| # taz.de -- Syrische „Volksversammlung“: Syriens undemokratische Wahlen | |
| > In Syrien sind Wahlen angekündigt. Doch Gebiete der Drusen und Kurden | |
| > werden ausgeschlossen und das Volk darf nicht direkt wählen. | |
| Bild: Der syrische Interimspräsident Ahmad al-Sharaa erläutert die endgültig… | |
| Beirut taz | In Syrien sollen Mitte September ein neues Parlament und | |
| Regierung für den politischen Übergang gewählt werden. Doch von | |
| [1][demokratischen Wahlen] kann nicht die Rede sein. Der derzeitige | |
| Interimspräsident Ahmad al-Scharaa plant, 70 Abgeordnete selbst zu | |
| ernennen. Vergangene Woche unterzeichnete er ein entsprechendes Dekret, | |
| welches ihm die Befugnis dazu erteilt. Die restlichen 140 | |
| Parlamentsmitglieder sollen durch regionale Wahlgremien gewählt werden. | |
| Der nationale Wahlausschuss hat in der Hauptstadt Damaskus am Sonntag | |
| Unterausschüsse in den Wahlkreisen ernannt. Diese müssen innerhalb von 15 | |
| Tagen zuständige Personen für die regionalen Wahlgremien nominieren. | |
| Kämpfer der Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten im Dezember das | |
| Assad-Regime gestürzt. Danach hatte deren Chef Ahmad al-Scharaa eine | |
| Übergangsregierung gebildet. Im Januar hatte er das bestehende Parlament | |
| aufgelöst, die alte Verfassung außer Kraft gesetzt und im März eine | |
| Übergangsverfassung verabschiedet. | |
| Zwischen dem 15. und 20. September soll es die erste Wahl eines Parlaments | |
| seit dem Sturz der Assad-Regierung geben. Al-Scharaa hat dazu eine | |
| Verfassungserklärung unterzeichnet. Derzufolge wird das Parlament, die | |
| „Volksversammlung“, für drei Jahre gewählt. Die Versammlung soll für die | |
| Gesetzgebung in Syrien zuständig sein, bis eine ständige Verfassung in | |
| Kraft tritt.Auf deren Grundlage soll es dann neue Wahlen geben. Die | |
| Regierung will ausländischen Beobachtern die Überwachung der Wahlausschüsse | |
| gestatten. Außerdem soll es eine Frauenquote von 20 Prozent geben. | |
| ## Drusische und kurdische Gebiete ausgeschlossen | |
| Am Samstag wurde bekannt, dass sowohl die mehrheitlich drusischen Gebiete | |
| im Süden als auch die mehrheitlich kurdischen Gebiete im Nordosten des | |
| Landes von den Wahlen ausgeschlossen werden sollen. Im Übergangsparlament | |
| würden Sitze für die drei Provinzen „reserviert“, sagte Nawar Nadschmeh, | |
| Mitglied der Wahlkommission, der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur | |
| Sana. | |
| Der Prozess beginne in Suweida sowie in Raka und Hassakeh erst, wenn es | |
| nicht weiter definierte „Sicherheitsbedingungen“ zuließen. Die Sitze würd… | |
| angeblich zu einem späteren Zeitpunkt besetzt. Wahlen könne es nur in | |
| Gebieten geben, „die vollständig unter staatlicher Kontrolle stehen“, so | |
| Nadschmeh. | |
| [2][In Suweida] versucht die Übergangsregierung, mit Gewalt Kontrolle zu | |
| erlangen. Regierungstruppen und verbündete Kämpfer [3][blockieren seit | |
| anderthalb Monaten] die Hauptzufahrtsstraße in die bedeutendste | |
| mehrheitlich drusische Stadt im Süden Syriens. Es mangelt an Benzin, | |
| Medizin und Essen. Im Juli starben dort bei Massakern über 1.600 Menschen. | |
| Truppen, die dem Innenministerium unterstehen, begingen Morde an Drusen, | |
| wie das UN-Büro für Menschenrechte sowie die syrische Beobachtungsstelle | |
| für Menschenrechte berichteten. Die völkerrechtswidrigen Tötungen sind | |
| durch Videos dokumentiert. | |
| In kurdischen Gebieten Raka und Hassakeh im Norden und Nordosten von Syrien | |
| gibt es Differenzen zwischen der Selbstverwaltung und der syrischen | |
| Übergangsregierung über eine Vereinbarung vom 10. März zur Integration | |
| kurdischer Institutionen in die Zentralregierung. Kurdische Anführer lehnen | |
| den derzeitig vorgesehenen Wahlprozess als undemokratisch ab. | |
| Die Selbstverwaltung erklärte am Sonntag, die Einstufung ihrer Regionen als | |
| unsicher sei erfolgt, um eine Politik zu rechtfertigen, mit der „mehr als | |
| fünf Millionen Syrer*innen in der Region“ die politische Teilhabe | |
| verweigert werde. „Diese Wahlen stellen lediglich eine Fortsetzung der | |
| Marginalisierung und Ausgrenzung dar, unter der die Syrer unter der | |
| Assad-Dynastie gelitten haben“, heißt es weiter in der Erklärung. | |
| 25 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Julia Neumann | |
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