| # taz.de -- Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen: Viele Hürden für ungewollt … | |
| > Eine neue Studie zeigt: Wer eine Schwangerschaft abbrechen möchte, findet | |
| > oft keine ausreichende medizinische Versorgung und erlebt | |
| > Stigmatisierung. | |
| Bild: Viele Frauen sind laut Studie mit ihrer Entscheidung pro oder contra Schw… | |
| Ungewollt Schwangere finden in Deutschland oftmals keine ausreichende | |
| medizinische Versorgung. Stattdessen sind sie mit zahlreichen Hürden | |
| konfrontiert: von Stigmatisierung über Zeitdruck bis hin zu [1][langen | |
| Wegen] für einen Schwangerschaftsabbruch. Das sind die zentralen Ergebnisse | |
| [2][der nun veröffentlichten Elsa-Studie]. | |
| Es ist die erste Studie, die sich umfassend und sowohl qualitativ als auch | |
| quantitativ mit den Lebenslagen und der Versorgung ungewollt Schwangerer | |
| befasst. Für die 999 Seiten starke repräsentative Untersuchung wurden unter | |
| anderem 4.589 Frauen mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren befragt | |
| sowie zahlreiche Interviews geführt und offizielle Daten etwa des | |
| Statistischen Bundesamts berücksichtigt. Erste Teilergebnisse sind schon | |
| seit April 2024 öffentlich. Auch der Gesamtbericht liegt schon seit | |
| mehreren Monaten vor, wurde jetzt aber erst auf der Webseite des | |
| unionsgeführten Bundesgesundheitsministeriums veröffentlicht. Dieses hatte | |
| sich mit der Veröffentlichung auffällig viel Zeit gelassen. | |
| Die Befunde sind deutlich: Die Stigmatisierung von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen wirke sich „als zentraler Faktor“ nachteilig | |
| sowohl auf den Zugang zu Versorgung als auch auf das psychische | |
| Wohlbefinden ungewollt Schwangerer aus, schreiben die Autor*innen. | |
| Gleichzeitig macht die Studie sehr deutlich, dass Frauen fast immer die für | |
| sie richtige Entscheidung treffen: Rund 92 Prozent derer, die sich für | |
| einen Abbruch entscheiden, haben rückblickend „keinen Zweifel daran, dass | |
| ihre Entscheidung richtig war“. Ungewollt Schwangere, die die | |
| Schwangerschaft austragen, sind zu rund 97 Prozent „von der Richtigkeit | |
| ihrer Entscheidung überzeugt“. | |
| Ebenso eindeutig aber ist, dass zahlreiche Frauen Schwierigkeiten beim | |
| Zugang zu medizinischer Versorgung haben. „Auf dem Weg zum | |
| Schwangerschaftsabbruch stießen 4 von 5 Frauen und damit die Mehrheit auf | |
| mindestens eine Barriere“, heißt es in der Studie. Dazu gehört, ob | |
| überhaupt Einrichtungen, die Abbrüche durchführen, verfügbar und auch | |
| erreichbar sind. | |
| Dazu gehören aber auch Informationsdefizite sowie der Zeitdruck, den die | |
| aktuelle Rechtslage bedingt: Abbrüche sind in Deutschland verboten und nur | |
| unter bestimmten Bedingungen straffrei. So müssen sie einerseits in den | |
| ersten 12 Wochen ab Befruchtung vorgenommen werden – die Schwangere muss | |
| sich andererseits beraten und dann eine Bedenkfrist von 3 Tagen | |
| verstreichen lassen. | |
| Dazu gehören finanzielle Barrieren, denn Abbrüche werden in Deutschland | |
| nicht von den Krankenkassen bezahlt. Die Kosten dafür variieren laut Studie | |
| stark, beginnend bei 200 Euro bis hin zu über 600 Euro. Frauen mit | |
| niedrigem Einkommen können aber eine Erstattung beantragen. | |
| Wie es um die Versorgung steht, ist der Elsa-Studie zufolge regional sehr | |
| unterschiedlich. Besonders schlecht ist die Lage demnach in | |
| Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. | |
| Die Autor*innen der Studie plädieren deutlich für eine „Liberalisierung | |
| und Entkriminalisierung“ des Schwangerschaftsabbruchs. Die Krankenkasse | |
| solle die Kosten übernehmen, Beratung solle nicht verpflichtend sein. | |
| „Die Ergebnisse der Elsa-Studie legen nahe, dass bei der Versorgungslage | |
| rund um den Schwangerschaftsabbruch Handlungsbedarf besteht“, sagte auf | |
| taz-Anfrage ein Sprecher des CDU-geführten Bundesfrauenministeriums. Es sei | |
| „wichtig“, dass Frauen in Konfliktsituationen bestmöglich unterstützt | |
| würden. „Dazu zählt in erster Linie eine fundierte Beratung, aber auch eine | |
| gute medizinische Versorgung.“ Aktuell prüfe man „konkrete Maßnahmen zur | |
| Umsetzung des Koalitionsvertrags“. Dort haben Union und SPD vereinbart, den | |
| Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung für ungewollt | |
| Schwangere zu ermöglichen. | |
| Für Carmen Wegge ist das nicht genug. Die Versorgungslage für ungewollt | |
| Schwangere sei „dramatisch“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der | |
| SPD-Fraktion am Donnerstag der taz. „Aus unserer Sicht sollten öffentliche | |
| Krankenhäuser verpflichtet sein, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen“, | |
| ebenso konfessionelle Krankenhäuser, die öffentlich finanziert werden. | |
| Im Koalitionsvertrag habe man die Kostenübernahme durch die Krankenkassen | |
| vereinbart. „Nach meiner Rechtsauffassung müsste dafür der | |
| Schwangerschaftsabbruch mindestens in der Frühphase entkriminalisiert | |
| werden – wie es die SPD ja auch fordert“, so Wegge. | |
| Beim Koalitionspartner sieht man das anders. Anja Weisgerber, | |
| stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, sagte der taz, man werde | |
| die Ergebnisse prüfen, eine Neuregelung von Abbrüchen „außerhalb des | |
| Strafgesetzbuches lehnen wir jedoch ab“. Und auch eine Kostenübernahme | |
| durch die Kassen sieht Weisgerber nicht geboten – obwohl das so wörtlich im | |
| Koalitionsvertrag steht. Sie spricht hingegen von möglichen „Ausweitung der | |
| Kostenübernahme als steuerfinanzierte Sozialleistung“ für Frauen in | |
| finanziellen Notlagen. | |
| Der Koalition stehen nach der Sommerpause also Diskussionen bevor. Mehr | |
| Gleichgesinnte findet die SPD derweil in der Opposition: „Schwangere müssen | |
| selbst entscheiden können, ob sie eine Schwangerschaft abbrechen oder | |
| fortsetzen wollen“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der | |
| Linksfraktion, Kathrin Gebel, der taz. „Schwangerschaftsabbrüche im | |
| Strafgesetzbuch festzuschreiben, schränkt diese Rechte aber nicht nur | |
| unmittelbar ein, es wirkt sich auch indirekt auf die Versorgungssituation | |
| aus“ – das zeige die Elsa-Studie. „Wir wiederholen immer wieder: [3][§21… | |
| muss weg und die Gesundheitsversorgung für ungewollt Schwangere muss sich | |
| verbessern.“ | |
| Die Ergebnisse der Studie „bestätigen mehr als deutlich, wie sehr es an der | |
| Zeit ist, zu handeln“, sagte auch [4][die frauenpolitische Sprecherin der | |
| Grünen, Ulle Schauws]. Es müssten zügig „konstruktive Lösungen“ erarbei… | |
| werden, auch für die Entkriminalisierung von Abbrüchen. „Frauen und | |
| Ärzt*innen in Deutschland brauchen keine Stigmatisierung und Moral, | |
| sondern Unterstützung und Selbstbestimmung“, so Schauws. | |
| 14 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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