt, mit
sechzig Kerzen. Au Mann, da bin ich ja schon fast tot. Traurig eigentlich.
Die Threequarterlive Crisis frisst mich auf, mit all den üblichen
Begleiterscheinungen: den Sportwagen weggeben für einen Hyundai Baujahr
2001; meine Frau für einen alten Mann verlassen; noch mal komplett von
vorne beginnen, und dabei alles, hihi, wieder ganz genau so machen; mit dem
Sport aufhören und dem Rauchen anfangen. So was. Ich grüße meine Oma in
Braunschweig.
4 Sep 2025
## LINKS
[1] https://www.joyn.de/serien/deutschlands-duemmster-promi
[2] /Buch-ueber-Bayerns-Weg-in-die-Moderne/!6068700
[3] /Robert-Habeck-tritt-zurueck/!6106347
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Trashkultur
Markus Söder
Armin Laschet
GNS
Reden wir darüber
Kolumne übrigens
Bayern
Trash
Humor
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