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# taz.de -- Mord an Nikolaus von Bernau im Jahr 1325: Als die Kirche Berlin unt…
> Vor 700 Jahren erschlug ein Mob in Berlin den Priester Nikolaus von
> Bernau. Der Lynchmord stürzte die Stadt in eine wirtschaftliche und
> soziale Krise.
Bild: In der heutigen Spandauer Straße tobte 1325 der Mob. Heute steht dort un…
Berlin taz | Fast hätte Berlin seinen heiligen Nikolaus bekommen. So wie
Linköping seinen Nikolaus Hermani, die Schweiz den von Flüe, Italien den
von Tolentino. Doch Berlins Adelige brachten es damals nur zum teuren
Skandal.
Wahrscheinlich um den 16. oder 18. August 1325 herum, so die Akten, wurde
Nikolaus, Probst von Bernau, auf der heutigen Spandauer Straße von einem
wohl durch den städtischen Rat aufgesetzten Mob erschlagen, sein Leichnam
öffentlich verbrannt.
Priestermord war aus der Sicht der Zeit fast unverzeihlich. Warum also
geschah dieser Mord? Mutmaßlich stand Nikolaus von Bernau, wie er meist
genannt wurde, auf der politisch falschen Seite. Er verteidigte wie der
größte Teil der hiesigen Geistlichkeit den Anspruch des sächsischen
Adelsgeschlechts der Wettiner, nach dem Aussterben der Askanier die Macht
in der Mark Brandenburg zu übernehmen.
Der deutsche König Ludwig der Bayer dagegen machte seinen Sohn, ebenfalls
Ludwig und also aus dem Haus Wittelsbacher, 1323 kurzerhand zum Herrscher
Mark. Ihre Städte waren begeistert: Die Wittelsbacher machten sehr
erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Papst Johannes XXII. dagegen war Rivale
der Ludwigs und hatte sie erst ein Jahr zuvor exkommuniziert. Entsprechend
sah 1325 auch das Urteil des Bischofs in Brandenburg aus: Berlin wurde für
die Ermordung des Priesters mit dem Interdikt belegt, dem Verbot aller
gottesdienstlicher Handlungen.
## Es dauerte zehn Jahre, bis Berlin zu Kreuze kroch
Eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe. Keine Messen, Feste und
Prozessionen, die Glocken schwiegen – damit auch die Zeitzählung! Taufen,
Hochzeiten, Beerdigungen nur noch durch Franziskaner- und
Dominikaner-Mönche und nur im Minimal-Ritus. Der anständige Ruf der
Kaufleute und Handwerker wurde ruiniert.
Es dauerte zehn Jahre, bis der städtische Rat Berlins zu Kreuze kroch. 1335
stimmte er im Vertrag mit dem Bischof von Brandenburg zu, 750 Mark in
Silber Wergeld an ihn zu zahlen, einen neuen Altar in der Marienkirche zu
stiften, zehn Stück Gold für Seelenmessen für Probst Nikolaus, eine
ungenannte Summe an die Stadt Bernau und die Familie des Priesters zu
zahlen, ein Sühnekreuz am Ort der Lynchjustiz aufzustellen. Doch die
offenbar einflussreiche Familie des Priesters wollte mehr, das Interdikt
blieb weitere zehn Jahre bestehen.
## Zum Heiligen taugte Nikolaus von Bernau nicht
Angeblich, behauptet ein Bericht aus dem 18. Jahrhundert, habe die Sühne
für den Mord mehr gekostet als der Bau der Berliner Marienkirche. Und die
Mächtigen riefen die Erinnerung an die Schande Berlins immer wieder auf:
Als die Berliner sich gegen den Willen der Markgrafen der Reformation
anschlossen, als im 17. Jahrhundert die reformierten Hohenzollern und die
lutherischen Bürger im Streit lagen.
Aber zum Heiligen taugte Nikolaus von Bernau denn doch nicht. Zu eindeutig
war seine Sache die der gerade Mächtigen gewesen. Und für die Berliner war
die Erinnerung an die Schmach, erst großen Aufstand zu machen und dann doch
nicht genug Wirtschaftskraft für einen Sieg gehabt zu haben, nur peinlich.
Der Sühnealtar verschwand schon vor Jahrhunderten, nicht einmal das
Stadtmuseum begeht den 700. Jahrestags des Berliner Lynchmords.
18 Aug 2025
## AUTOREN
Nikolaus Bernau
## TAGS
Mittelalter
Geschichte Berlins
Berlin-Mitte
Lynchmord
Kirche
Wissenschaft
Archäologie
Berlin
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