# taz.de -- Ausstellung einer alten Latrine: „Es ist nicht Pompeji, aber …�… | |
> Im 13. Jahrhundert erbaut, 2016 ausgegraben: Ab Dezember soll man auf der | |
> Fischerinsel eine alte Latrine besichtigen können. | |
Bild: Achtung, zerbrechlich | |
Huiuiui – ein Text über antike Toiletten. Da juckt es der taz-Praktikantin | |
natürlich in den Fingern, flache Fäkalwitze zu machen. Und trotzdem soll es | |
an dieser Stelle um etwas anderes gehen als um Scheißhaus-Humor. Zum | |
Beispiel darum, warum es gute Gründe gibt für einen ernsthaften Blick auf | |
eine alte Latrine, die bald ausgestellt werden soll. | |
2016 wurde sie bei archäologischen Ausgrabungen auf der Fischerinsel in | |
Mitte entdeckt, dann wegverfrachtet und zwischengelagert, seit | |
Mittwochvormittag ist sie wieder am alten Ort zurück, vorerst noch in einer | |
Holzbox verpackt. Erst im Dezember, so der Plan, soll die Latrine auch der | |
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Verantwortlich dafür ist die | |
landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM), die zurzeit nahe | |
dem Fundort Mietwohnungen errichtet. Einen sechsstelligen Betrag hätten | |
Restauration und Umbau laut WBM gekostet, zweieinhalb Jahre habe der ganze | |
Prozess gedauert. | |
Eine nicht ganz abwegige Frage: Warum überhaupt so viel Aufwand für die | |
Ausstellung eines alten Klos? Klare Antwort von Sebastian Heber, dem | |
Abteilungsleiter für Archäologie beim Landesdenkmalamt Berlin: „Klar, es | |
ist nicht [1][Pompeji]“, gibt Heber zu. Trotzdem müsse die geschichtliche | |
Erinnerung dringend bewahrt werden. | |
## Ein Blick zurück | |
Im 13. Jahrhundert soll die Latrine gebaut worden sein. [2][Zu dieser Zeit] | |
vereinigten sich die beiden Siedlungen Cölln und Berlin zu einer | |
gemeinsamen Stadt, wenn man das so nennen will. Insgesamt zählte die | |
sogenannte Stadt damals 8.500 Einwohner*innen, 1.100 Häuser und drei | |
Rathäuser. | |
Es waren vor allem Kaufmannsfamilien, die hier, im heutigen Bezirk Mitte, | |
wegen der günstigen Handelsverbindungen über die Spree lebten. Sie bildeten | |
den Ursprung Berlins; geblieben ist davon kaum etwas. Ihre Spuren wurden | |
überbaut oder von Kriegen zerstört. | |
Aber warum sich überhaupt befassen mit den alten Zeiten?, mag manch | |
kritische*r Leser*in denken. Warum sich interessieren für das Leben in | |
grauen Vorzeiten, für die Probleme des Alltags, für die Strukturen der | |
Gesellschaft, für damalige Ungerechtigkeiten? | |
Auch hier ist die Antwort klar: Weil es sich manchmal lohnt, über das | |
nachzudenken, was nicht mehr ist, [3][weil es vielleicht doch noch ist]. | |
Und nehmen wir einfach das, was geblieben ist, um uns ans Vergangene zu | |
erinnern. Und wenn’s eine Latrine ist. | |
28 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.planet-wissen.de/geschichte/antike/das_antike_rom/pwiepompeji10… | |
[2] https://www.berlin.de/berlin-im-ueberblick/geschichte/die-mittelalterliche-… | |
[3] /Die-Wahrheit/!5956705 | |
## AUTOREN | |
Clara Heuermann | |
## TAGS | |
Geschichte Berlins | |
Mittelalter | |
Archäologischer Fund | |
Mittelalter | |
Schwerpunkt Flucht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verlegung einer historischen Latrine: Sie ist gelandet | |
Die altertümliche Latrine der Fischerinsel in Berlin-Mitte hat nun einen | |
neues Zwischenlager. Für Berlin hat sie eine besondere Bedeutung. | |
Essay Europäische Flüchtlingspolitik: Wenn die Archäologen kommen | |
Was werden die künftigen Generationen wohl über unsere heutige | |
Flüchtlingspolitik sagen? Ein Blick nach Calais – aus der Zukunft. | |
Berlin-Mitte vor dem Mauerfall: Archäologie der Unruhe | |
Hier wurde das neue Berlin erfunden: Eine Ausstellung zeigt Berlin-Mitte | |
kurz vor und nach der Wende. Das Image Berlins fußt auf Verhältnissen, die | |
es nicht mehr gibt. |