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# taz.de -- Aachener Friedenspreis: Auszeichnung für die Lohmeyers
> Seit vielen Jahren kämpfen Birgit und Horst Lohmeyer in Jamel gegen
> Neonazis. Dafür wurden sie jetzt mit dem Aachener Friedenspreis prämiert.
Bild: Birgit und Horst Lohmeyer haben den diesjährigen Aachener Friedenspreis …
Berlin taz | Vor anderthalb Wochen erst versammelten sich gut 3.500
Menschen auf der großen Wiese vor dem Haus von Birgit und Horst Lohmeyer im
Dörfchen Jamel in Mecklenburg-Vorpommern. Zum Festival „Jamel rockt den
Förster“, wie schon in den Vorjahren. Doch diesmal war der Weg bis dahin
ein besonders steiniger. Der CDU-geführte Landkreis verordnete ein
Alkoholverbot und diverse Auflagen, Klagen beschäftigten mehrere Gerichte,
[1][bis zuletzt stand das Festival auf der Kippe]. Die Lohmeyers aber
obsiegten: Am Ende wurde zu Bands wie Kraftklub oder den [2][Toten Hosen]
gefeiert.
Das Festival ist Teil eines Kampfs, den die Lohmeyers – sie
Schriftstellerin, er Musiker – bereits seit 21 Jahren führen. Damals zog
das Paar von Hamburg nach Jamel, das rund 40 Einwohnende zählt, in den
früheren Forsthof. Raus aus der Stadt, mehr Ruhe, die Ostsee vor der Tür.
So war die Idee. Doch in Jamel wohnte ein Neonazi-Kader, weitere
Szenefreunde zogen dazu und [3][inszenieren dort eine national befreite
Zone], mit Reichsflaggen, Braunau-Wegweiser und rechtsextremen
Wandzeichnungen. Inzwischen haben die Neonazis das Dorf fast komplett
übernommen, zwei von ihnen sitzen auch im Gemeinderat.
Die Lohmeyers aber blieben, jetzt erst recht. Um den Neonazis das Dorf
nicht zu überlassen, aus demokratischer Verantwortung, wie sie mehrfach
betonten. Es hat seinen Preis: Immer wieder werden sie bedroht, 2015
brannte ihre Scheune nieder, erst in der jüngsten Silvesternacht wurde ihr
Haus wieder attackiert. Doch die Lohmeyers halten dagegen, seit 2007 auch
mit ihrem Festival, das für sie weit mehr als ein Musikevent ist, nämlich
ein Widerstandszeichen der Demokratie. Die Bands dort sind stets
hochkarätig, treten ohne Gage auf, werden bis zum Auftritt geheimgehalten.
Am Montag erhielt das Ehepaar für dieses jahrelange Engagement den
diesjährigen Aachener Friedenspreis, zusammen mit dem Amirkabir Newsletter,
eine studentische Medienplattform im Iran, die Regimegegner*innen
vernetzt und Repressionen an Universitäten dokumentiert. Die Lohmeyers
seien „Symbolfiguren für Zivilcourage“, erklärte Laudator und Regisseur A…
Samadi Ahadi. „Weil sie geblieben sind, als andere gegangen wären.“ Weil
sie zeigten, dass Demokratie nicht in Gesetzen lebe, sondern in Menschen,
die sich für ihre Überzeugung einsetzten, die „Nein sagen, wenn andere Ja
schreien“. Aus ihrer Beharrlichkeit könne man Hoffnung schöpfen.
## Ihre Danksagung: nordisch-knapp
Für die Lohmeyers ist es nicht der erste Preis. Das Ehepaar nahm auch
diesen freudestrahlend entgegen, mit nordisch-knapper Danksagung. Der Preis
freue sie auch deshalb, weil er anderen zeige, dass sich Engagement lohne,
sagte Birgit Lohmeyer. Verglichen mit den Bedrohungen für die anderen
Ausgezeichneten, den Studierenden im Iran, die teils Entführungen und
Folter erlitten, erscheine die Lage in Jamel aber lächerlich. Ihr Einsatz
sei „demokratischer Trotz“, erklärte Lohmeyer. Aber er werde nicht
leichter, wie die jüngsten „Sabotagen“ des Festivals durch den Landkreis
zeigten. „Ein Nervenkrieg. Man wollte uns mürbe machen.“
Inzwischen sei nicht mehr nur das Dorf, sondern die ganze Region feindlich
gesinnt und eine AfD-Hochburg. Und je mehr AfD-Vertreter in den
Verwaltungen säßen, umso schwieriger werde es für Kultur und politische
Initiativen, auch anderswo. „Das hat Methode.“ Dagegen müsse man „stark …
laut sein oder bleiben“, so Lohmeyers Appell. Demokratie lasse sich nicht
auf dem Sofa verteidigen. Für die Lohmeyers ging dieser Einsatz
unvermittelt weiter – mit der Rückreise nach Jamel.
2 Sep 2025
## LINKS
[1] /Rock-gegen-Rechts/!6107225
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[3] /Aktivistin-kandidiert-in-Neonazi-Dorf/!5593273
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Jamel
Rechtsruck
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Demokratie
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Grüne
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